Der Treibstoff ist das Problem, nicht der Motor
Gleich zu Beginn sei festgehalten: Ein Ausstieg aus der fossilen Verbrennungstechnik ist aus Klimagründen unumgänglich! Der Verkehrssektor trägt global rund 20 Prozent der CO2-Emissionen bei. Die müssen nach dem Pariser Klimaabkommen bis 2050 auf Null gebracht werden.
Zur Erinnerung: Im Sommer 2023 hatten EU-Parlament, Mitgliedsstaaten und Kommission in Brüssel nach langem Ringen beschlossen, dass in den EU-Staaten ab 2035 nur noch Neuwagen zugelassen werden, die ohne klimaschädliche CO2-Emissionen fahren können. Fahren ohne fossile Brennstoffe war – so die Logik der verantwortlichen Politiker – nur mit reinen Elektroautos möglich. Die Technologie der Abgasvermeidung war damit technologisch einspurig gesetzlich auf Elektroautos festgelegt.
Herkömmliche Verbrennermotoren werden mit der EU-Entscheidung faktisch verboten. Für die deutsche Autoindustrie bedeutete das Verbrennerverbot das Ende ihres seit über 100 Jahren bestehenden erfolgreichen Geschäftsmodells. Auf deutsche Initiative hin wurde lediglich noch ein Türspalt offen gehalten für Verbrennermotoren, die ab 2035 ausschließlich mit zumindest klimaneutralen, nicht rein fossilen eFuels betankt werden könnten. Eine Überprüfung des Verbots sollte 2026 erfolgen.
Inzwischen regt sich auf breiter Front, auch aus der Politik selbst, Widerstand gegen das Verbrenner-Aus. Es ist ein Streit ausgebrochen, ob das Verbrenner-Aus im Jahre 2035 ein Fehler war. Was spricht dafür, was dagegen?
Für das rigide Verbrennerverbot spricht vor allem ein übergeordnetes politisches Argument: Der Verkehr muss in Zukunft CO2-ärmer als bisher betrieben werden. Automobilität für (fast) jedermann, sprich 1,6 Milliarden Verbrenner-Fahrzeuge auf dem Globus, überfordert laut Wissenschaft das globale Klimasystem. Das heißt im Klartext: entweder weniger Autos oder weniger Emissionen je Auto.
Die EU-Kommission hat sich für den zweiten Weg entschieden. Und das aus gutem Grund: Ohne einen kraftvollen und lautstarken Weckruf lassen sich in verkrusteten Systemen wie dem Individualverkehr mit eigenen Automobilen auf demokratischem Wege fundamentale Strukturveränderungen kaum politisch durchsetzen. Wer das Verbrenner-Aus 2035 als einen solchen Weckruf für Industrie und Gesellschaft versteht, kann das Verbrenner-Verbot also gutheißen. Die Notwendigkeit einer umweltverträglichen Mobilität und vor allem die Suche danach ist plötzlich tief ins öffentliche Bewusstsein gedrungen.
Mehr allerdings auch nicht! Denn das Verbot des Verbrennermotors für sich genommen ist widersinnig! Und zwar aus folgenden Gründen: Mit dem Verbot haut der Gesetzgeber auf den Sack, möchte aber den Esel treffen. Der Verbrauch fossiler Energieträger, sprich Erdöl, muss reduziert werden. Am besten an der Stelle, wo es aus der Erde quillt, und nicht erst, wenn es veredelt im Motor verbrannt wird. Da der EU-Gesetzgeber sich an die Erdölproduzenten und vor allem an die 350 Millionen Treibstoff-Konsumenten in der EU nicht heranwagt, muss als Hilfsmittel der Motor als Sündenbock herhalten. Der Schurke im Stück ist aber der fossile Treibstoff.
Wenn der Patient (Weltklima) mit empfindlichem Magen keinen Bohnenkaffee verträgt, empfiehlt ihm der Arzt Malzkaffee oder ähnliche Surrogate, aber nicht die Zerschlagung seiner Kaffeemühle oder Kaffeemaschine. Genau das macht aber das Verbrenner-Verbot. Nicht der Motor verursacht die Klimaschäden, sondern die Verbrennung der fossilen Treibstoffe Benzin oder Diesel.
Fazit: Elektromobilität wäre dann die klimafreundlichste, ideale Form der individuellen Mobilität, wenn alle E-Autos mit CO2-freiem „grünem Strom“ betrieben werden könnten, und wenn es möglich wäre, die Weltflotte von 1,6 Milliarden Verbrennerautos wenigstens zum überwiegenden Teil in angemessener Zeit auf E-Mobilität umzurüsten. Konditional gesprochen wäre Elektromobiliät die „first best“ Lösung.
Bei realistischer Sicht ist weder das eine noch das andere zu erwarten. Bleibt die Suche und das Finden einer „second best“ Zwischenlösung. Und die kann nur darin bestehen, die vorhandene Welt-Flotte an Verbrennerautos möglichst schnell anders, nämlich mit klimaneutralem Sprit, sprich eFuels, „zu füttern“.