Nach einer turbulenten Spielzeit schaffte der 1. FC Kaiserslautern am vergangenen Wochenende den Klassenerhalt. Nicht durch eine eigene Glanzleistung, sondern durch starke Hilfe. Friedhelm Funkel hatte also Recht.
Bei Hertha BSC mit 1:3 verloren und trotzdem den Klassenerhalt eingetütet. Aufgrund der Niederlage von Wehen Wiesbaden gegen Eintracht Braunschweig sind die Roten Teufel auch in der kommenden Saison Zweitligist.
„Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der jetzt die Ruhe und die Nerven behält. Das will ich auf die Mannschaft übertragen. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir nicht direkt absteigen werden“, sagte Ruhepol Friedhelm Funkel beim tiefsten der vielen Tiefpunkte in dieser Saison, als der FCK mit zwei Punkten Rückstand auf einem Abstiegsplatz stand. Woher Funkel diese Zuversicht in dieser Phase genommen hat, bleibt wahrscheinlich sein Geheimnis. Fakt ist: Er ließ seinen Worten Taten folgen.
Funkel lebte die Zuversicht vor
Doch von vorne. Denn diese Saison war verrückt und teilweise grotesk. Es gab, damals noch unter Aufstiegstrainer Dirk Schuster, zum Start in die Saison zwei Niederlagen gegen den FC St. Pauli und Schalke 04, danach stabilisierte sich der FCK jedoch und kämpfte sich bis zum neunten Spieltag sogar auf den dritten Tabellenplatz vor. Um den Betzenberg wurde geträumt, was das Zeug hält, viele Fans wähnten sich schon auf dem besten Weg zurück in die Bundesliga.
Doch dann passierte etwas eigentlich bis heute Unerklärliches und der FCK setzte mit zwei Schlüsselspielen den Ton für die restliche Runde. Bei Fortuna Düsseldorf spielte der FCK famos auf, führte nach 36 Minuten mit 3:0 und wirklich alle dachten – die Roten Teufel marschieren in großen Schritten weiter Richtung erste Liga. Doch was danach passierte, sollte sich in den Köpfen der Spieler einbrennen – auch wenn es ihnen damals noch gar nicht bewusst war. Das Spiel ging noch mit 3:4 verloren – eigentlich unglaublich. „Ein Ausrutscher, kann jedem mal passieren“, war der einhellige Tenor von Jean Zimmer, Marlon Ritter und Co. Nur eine Woche später gab es wieder so ein Spektakel-Spiel, diesmal auf dem Betzenberg gegen den HSV. Der FCK lag früh mit 0:1 hinten, drehte dann die Partie, führte mit 3:1 und musste sich am Ende doch mit einem 3:3 und einem Punkt zufriedengeben. „Ich glaube schon, dass man darüber sprechen muss, was in Düsseldorf passiert ist. Wenn du 3:0 führst und das Spiel noch verlierst, danach führst du 3:1 gegen Hamburg, gewinnst das Spiel wieder nicht, das macht was mit einem. Das macht mit jedem von uns was und das macht auch mit jedem Fan was“, sagte Zimmer damals im Podcast bei den Kollegen des SWR. Damit war sie geboren, die Angst vor der eigenen Führung. Die Selbstsicherheit der Mannschaft war dahin, bei Führungen schienen wackelige Knie vorprogrammiert. Interessant dabei: Hätte der FCK alle Spiele, bei denen er in Führung lag, gewonnen, hätten sie Aufstiegsambitionen gehabt. In der Realität war es dann Abstiegskampf.
Auf Schuster folgte Dimitrios Grammozis – eine klare Fehleinschätzung der Entscheidungsträger. Denn es half nichts, alles wurde eher noch schlimmer. In sechs Spielen holte der 45-Jährige nur einen einzigen Sieg und hatte es sich überdies mit großen Teilen des Publikums verscherzt. Es ging sogar so weit, dass Fan-Portale in den sozialen Netzwerken seine vermeintliche Entlassung publizierten. Nachdem Thomas Hengen, Geschäftsführer Sport, von „Rufmord“ sprach, wurde Grammozis dann kurze Zeit später tatsächlich entlassen. Um die Mannschaft, die so verheißungsvoll in die Saison startete, herrschte eine riesengroße Existenzangst. Auch deshalb griff Hengen ganz tief in die Trickkiste und packte den erfahrenen Friedhelm Funkel aus – ein absoluter Glücksgriff, wie sich heute beurteilen lässt. Dabei war Funkel nicht der Heilsbringer, sondern eher die starke Schulter, an der sämtliche Unruhen abprallten und sich die Spieler anlehnen konnten. Denn zum Start gab es ein Unentschieden in Nürnberg und dann eine 0:4 Niederlage im Derby gegen den Karlsruher SC – der zwischenzeitliche Tiefpunkt der Saison. Und Funkel? Der war die Ruhe selbst. Der FCK konnte schließlich gegen seine direkten Konkurrenten im Abstiegskampf, Hansa Rostock und den VfL Osnabrück, Siege einfahren. Dies weckte das gesamte Umfeld auf, Rückschläge gab es dennoch genug. In Spielen gegen Hannover, Düsseldorf, Fürth und Wehen Wiesbaden verspielten die Pfälzer Führungen, und verloren beim HSV. Hengen palaverte in den Medien etwas von Angsthasenfußball, Coach Funkel hingegen bewahrte Ruhe und Gelassenheit. Genau das, was es brauchte.
Pokalfinale als Höhepunkt
So landet man unweigerlich wieder beim größten Tiefpunkt nach dem Unentschieden gegen Wehen Wiesbaden. Doch dann wurden all diejenigen, die an Funkels Ruhe zweifelten, eines Besseren belehrt. Es folgten der Überraschungssieg bei Holstein Kiel und der Heimerfolg gegen den 1. FC Magdeburg. Und schließlich – auch ohne eigenes Zutun – trotz der Niederlage in Berlin der vorzeitige Klassenerhalt. Dementsprechend hat Funkel seine Mission erfüllt. In der Liga wurde also das Ziel erreicht und dabei geht auch ein wenig unter, dass das Finale im DFB-Pokal noch vor der Tür steht. Die große Angst vor den großen Parallelen zu 1996, hat die Freude darauf ein wenig gedämpft. Denn als Absteiger werden sie nicht nach Berlin fahren können, das ist seit vergangenem Wochenende sicher. Die Reise nach Berlin wird die Kirsche auf der Sahne, eine Tour, die Spaß machen kann – auch wenn es das Wort, dass bei einem Pokalsieg genutzt werden müsste, erst noch erfunden werden muss. Auch da spielt die Erfahrung von Friedhelm Funkel wieder eine Rolle. Er hat mal als absoluter Außenseiter den Pokal gewonnen, damals noch als Spieler. Jetzt hat er die Chance, es als Trainer erneut zu tun. Aber egal wie es ausgeht: Funkels Ruhe hat dem FCK den Klassenerhalt beschert – das ist gar nicht hoch genug einzuordnen.