Das Zwei-Prozent-Ziel für die Bundeswehr muss aus dem Bundeshaushalt gestemmt werden, fordert die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP).
Frau Strack-Zimmermann, wie gut ist Deutschland in Sachen Verteidigung gut zweieinhalb Jahre nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine aufgestellt?
Wir sind deutlich besser aufgestellt als noch vor Beginn des Ukrainekrieges. Ein wichtiger Schritt war natürlich, dass Deutschland 100 Milliarden Euro in die Hand genommen hat, um die Teilstreitkräfte wieder auf den aktuellen Stand der Verteidigungsbereitschaft zu bringen. Darüber haben wir im Vorfeld jahrelang zum einen im Parlament, aber vor allem auch im Verteidigungsausschuss des Bundestages diskutiert. Aber dieses Sondervermögen Bundeswehr reicht bei weitem nicht, sondern da muss noch mehr geschehen. Es muss also bei der Finanzierung der Bundeswehr eine finanzielle Kontinuität her, das Zwei-Prozent-Ziel zur Finanzierung muss unbedingt eingehalten werden.
Wäre es nicht auch sinnvoll, die Wehrpflicht wieder einzuführen?
Nein, das bringt kurzfristig überhaupt gar nichts, weil es dafür die gesamte Infrastruktur überhaupt gar nicht mehr gibt. Das fängt bei den Kreiswehrersatzämtern an, und auch die nötigen Kasernen gibt es nicht mehr, um zum Beispiel eine halbe Million Wehrpflichtige unterzubringen. Auch die Ausrüstung für Wehrpflichtige ist überhaupt nicht vorhanden. Also, das ist aus dem Stand überhaupt nicht hinzubekommen, sondern wäre, wenn, dann ein Prozess von mindestens zehn Jahren. Dann dürfen sie auch nicht den volkswirtschaftlichen Effekt außer Betracht lassen. Wenn wir 500.000 junge Männer einberufen, dann fehlen diese auf dem Arbeitsmarkt, dann fehlen sie in der Ausbildung für den Arbeitsmarkt. Ganz abgesehen von den Kosten einer Wehrpflicht. Diese würde mit gut zehn Milliarden Euro zu Buche schlagen, dieses Geld würde dann wiederrum der aktiven Truppe bei den aktuellen Aufgaben fehlen. Also eine Wehrpflicht würde die Verteidigungsbereitschaft aktuell nicht steigern.
Damit diese tatsächlich gehoben wird, wären doch aber neue Schulden des Bundes hilfreich, damit mehr Geld der Bundeswehr zur Verfügung steht?
Das ist schon rein verfassungsrechtlich überhaupt nicht möglich, dafür müsste das Grundgesetz geändert werden, um ein weiteres Sondervermögen für die Bundeswehr auf den Weg zu bringen. Das lehne ich ab. Sondern wir müssen die Prioritäten neu definieren. Das heißt, eine funktionierende Landesverteidigung muss aus dem laufenden Bundeshaushalt finanziert werden, und da muss man sich gut überlegen, ob uns Wünsch-dir-was-Projekte wichtiger sind als die Landesverteidigung. Klar ist aber auch, das ist kein Weg, den Deutschland allein gehen kann, sondern die Verteidigung ist eine europäische Aufgabe, also alle anderen Nato-Staaten müssen da mitziehen. Es geht in Anbetracht der Aggression von Putin um die Sicherheit Westeuropas, ohne diese Sicherheit ist alles nichts, und das muss uns auch in Deutschland klarwerden.