Hertha BSC will den Aufstieg kommende Saison nicht mit Pal Dardai als Trainer angehen. Derweil sorgen Gerüchte um den Investor für weitere Unruhe.

Am Donnerstag vor dem letzten Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern war Pal Dardai offenbar darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sein bis zum Saisonende gültiger Vertrag nicht verlängert wird. Ansonsten bewahrte Hertha BSC jedoch nach außen hin das Stillschweigen, das die Verantwortlichen zuvor bereits den Medien gegenüber angekündigt hatten. Dass dann die getroffene Entscheidung zwar dem Trainer mitgeteilt, aber noch am Sonntagabend nach dem Spiel – die Trennung war zu diesem Zeitpunkt schon im Fernsehen und auf der Pressekonferenz längst thematisiert worden – noch nicht einmal vom Verein offiziell verkündet worden war, kann allerdings nur als schwer nachvollziehbar bezeichnet werden. Am Sonnabendmorgen vor dem Spiel war die Nachricht dabei durchgesickert, dass Hertha BSC und der Cheftrainer Pal Dardai am Ende der Saison zum dritten Mal nach Sommer 2019 und Herbst 2021 getrennte Wege gehen werden. Die Hauptstädter müssen also das Projekt „Aufstieg 2024/25“ mit einem neuen Coach angehen – der allerdings noch gefunden werden muss. Tatsächlich war durch das Stillschweigen auch etwas Ruhe in die öffentliche Diskussion gekommen, die nun aber wieder kräftig entfacht wird.
Trennung nur schwer nachvollziehbar
Solange der Dardai-Nachfolger aber nicht gefunden ist, macht es eigentlich auch wenig Sinn, über Spielertransfers nachzudenken – schließlich muss der Nachfolger mit ihnen ja etwas anfangen, beziehungsweise arbeiten können. Während andernorts so schon die Planungen laufen und zum Teil auch bereits in die Tat umgesetzt wurden, hängt Hertha BSC noch in der Warteschleife. Möglicherweise wird sich obendrein der eine oder andere im Kader auch noch überlegen, ob er sich diesen „Neuanfang“ antut – oder doch andere Offerten sondiert. Fabian Reese etwa hatte sich jüngst erst zu Pal Dardai bekannt, als er sein spezielles Verhältnis zu ihm hervorhob – und auch der sicherlich umworbene Torjäger Haris Tabakovic dürfte zu diesen Kandidaten zählen.
Diese beiden waren auch gegen den 1. FC Kaiserslautern mal wieder so entscheidend, dass Gästetrainer Friedhelm Funkel die Niederlage im Anschluss nicht nur als verdient bezeichnete, sondern die beiden Cracks von Hertha BSC als „absolute Unterschiedsspieler in der Zweiten Liga“ hervorhob. Reese hatte dabei schon die Szene vor dem Elfmeter zum 1:0 eingeleitet, in der Tabakovic’s Gegenspieler dann nur noch mit einem Foul eingreifen konnte – der Mittelstürmer verwandelte den Strafstoß sicher zum 1:0 und baute damit seine Führung in der Torjägerliste der Zweiten Liga auf 22 Tore aus. Beinahe hätte der bosnische Nationalspieler nach einer guten halben Stunde noch nachgelegt, doch diesmal fehlte ihm das richtige Timing – das bewies dann jedoch Lauterns Ritter mit seinem Freistoß zum 1:1-Ausgleich auf beeindruckende Weise. Die Mannschaft von Hertha BSC zeigte sich aber im letzten Heimspiel des Trainers von ihrer Schokoladenseite: Jeremy Dudziak, der neben Linus Gechter und Bilal Hussein neu in die Startelf gerückt war, sorgte nämlich bereits kurz vor dem Pausenpfiff für die erneute Führung. Der 28-Jährige nutzte einen Einwurf Reeses in den Strafraum sowie die Schlafmützigkeit der FCK-Defensive zum 2:1-Halbzeitstand. Nach dem Wechsel trat dann der doppelte Torvorbereiter in den Mittelpunkt: Erst traf Fabian Reese, dessen Schuss noch abgefälscht wurde, nur den Pfosten. Doch nur wenige Minuten später schnappte er einem Gegenspieler den Ball weg, drängte Richtung gegnerisches Gehäuse und wagte einen Distanzschuss, der traumhaft im Netz landete – gewissermaßen das Schleifchen um die drei Punkte zum Abschied von Pal Dardai vor eigenem Publikum. Im letzten Spiel der Saison geht es für die Berliner nun noch zum VfL Osnabrück – die Niedersachsen stehen schon längere Zeit als Absteiger fest. Erfreulich hingegen, dass das ehrwürdige Stadion an der Bremer Brücke nach der Nutzungsuntersagung der Stadt zumindest in Teilbereichen wieder freigegeben werden konnte und so als Austragungsstätte zur Verfügung steht. Das letzte VfL-Heimspiel gegen Schalke 04 musste noch ins Hamburger Millerntor-Stadion verlegt werden.
Finanzprobleme bei Investor 777 Partners

Für Sorgen im blau-weißen Umfeld sorgten allerdings zuletzt vor allem Meldungen über den Investor 777 Partners. So war beim belgischen Erstligisten Standard Lüttich, wo die US-amerikanische Private-Equity-Firma vor rund zwei Jahren hundertprozentiger Anteilseigner wurde, zuletzt von ausbleibenden Gehaltszahlungen sowie nicht oder zu spät beglichenen Rechnungen die Rede gewesen. Hintergrund soll ein Zerwürfnis zwischen dem Investor und Standards sportlicher Leitung sein – das jedoch auch dazu führte, das die beiden belgischen Hauptgläubiger von 777 offenbar die Beschlagnahmung sämtlicher Vermögenswerte im Land anstreben sollen. Unter diesen Umständen kam es außerdem zu Protesten der Fanszene, die sogar die Austragung des Heimspiels am vergangenen Wochenende verhinderten. Auch die geplante Übernahme der Anteile des Haupteigentürmers des FC Everton steckt seit längerer Zeit fest – angeblich kann 777 Partners die Kriterien der Premier League nicht erfüllen, was natürlich weitere Fragen aufwirft. Auch das Gerücht, dass Josh Wander und Steven Pasko, beide Mitglied des Aufsichtsrats der Hertha BSC KGaA, als Chefs der Fußballsparte des Finanzunternehmens abgesetzt worden sind und dort „Konkurs-Experten“ die Kontrolle übernommen hätten, befeuerten die Unruhe. Der Verein veröffentlichte in diesem Zusammenhang eine Mitteilung, dass 777 bislang „sämtliche vertraglichen Verpflichtungen gegenüber uns nicht nur erfüllt, sondern sogar vereinbarte Zahlungen frühzeitig geleistet hat.“ Von den vereinbarten 100 Millionen Euro sind inzwischen drei Viertel der Summe bereits geflossen – da sich Hertha BSC allerdings weiter in finanziell schwierigen Verhältnissen befindet, könnte auch das Ausbleiben oder die Verzögerung einer im Profifußball vergleichsweise gering erscheinenden Zahlung von 25 Millionen Euro den Verein bereits wieder in eine erhebliche Schieflage bringen. Die „Welt“ wittert dabei aufgrund der jüngsten Vorkommnisse um 777 sogar bereits einen „Finanzkrimi“ und prophezeit: „Für Hertha BSC & Co wird es richtig ungemütlich.“