Die Gründe, warum Frauen morden, können unterschiedlich sein. Drei Beispiele von Serienmörderinnen um die Jahrtausendwende – Elfriede Blauensteiner, Aileen Wuornos und Irene Becker – zeigen auf den ersten Blick verschiedene Motive, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten.

Ihren Namen haben sie nicht nur ihrer düsteren Farbe wegen. Schwarze Witwen – also die weiblichen Exemplare dieser Spinnenart – sind dafür bekannt, nach der Paarung schon mal ihre Männer zu verspeisen. Aus evolutionärer Sicht ist das sinnvoll, denn Nachkommen haben so eine höhere Überlebenschance. Auch für „Schwarze Witwen“ unter den Menschen kann das Dahinscheiden ihrer Männer Vorteile haben: so wie für die Österreicherin Elfriede Blauensteiner. Vier Männer und eine Frau tötete sie zwischen 1986 und 1995 mit blutzuckersenkenden Medikamenten, um an deren Geld und Liegenschaften zu gelangen. Der Prozess wurde zu einem der aufsehenerregendsten der österreichischen Nachkriegsgeschichte, nicht zuletzt wegen des Auftretens der Angeklagten. Sie kokettierte mit den Medien, wies während der Verhandlung theatralisch jede Schuld von sich – obwohl sie in ersten Verhören fünf Morde zunächst gestanden, ja, fast schon damit geprahlt hatte. Für die Presse ein gefundenes Fressen: Sie machte Elfriede Blauensteiner schnell zur „Schwarzen Witwe“.
Dass hinter ihrem adretten und fürsorglichen Auftreten mörderisches Kalkül steckte, wurde erst klar, als der Tod ihres letzten Lebensgefährten für Misstrauen bei dessen Angehörigen sorgte. Blauensteiner rückte in den Fokus der Polizei, Nachforschungen wurden angestellt, ihr Telefon wurde abgehört, Leichen wurden exhumiert und so kam heraus, dass in den vorangegangenen zehn Jahren diverse nicht natürliche Todesfälle ihren Weg säumten.
Der mutmaßliche Grund: Elfriede Blauensteiner liebte den großen Auftritt und verspielte Unsummen von Geld im Casino, das sie an anderer Stelle wieder hereinholen musste.
Ihre Mordserie begann im Jahr 1986. Otto Reinl war ein älterer wohlhabender Herr, um den sich Elfriede Blauensteiner kümmerte. „Vatili“ nannte sie ihn, sie sei für Otto Reinl wie eine Tochter gewesen. „Vatili“ war Diabetiker und benötigte regelmäßig das zuckersenkende Medikament Euglucon. Als er starb, ahnte niemand, dass Elfriede Blauensteiner die Dosis des Medikaments nach und nach erhöht hatte, um sich seiner zu entledigen. Acht Jahre später forderte das Jahr 1992 gleich zwei Opfer: Blauensteiners Ehemann Rudolf und ihre Nachbarin Franziska Köberl. Ihren Ehemann Rudi, der unter diversen Vorerkrankungen litt, hatte Blauensteiner über Jahre hinweg ebenfalls mit dem blutzuckersenkenden Mittel gesundheitlich ruiniert, bis er schließlich ins Koma fiel und starb. Auch die betagte Nachbarin Franziska Köberl kam durch das Medikament zu Tode, allerdings erst, nachdem sie Blauensteiner ihre Sparbücher überschrieben hatte.

Die beiden Männer Friedrich Döcker und Alois Pichler folgten als nächste Opfer. Blauensteiner hatte Kontaktanzeigen geschaltet, die ihnen zum Verhängnis wurden. Friedrich Döcker, 64, war gut situiert und offensichtlich nicht misstrauisch, denn 1994 heiratete er Blauensteiner, nicht lange nachdem sie sich kennengelernt hatten. Er überschrieb ihr sein Haus und unterschrieb damit sein Todesurteil. Im Frühjahr 1995 starb der zuvor rüstige Rentner nach einem Jahr unerklärlichen Siechtums.
„Witwe, gepflegt, alleinstehend. Suche einfachen, unkomplizierten Mann“: Diese Kontaktanzeige entdeckte Alois Pichler in der Zeitung, da war Friedrich Döcker sogar noch am Leben. Pichler war wohlhabend und alleinstehend. Im November 1995 starb auch er überraschend, aber nicht, ohne Elfriede Blauensteiner ein Haus in der Wachau zu überschreiben. Im Fall von Alois Pichler kam dessen Tod seinen Angehörigen allerdings merkwürdig vor. Sie schalteten die Polizei ein, Elfriede Blauensteiner wurde verhaftet.
Was sie zu den Morden bewegt hat, lässt sich nicht sicher sagen. Fest steht, dass sie aus ärmlichen Verhältnissen stammte. 1931 geboren, war ihre Jugend während des Kriegs entbehrungsreich. Schwere Enttäuschungen mit Männern im Laufe ihres Lebens gab Blauensteiner anfänglich selbst als Motiv an. „Es ist um keinen Mann schade, wenn er stirbt“, gab sie damals zu Protokoll. Aufgrund ihrer Spielsucht können ihre Morde aber zumindest teilweise auch als eine eher unkonventionelle Art von Beschaffungskriminalität gewertet werden, wie es im Podcast „Interrogation Tapes“ erwähnt wird.
Endgültig nachweisen konnte man ihr nur drei Morde, das Urteil lautete aber – so oder so – lebenslange Freiheitsstrafe. 2003 starb Elfriede Blauensteiner in Haft an einem Hirntumor.
Das Motiv von Irene Becker ist unklar
Fünf Todesfälle sind es, für die Irene Becker zwischen 2005 und 2006 verantwortlich war. Auch an diesen Toden schien – ähnlich wie im Fall Blauensteiner – auf Anhieb nichts verdächtig, denn auf der Intensivstation eines Krankenhauses ist der Tod ohnehin ständiger Begleiter.
Als Krankenschwester auf der kardiologischen Intensivstation der Berliner Charité war Irene Becker eine Kollegin, die ein gemischtes Ansehen genoss. Die Beschreibung durch ehemalige Kolleginnen und Kollegen reicht von einem höchst pflichtbewussten, kooperativen und zuverlässigen Teil des Teams bis hin zu einer launischen, unwirschen und überforderten Person. Besonders auffällig sind aber die Aussagen von Ärzten und Ärztinnen, Irene Becker habe nicht selten deren Diagnosen und Behandlungen hinterfragt, einmal sogar während einer Reanimation das Beatmungsgerät eigenmächtig abgeschaltet.
Als sich die Todesfälle während ihrer Schichten häuften, kam das zwar tatsächlich einigen komisch vor, Konsequenzen hatte es aber zunächst nicht. Als ein Kollege eine leere Ampulle eines Medikaments fand, nachdem ein Patient in Anwesenheit von Irene Becker gestorben war, erzählte er Kollegen von dem Vorfall. Schließlich meldeten Ärzte der Klinikleitung, dass etwas nicht stimmte.

Irene Becker hat mehrere Patienten ermordet und wurde dadurch in den Medien – fast noch klangvoller als die „Schwarze Witwe“ – zum „Todesengel der Charité“. Anders als Elfriede Blauensteiner hatte Irene Becker keinen finanziellen oder anderen Vorteil vom Tod der Menschen, über ihr Motiv wird bis heute gerätselt. Denn die Patienten, die durch die Injektionen von blutdrucksenkenden Mitteln oder Narkosemitteln starben, lagen bereits im Sterben. Ihre Behandlungen waren abgeschlossen, lebensverlängernde Maßnahmen wurden von einigen bewusst abgelehnt. Anders als bei anderen bekannten „Todespflegern“ wie zum Beispiel Niels Högel hatte Becker also kein Interesse daran, sich durch eine Wiederbelebung zu profilieren. Becker selbst hat sich mehrfach geäußert, gab vom Gefängnis aus Interviews, erklären konnte sie die Taten aber nicht.
Für fünf Tötungen wurde Irene Becker im Jahr 2007 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein Bewusstsein für die Konsequenzen ihrer Taten – nämlich dass sie Menschen die Möglichkeit auf einen würdevollen Tod zu Hause oder im Beisein ihrer Liebsten nahm – zeigte Becker während ihrer Taten nicht. Dass sie in diesem Moment eine Straftat beging, sei ihr nicht klar gewesen. Warum sie die tödlichen Medikamente verabreichte, kann sie selbst nicht sagen. Womöglich, um Leid zu verkürzen, womöglich aber auch, um Macht über Leben und Tod auszuüben. Nach vielen Jahren im medizinischen Bereich, in denen sie mit Leid, Tod und Trauer konfrontiert war, hatte sie womöglich den Bezug zur Tragweite ihrer Taten verloren. Als Mörderin sah sich Becker nicht. Im Spiegel wird sie zitiert: „Das ist für mich kein Mord, da stelle ich mir etwas anderes, etwas ganz Brutales vor.“
Ihre Zeit im Gefängnis hat sie bereits verbüßt. Seit April 2022 ist Irene Beckers Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Tatsächlich brutal waren im Gegensatz dazu die Morde, die Aileen Wuornos zwischen 1989 und 1990 in Florida verübte. Wuornos ist die mit Abstand bekannteste Serienmörderin und ist für den Tod von mindestens sechs Männern innerhalb eines Jahres verantwortlich. Noch dazu ist ihre brutale Vorgehensweise – nämlich mit einer Pistole mit 22er-Kaliber mehrfach auf ihre Opfer zu schießen – eher untypisch für weibliche Serienmörder.
Die Männer, die sie als Kunden während ihrer Tätigkeit als Prostituierte kennenlernte – Richard Mallory, David Spears, Charles Carskaddon, Troy Burress, Richard Humphreys und Walter Antonio – erschoss Wuornos nach eigenen Angaben in Notwehr, da sie sie angeblich entweder vergewaltigen oder bedrohen wollten.
Aileen Wuornos hatte katastrophale Kindheit und Jugend

Die Jury nahm ihr diese Begründung aber nicht ab, vielmehr wurden Männerhass und Habgier als Motive angenommen. Sie habe die Männer mit dem Versprechen auf Sex bewusst in die Falle gelockt und dann ermordet. Nach ihrer Verurteilung sagte Wournos in einem Interview selbst: „Ich habe sie einfach nur ausgeraubt und umgebracht.“ Später bestritt sie dann aber wieder, schuldig zu sein.
Im Jahr 1992 wurde Wuornos wegen Mordes in sechs Fällen zum Tode verurteilt. Sie wurde am 9. Oktober 2002 durch eine tödliche Injektion hingerichtet.
Aileen Wuornos gilt als typisches Opfer der Umstände. Sie wurde 1956 in Rochester, Michigan, geboren und hatte eine schwierige Kindheit, die geprägt war von Missbrauch, Vernachlässigung und Instabilität. Ihre Teenager-Mutter verließ die Familie, als Wuornos vier Jahre alt war; ihr Vater war ein verurteilter Kinderschänder, der sich im Gefängnis das Leben nahm. Wuornos lebte in Armut und wurde von ihrem Großvater sexuell missbraucht. Sie begann früh, sich durch Prostitution zu finanzieren und führte, nachdem sie als Jugendliche von ihren Großeltern vor die Tür gesetzt wurde, ein nomadisches Leben, geprägt von kriminellen Aktivitäten wie Diebstahl und Drogenmissbrauch. Einen Sohn, den sie zur Welt brachte, gab sie zur Adoption frei. Wuornos litt an schweren psychischen Problemen, darunter eine antisoziale und eine Borderline-Persönlichkeitsstörung, die ihr im Zuge der Gerichtsprozesse attestiert wurden. Ihre schwierige Kindheit und ihr traumatisches Leben trugen wesentlich zu ihrer instabilen Psyche bei.
Ihre Taten erregten weltweit Aufmerksamkeit, im Film „Monster“ (2004) wurde ihre Geschichte aufgerollt. Der Fall des „Monsters“ Wuornos führte zu intensiven Diskussionen über die Todesstrafe, das Justizsystem und die Psychologie von Serienmördern. Er führte zu Diskussionen über die Anwendung der Todesstrafe, insbesondere bei Personen mit schweren psychischen Störungen und traumatischen Lebensgeschichten. Oft wurde argumentiert, dass Wuornos eher als Opfer ihrer Umstände denn als kaltblütige Mörderin betrachtet werden sollte.