Bis zum 4. August ist in der Alten Nationalgalerie die Ausstellung „Caspar David Friedrich. Unendliche Landschaften“ zu sehen.
Caspar David Friedrich ist einer der bedeutendsten Künstler der deutschen Romantik des 19. Jahrhunderts. Seine berührenden Sehnsuchtsbilder erzählen von der Verbindung zwischen Mensch und Natur. Wenn der Maler reiste, ging er gemächlich zu Fuß. Er nahm sich Zeit zum Innehalten und für seine Skizzen. „Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen Auge siehest dein Bild. Dann fördere zutage, was du im Dunkeln gesehen, daß es zurückwirkte auf andere von außen nach innen“, schreibt Friedrich in einem Manuskript um 1830.
Friedrich (1774–1840), geboren in Greifswald, wächst in einer kleinbürgerlichen Handwerkerfamilie auf. Er leidet unter dem frühen Verlust seiner Mutter und vor allem unter dem Tod seines jüngeren Bruders, der bei dem Versuch, Caspar aus einem See zu retten, ertrinkt. Der 13-Jährige überlebt, zieht sich traumatisiert zurück und beginnt zu zeichnen. Später besucht er den Unterricht bei Johann Gottfried Quistorp, Zeichenlehrer an der Greifswalder Universität, der bei ihm das Interesse für die Natur weckt. Friedrich setzt seine Ausbildung an der Kunstakademie in Kopenhagen fort und wechselt, vermutlich auf Empfehlung seines früheren Zeichenlehrers, an die Kunstakademie in Dresden.
Über 40 Jahre lang ist Dresden der Lebensmittelpunkt Caspar David Friedrichs. Dort setzt er sich mit den Werken der Gemäldegalerie Alte Meister auseinander, lernt und lehrt an der Akademie. Im Haus des Malerfreundes Gerhard von Kügelgen tauscht sich Friedrich mit Literaten, Philosophen, Komponisten der Romantik aus: Tieck, August Wilhelm und Caroline Schlegel, Novalis, Fichte, von Weber sowie die Maler Carus und Dahl.
Bekannt wird Friedrich mit dem Altargemälde „Das Kreuz im Gebirge“ von 1807. Das Bild mit einem von Tannen umgebenen Kreuz auf einem Felsen stieß auf heftige Kritik. Ein Landschaftsbild als religiöses Andachtsbild galt als Verstoß gegen bestehende Bildgattungen.
Sehnsuchtsbilder der deutschen Romantik
Zu Friedrichs bekanntesten Gemälden zählt der „Wanderer über dem Nebelmeer“, geschaffen 1818. Das Werk zeigt einen Wanderer im Gehrock mit Stock. Er steht auf einem Felsen und betrachtet eine Landschaft mit bizarr geformten Bergkuppen, die aus dem Morgennebel ragen. Berühmt ist das Bild nicht nur wegen seiner ästhetischen Qualitäten, sondern weil es eine Allegorie für den Geist der Romantik ist. Für Friedrich war die nahe Felsenwelt Sehnsuchtsort und Inspiration, die Zuflucht bot vor einer aus den Fugen geratenen Welt.
Die Industrialisierung ändert die Lebensumstände der Menschen, die Aufklärung das Weltbild. Napoleon trägt mit seinen Truppen das Grauen der Französischen Revolution durch Europa. Als Reaktion auf den Rationalismus entsteht eine neue künstlerische Strömung: die Romantik. Dresden wird dafür ein wichtiges Zentrum. In der Aufklärung galt der Mensch aufgrund seines Verstandes und der Erkenntnisse der Wissenschaft als Beherrscher der Natur. Die Romantiker dagegen sahen den Menschen als Teil der Natur, während der Verstand der Ergänzung durch die Seele bedarf. „Casper David Friedrich passt in unsere Zeit, auch wir wandern durch die Krise und rutschen in die Romantik ab“, sagt Holger Birkholz, der Kurator der Friedrich-Ausstellung im Albertinum in Dresden.
Friedrich zieht es immer wieder in die Sächsische Schweiz. Dabei entstehen filigrane und detailreiche Darstellungen von Felsen, Bäumen und Panoramen und ein Fundus für seine Gemälde. Im Juni 1813 entsteht am Fuß des Tafelberges Kaiserkrone die Zeichnung „Felsige Kuppe“. Es ist genau der Felsen, auf den er einige Jahre später im Atelier seinen „Wanderer über dem Nebelmeer“ stellen wird. Auch weitere Berge und Felsen aus früheren Skizzen finden sich auf dem Bild, so der Gamrig bei Rathen oder der Rosenberg in der böhmischen Schweiz. Friedrich geht es nicht um das Abbild einer Landschaft, sondern um seine persönliche Wahrnehmung. Neue Kunsttrends und Traditionen lehnt er ab.
Berliner Ausstellung zeigt 60 Gemälde
Am 7. Mai 1840 stirbt der Künstler mit 65 Jahren in Dresden. Beigesetzt wird er auf dem Trinitatisfriedhof der Stadt, dessen imposanten Eingang er fünfzehn Jahre zuvor gemalt hat.
Wie viele Künstler entdeckte auch Friedrich die Sächsische Schweiz auf verschiedenen Pfaden. Diesen Wegen folgt heute der 116 Kilometer lange „Malerweg“. Auf dem Caspar-David-Friedrich-Wanderweg kann man auf den Spuren des Malers reisen. Auf einer Länge von 15 Kilometern führt der Weg von Krippen entlang der Elbe hinauf nach Schöna und zur Kaiserkrone und über den Wolfsberg und durch Reinhardtsdorf. Informationstafeln erläutern Motive und verbinden Skizzen, Zeichnungen und Gemälde mit Felsen und der Landschaft vor Ort. Einige der dort entstandenen Werke sind in den staatlichen Kunstsammlungen Dresden zu sehen. Mit 14 Gemälden aus allen Schaffensphasen besitzt das Albertinum eine der größten Sammlungen und das Kupferstich-Kabinett im Residenzschloss 70 Zeichnungen und ein Skizzenbuch.
Die Ausstellung in der Alten Nationalgalerie Berlin zeigt über 60 Gemälde und über 50 Zeichnungen Friedrichs aus dem In- und Ausland, darunter ikonische Gemälde wie „Das Eismeer“ (1823/24) aus der Hamburger Kunsthalle, „Kreidefelsen auf Rügen“ (1818/1819) aus dem Kunst Museum Winterthur, „Hünengrab im Schnee“ (1807) aus den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und die „Lebensstufen“ (1834) aus dem Museum der bildenden Künste Leipzig. Zentrales Thema der Ausstellung „Caspar David Friedrich. Unendliche Landschaften“ ist die Rolle der Nationalgalerie bei der Wiederentdeckung der Kunst Friedrichs zu Beginn des 20. Jahrhunderts.