Irakli Gogadze, Hoteldirektor des Victor’s Residenz-Hotel am DFG, spricht über die Entwicklung in zweieinhalb Jahrzehnten, die Herausforderungen der Branche und die besondere Stellung des Hauses als Grandhotel.
Herr Gogadze, das Victor’s Residenz Hotel Saarbrücken am Deutsch-Französischen Garten feiert 25-jähriges Bestehen. Wie hat sich das Hotel in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten entwickelt?
Das Hotel war von Anfang an sehr gut besucht, war direkt voll. Zu Beginn kamen zahlreiche Freizeitgäste und auch viele Restaurantgäste. Im Laufe der Zeit hat es sich gewandelt, irgendwann wuchs das Business-Geschäft immer mehr, und wir wurden ein klassisches Business-Hotel. Gäste, die beruflich in der Region zu tun hatten, wohnten von Montag bis Freitag bei uns. Nach Corona hat sich dies nochmals gewandelt. Bereits vor Corona hatten wir erkannt, dass es nicht mehr so viel Business-Anlässe im Saarland gibt. Also haben wir angefangen, andere Wege zu gehen. Wir haben damit begonnen, Freizeitgästen ein Angebot zu stricken. Die Corona-Pandemie verstärkte die Entwicklung nochmals. Das Business-Geschäft ging noch stärker zurück, die Tagungen fielen weg. Wir alle haben – willentlich oder nicht – die Videokonferenz kennengelernt und gelernt, wie man damit umgeht. Das hat sich etabliert. Auch heute noch finden kleine Besprechungen meist über Videokonferenz statt, und nur noch die wichtigeren finden als Tagung statt. Aber es ist nicht mehr das Volumen von früher. Dafür haben wir wiederum sehr viele Freizeitgäste und Gruppen gewonnen, die uns inzwischen viel mehr Gäste bringen als zuvor Business und Tagungen. Das hat sich komplett gedreht und passt letztlich auch sehr gut, da wir ja ein Grandhotel sind. Wir sind ein sehr klassisches Produkt und bieten auch sehr klassische Restauration an. Das passt zu einem Freizeitgast.
Worauf legen Freizeitgäste vor allem Wert? Die Freizeitmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe sind ja eher begrenzt …
Das ist unterschiedlich, angefangen beim Fahrradtourismus etwa. Es kommen sehr viele Fahrradfahrer hierher, sodass wir irgendwann auch selbst Fahrräder angeschafft haben. Wir haben E-Bikes besorgt, Ladestationen, weil wir erkannt haben, dass es einfach die Nachfrage gibt. Es gibt sogar Reiseveranstalter, die Gruppen bringen und ihnen selbst Fahrräder zur Verfügung stellen. Das fängt jetzt an und geht über den ganzen Sommer bis in den November, wo beispielsweise 50 Fahrräder geliefert werden. Dann kommen die Gäste an und unternehmen ihre Touren und fahren wieder nach Hause. Wir haben auch sehr viel Wandertourismus. Ich hätte das vorher selbst nicht gedacht, Wanderer im Stadthotel. Ich hätte erwartet, dass dies eher auf dem Land stattfindet. Aber tatsächlich haben wir zahlreiche Gäste. Zudem gibt es sehr viel Kulturtourismus, wir haben mittlerweile viele Gruppen in der Weihnachtszeit, die für die Weihnachtsmärkte herkommen und zwei, drei Tage bleiben. Da ist die Nachfrage immer größer geworden, ebenso wie die kulturelle Nachfrage.
Wie hat sich denn die Nachfrage insgesamt entwickelt, unabhängig von Business- oder Freizeitgästen? Derzeit entstehen ja immer mehr neue Hotels in der Innenstadt. Hat sich der Konkurrenzkampf um die Gäste dadurch nochmals verschärft?
Tatsächlich haben wir eine sehr große Bettenkapazität in der Stadt, eigentlich eine zu große, um alle zufriedenzustellen. Wir haben für uns den Weg gewählt, dieses klassische Hotel anzubieten, das auch nicht austauschbar ist. Wir haben unser Gesicht, unseren Charakter, dieses Frankophile. Diese Philosophie leben wir, und dadurch hat das Hotel ein Gesicht, für das sich der Gast ganz bewusst entscheidet. Es gibt sehr viele Hotels, die austauschbar sind. Die sehen überall gleich aus. Ob die in Saarbrücken sind oder sonst wo. Davon wollen wir uns abheben. Auch mit diesem gastronomischen Mehrangebot, das sich viele Hotels einsparen, da es ein sehr planungsintensives Geschäft ist.
Nach Corona hat die Branche mit neuen Herausforderungen zu kämpfen. Tagungen versus Videokonferenz haben Sie ja selbst angesprochen. Inwieweit macht sich auch die Rückkehr zum normalen Mehrwertsteuersatz von 7 auf 19 Prozent in der Gastronomie bemerkbar?
Das macht sich natürlich bemerkbar, indem wir mit den Preisen zu kämpfen haben. Die Kosten, ganz unabhängig vom Mehrwertsteuersatz, was uns natürlich sehr belastet, sind stark gestiegen. Die Energiekosten sind gestiegen, Personalkosten sind gestiegen, die Waren sind teurer geworden. Jede Lieferung kostet extra Geld. All das zusammenaddiert müssten wir Preise ausrufen, die wir niemals ausrufen können. Aber das ist das Problem der gesamten Hotellerie-Branche deutschlandweit, das trifft nicht nur uns. Die Preissteigerung kann nicht so an die Gäste weitergegeben werden, denn sonst wird das nicht mehr bezahlt. Eigentlich müsste die Hotellerie in Deutschland deutlich teurer sein, aber das ist leider nicht so. Wenn wir uns mit unseren westlichen Nachbarn vergleichen, sind wir mit Abstand die günstigsten, was Hotelpreise betrifft. Ob das Frankreich ist oder Italien, Schweiz sowieso, Holland oder die skandinavischen Länder – alle sind viel hochpreisiger.
Sind die Deutschen schlicht nicht bereit, vergleichbare Preise zu bezahlen, oder woran liegt das?
Wahrscheinlich ist das so, denn irgendwo bestimmt ja auch der Kunde den Preis mit. Vielleicht ist auch schlicht die Konkurrenz zu groß, dass sich Hotelketten oder auch einzelne Hotels nicht trauen, mit den Preisen nach oben zu gehen. In Frankreich trauen sich die Hotels das, und es funktioniert, und dort ist auch nicht mehr Geld im Land als bei uns.
Hier am Standort haben Sie die Nähe zu Frankreich und auch das Bistro gibt sich bewusst französisch. Wie groß ist denn der Anteil der Gäste von jenseits der Grenze?
Im Restaurant ist der Anteil französischer Gäste hoch, das sind aber keine Gäste, die hier übernachten, denn die wohnen meist hier in der Nähe in Frankreich. Der Anteil der Übernachtungsgäste ist zu 90 Prozent deutsch.
Ein Blick in die Zukunft ist immer schwierig. Wie schnell sich alles verändern kann, hat Corona gezeigt. Dennoch die Frage: Was glauben Sie, wie wird sich die Hotellandschaft künftig verändern? Wird es sie in dieser Form auch in den nächsten 25 Jahren noch geben?
Es wird natürlich immer wieder Umbrüche geben. Wir müssen uns auch der Zeit anpassen. Es wird sicher Hotels geben, die Leistungen werden streichen müssen und vielleicht nur noch Bed & Breakfast anbieten. Das wird mutmaßlich eher im mittleren und vor allem im unteren Segment sein. Aber es wird auch weiterhin das obere oder gehobene Segment geben, wo der Gast betreut sein möchte. Das, was eigentlich der Ursprungsgedanke von einem Hotel ist. Ich bezahle dafür und bekomme das, was ich möchte. In einem Großteil der Hotels heute bekommt man in erster Linie noch eine Übernachtung und vielleicht ein Frühstück, vielleicht aber auch nicht.
Muss man dem Kunden also unter Umständen noch mehr bieten oder sich möglicherweise spezialisieren?
Diese Schere wird es sicher geben. Die einen werden alles geboten bekommen wollen und gezielt aussuchen. Und die anderen sagen, ich brauche gar nichts, ich brauche nur mein Bett. Da geht es dann nur um den Preis, möglichst günstig eine Nacht verbringen zu können. Eigentlich müsste jedes Hotel oder jede Hotelkette für sich überlegen, was deren Gesicht ist. Ich glaube, man muss eine Aussage haben und diese auch leben. Dann weiß der Kunde genau, was ihn erwartet, und er entscheidet sich bewusst dafür oder eben auch dagegen.
Wie würden Sie beschreiben, was das Gesicht des Victor’s Residenz-Hotel Saarbrücken am DFG ist?
Wir sind auf jeden Fall das Haus, das sehr viel Leistung bietet und Dinge, die unseres Erachtens zu einem klassischen Hotel gehören. Nehmen wir als Paradebeispiel unsere Tea Time, diese gibt es nur noch in großen Häusern, nur noch in Grandhotels. Weit und breit finden Sie hier sonst niemanden mit einer Tea Time. Das ist ein aufwändiges Geschäft für uns und mit sehr viel Arbeit verbunden, aber trotzdem wollen wir so etwas leisten und unseren Gästen anbieten. Wir wollen abends im Restaurant auch unser Handwerk bieten, das auch am Aussterben ist. Am Tisch tranchieren oder flambierten, Tartar wird bei uns am Tisch gemacht. Es gibt nur noch wenige Restaurants geschweige denn Hotels, die so etwas anbieten. Das macht uns einzigartig. Und auch die Zimmer sind sehr unterschiedlich, sehr individuell, sehr französisch. Da sieht eben nicht jedes Zimmer gleich aus, und das ist auch ganz bewusst so gewollt.