Der Wiener Johann Strauss (Sohn) hat mit dem „Donauwalzer“ eines der weltweit bekanntesten Musikstücke geschrieben. Zudem hat er die Operette mit Werken wie „Die Fledermaus“ als eigenständiges Genre etabliert. Das Genie starb am 3. Juni 1899.
Als Johann Baptist Strauss am 25. Oktober 1825 in Wien das Licht der Welt erblickte, war ihm die Musik schon in die Wiege gelegt. Sein gleichnamiger Vater, von Zeitgenossen als „Walzerkönig“ betitelt, war ein berühmter Komponist und Dirigent. Aus seiner Feder stammt die Urfassung des „Radetzky-Marsch“, der seit vielen Jahren Millionen Menschen bei der TV-Übertragung des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker begeistert.
Doch eine musikalische Laufbahn war für seinen Sohn anfangs nicht vorgesehen. Der Vater, der die Unsicherheiten und Herausforderungen des Künstlerlebens kannte, wollte, dass Johann Beamter werde. Dies war nicht der einzige Grund, warum die familiäre Atmosphäre von Spannungen geprägt war, denn die Ehe der Eltern zerbrach. Ob aus Rache für die Untreue des Gatten, der mit seiner Geliebten mehrere Kinder gezeugt hatte, oder weil sie das Talent ihres Erstgeborenen früh erkannte: Anna Strauss, die sechs Kinder zur Welt brachte, förderte Johann nach Kräften. Er lernte heimlich Geige, nahm Kompositions- sowie Musiktheorie-Unterricht und erfuhr so schon in jungen Jahren eine umfassende musikalische Ausbildung. Bereits als Sechsjähriger soll Johann junior seinen ersten Walzer komponiert haben.
Rivalität zwischen Vater und Sohn
Sein offizielles Debüt als Dirigent feierte er kurz vor seinem 19. Geburtstag in einem bekannten Wiener Vergnügungslokal – ein Riesenerfolg und Beginn einer beeindruckenden Karriere. Sein Vater hatte dies vergeblich zu verhindern versucht, und auch die Tourneen, die sein Sohn in den Folgejahren mit dessen eigenem Orchester durch die Monarchie unternahm, trugen zur Rivalität der beiden bei. Der junge Johann schaffte es, sich gegen den etablierten Vater zu behaupten: Seine ersten Walzer und Polkas fanden schnell Anklang beim Wiener Publikum, und er begann, sich einen Namen zu machen. Die berufliche Konkurrenz zu seinem Vater belebte die Wiener Musikszene und führte dazu, dass beide das musikalische Leben in der Kaiserstadt maßgeblich prägten.
Nach dem Tod des „alten“ Walzerkönigs im Jahr 1849 übernahm Johann Strauss nicht nur den Titel seines Vaters, sondern vereinte auch dessen Orchester mit seinem und führte das musikalische Erbe weiter, während er gleichzeitig seine eigene Karriere vorantrieb und seinen Stil weiter entwickelte.
So gelang es ihm, das damals so populäre Genre der Walzer und Polkas auf eine neue Ebene zu heben. Bis heute beeindrucken seine Kompositionen, zum Beispiel „Geschichten aus dem Wienerwald“ und „Künstlerleben“, durch ihre melodische Vielfalt, harmonische Komplexität und rhythmische Lebendigkeit. Das gilt natürlich ebenso für das berühmteste Werk von „Johann Strauss (Sohn)“, wie er in der Literatur zur besseren Unterscheidung von seinem Vater genannt wird: „An der schönen blauen Donau“.
Die Komposition – musikalisch anspruchsvoll, von emotionaler Tiefe geprägt, die die Zuhörer in die Atmosphäre des Wiener Lebens eintauchen lässt – wurde 1867 uraufgeführt und entwickelte sich schnell zu einer der bekanntesten und beliebtesten Melodien weltweit. Sie gilt heute als inoffizielle österreichische Nationalhymne, mit der nicht nur die Bewohner des Alpenstaates traditionell in das neue Jahr tanzen.
Hinzu kommen zahlreiche Polkas, Quadrillen und Märsche: Die „Tritsch-Tratsch-
Polka“ und „Unter Donner und Blitz“ sind für ihre spritzigen Rhythmen und den lebhaften Charakter bekannt. Sie waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein fester Bestandteil der Wiener Tanzbälle und trugen erheblich zur Beliebtheit dieser Veranstaltungen bei. Das gilt ebenso für die Quadrillen, zu denen acht Paare im Quadrat tanzten. Durch ihre abwechslungsreichen Tempi und eingängigen Melodien wurden diese ebenfalls häufig aufgeführt und geschätzt.
Zwischen 1856 und 1865 reiste Johann Strauss jeden Sommer nach Russland, wo er nicht nur Gastspiele gab und neue Werke komponierte, sondern auch eine Liebesaffäre mit der russischen Aristokratin und Amateurkomponistin Olga Smirnitskaja hatte. Weitere Konzertreisen führten ihn durch Europa und nach Nordamerika. Seine Auftritte waren stets gut besucht und trugen dazu bei, die Wiener Musiktradition in die Welt hinauszutragen.
Interesse an „komischer Oper“ geweckt
Die Anerkennung am österreichischen Kaiserhof erfolgte erst im Jahr 1863 mit der Ernennung zum „k.k. Hofball-Musikdirektor“. Zuvor war er aufgrund seiner offenen Sympathie für die Aufstandsbewegung in den Fokus der Zensurbehörden geraten. Bis 1871 leitete Johann Strauss alle Hofbälle, bevor er sein Amt an seinen Bruder Eduard übergab. Auch ein weiterer Bruder der Strauss-Familie, Josef, war als Komponist und Kapellmeister erfolgreich.
Die Begegnung mit Jacques Offenbach im Jahr 1864 ist ein weiterer Meilenstein im Leben von Johann Strauss. Der deutsch-französische Komponist, der als Begründer der modernen Operette gilt, weckte in dem Wiener Interesse an der „komischen Oper“, wie dieser das Genre bezeichnet. Bereits vier Jahre später feierte im Theater an der Wien die erste Strauss-Operette „Indigo und die 40 Räuber“ Premiere.
Ebenfalls dort fand 1874 die Uraufführung der erfolgreichsten und bekanntesten Operette überhaupt statt: „Die Fledermaus“. Bekannt für ihre spritzigen Dialoge, humorvollen Szenen und die mitreißende Musik, begeistert sie bis heute das Publikum. Weitere Operetten wie „Der Zigeunerbaron“ und „Eine Nacht in Venedig“ stellen das große musikalische Talent von Johann Strauss ebenso eindrucksvoll unter Beweis.
Ähnlich turbulent wie in seinen Werken ging es auch in seinem Privatleben zu. 1862 heiratete er die Opernsängerin Henriette „Jetty“ Strauß-Treffz. In den folgenden Jahren, in denen Johann Strauss unter anderem den „Donauwalzer“ und „Die Fledermaus“ komponierte, wurde sie zu seiner Managerin. Wenige Wochen nach ihrem Tod im Jahr 1878 heiratet er die Schauspielerin Angelika „Lily“ Dittrich, die ihn wenige Jahre später für den Direktor des Theaters an der Wien verließ. Da die Ehe zwar „von Tisch und Bett getrennt“ war, aber eine offizielle Scheidung zu dieser Zeit nicht möglich war, wurde Strauss 1886 Staatsbürger des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha, und die zivilrechtliche Scheidung konnte dank Herzog Ernst II., der den Walzerkönig sehr schätzte, realisiert werden.
Im Tode wieder vereint
Auch die dritte und letzte Ehe blieb kinderlos: Die Hochzeit mit Adele fand 1887 in Coburg statt. Die Wienerin, eine Freundin der Strauss-Familie, hatte den Komponisten zuvor schon auf Reisen begleitet. Sie wird in der Literatur nicht nur als Managerin, sondern auch als durchsetzungsstarke Nachlassverwalterin bezeichnet.
Im Laufe seiner Karriere erhielt Johann Strauss zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, unter anderem wurde ihm 1889 der Orden der Eisernen Krone verliehen. 1894 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt. Trotz seiner Erfolge litt der Musiker in seinen späteren Jahren unter gesundheitlichen Problemen. Die Belastungen durch sein intensives Berufsleben und die Spannungen in seinem Privatleben forderten schlussendlich ihren Tribut: Johann Strauss starb am 3. Juni 1899 im Alter von 73 Jahren in Wien an den Folgen einer Lungenentzündung. 161 Kränze wurden während der mehrtägigen Aufbahrung am Sarg niedergelegt, bevor dieser nach dem Einsegnungsgottesdienst unter Teilnahme vieler Tausender auf den Wiener Zentralfriedhof gebracht wurde. Der Trauerzug führte vorbei an den Wirkungsstätten: Theater an der Wien, Hofoper und Musikverein, wo der Walzerkönig bis heute unvergessen ist. Dort und in vielen anderen Konzertsälen und Opernhäusern auf der ganzen Welt lebt seine Musik weiter.
Als musikalisches Genie hat sich Johann Strauss (Sohn) einen festen Platz in der Musikgeschichte gesichert. Seine letzte Ruhestätte, die er in einer Ehrengräber-Gruppe am Zentralfriedhof in der Nähe von Beethoven, Schubert und Brahms gefunden hat, ist bis heute ein Ort der Verehrung für Menschen von überall her. Manch einem fällt dabei auf, dass die Strauss-Brüder Eduard und Josef unweit davon begraben sind. Und wer die Familiengeschichte kennt, wird überrascht sein, dass der Tod den Vater, Johann Strauss senior, wieder in die Nähe seiner Söhne gerückt hat.