Es ist gerade mal ein paar Tage her, da hat das Land – einmal mehr – gezeigt, was es auszeichnet. Über die Pfingsttage waren tausende freiwillige Helferinnen und Helfer unermüdlich im Einsatz, um Nachbarn zu helfen, um professionelle Hilfskräfte zu unterstützen, wo immer es ging. Und es ist erst wenige Monate her, dass zehntausende Menschen auf Straßen und Plätzen im Land deutlich gemacht haben, wofür und wogegen das Land steht. Sozialdemokraten sprechen von Solidarität, Christdemokraten von Nächstenliebe.
Beide Parteien sind im Saarland noch Volksparteien, woran Liberale und Grüne regelmäßig verzweifeln, wie der letzte Wahlsonntag zeigt.
Aber in diesem Land, das sich immer so klar gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gewandt und europäische Offenheit gezeigt hat, ist offenkundig etwas ins Rutschen geraten. Der Umgangston ist aggressiver, Angriffe gegen Hilfskräfte, Schiedsrichter und andere häufen sich.
Und die Wahl zeigt Ergebnisse für eine Partei, die seit Jahren nichts anderes zu bieten hat als ausgedehnte innere Graben- und Machtkämpfe, die deshalb auch teilweise mangels gültiger Wahllisten nicht wählbar war. Andere Parteien sind in ähnlichen Situationen ins außerparlamentarische Abseits geschickt worden. Wählern der AfD ist das alles offenbar völlig egal. Ein Hinweis darauf, dass weder die Partei noch ihre Wähler mit klassischen Kategorien zu fassen sind.
Was bringt Menschen dazu, eine Partei zu wählen, die im Saarland erkennbar kein Interesse an politischer Gestaltung hat? Es mutet teilweise lemminghaft an, verbunden mit einer modischen Lust an Destruktion.
Das hat wenig mit klassischem Protest, sondern viel mit einer Sch...egal-Haltung zu tun. Ein Boden, auf dem menschenverachtende und -feindliche Ideen gedeihen können.
Natürlich muss die Kampfansage diesem Gedankengut gelten.
Es geht aber auch um eine Art Kulturkampf in der täglichen Normalität. Um den Hau-drauf-Umgang samt persönlichen Herabsetzungen, der sich längst schleichend zum „normalen“ Umgangston auch in unserem „bürgerlichen“ Alltag eingenistet hat. Es ist auch ein Nährboden dafür, dass so mancher dann die nächste Eskalation für gar nicht mehr so schlimm und vielleicht sogar für ganz normal hält.