Die Kultusministerkonferenz (KMK) will effektiver, schlagkräftiger und politischer werden und hat dafür weitreichende Veränderungen beschlossen. Die Bildungsminister fordern zugleich vom Bund, bis Anfang Juli Klarheit über die Fortsetzung des Digitalpakts zu schaffen. Dabei geht es um 1,3 Milliarden Euro.
Das Ambiente war beeindruckend. Der Konferenzsaal im ehemaligen Wasserhochbehälter beim Weltkulturerbe Völklinger Hütte hat sichtlich Eindruck hinterlassen bei den versammelten Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Kultusministerkonferenz (KMK).
Der Ort war von Saar-Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot als derzeitige Vorsitzende der KMK mit Bedacht ausgewählt worden als „Ort der Transformation“. Was an diesem Ort so eindrucksvoll im Hinblick auf die industrielle Transformation zu erleben ist, hat sich die Vorsitzende als Transformation auch für die Bildung als Überschrift über ihre Präsidentschaft gewählt.
Die alte KMK ist Vergangenheit
Bei der abschließenden Pressekonferenz zeigten sich alle aber nicht nur begeistert von der Örtlichkeit und ihrer Symbolik, sondern auch von den eigenen Beschlüssen. Von „historisch“ war da die Rede, gar von einer „Revolution“. Mindestens aber von einer „bedeutenden Sitzung mit außerordentlich wichtigen Völklinger Beschlüssen“, wie es Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) formulierte. Die rheinland-pfälzische Kollegin Stefanie Hubig (SPD) ergänzte, die KMK „lebt und ist sehr lebendig“, und sprach von einer „Sternstunde der Demokratie“.
Anlass für diese großen Worte waren Beschlüsse, die tatsächlich eine grundlegende Reform der KMK bedeuten. Genauer: Die KMK ist in dieser Form demnächst Vergangenheit, stattdessen wird es künftig drei eigenständige Ministerkonferenzen geben, und zwar für Bildung, Wissenschaft und Kultur getrennt.
Die Kultusministerkonferenz in der bisherigen Form ist die älteste Fachministerkonferenz der Bundesrepublik und insofern von besonderer Bedeutung, weil die Bereiche der Länderhoheit unterliegen. In der Vergangenheit war die KMK auch immer wieder wegen ihrer Schwerfälligkeit in der Kritik, was unter anderem an ihrer Gremienstruktur lag. 177 Gremien gibt es (noch) unter dem Dach der KMK. Deren Zahl soll sich „deutlich reduzieren“, unterstreicht Karin Prien. Grundlage ist ein Gutachten der Schweizer Prognos AG. Die schreibt auf ihren Seiten zum Ergebnis: „Aus der Analyse der Prozesse ergeben sich vor allem Impulse zur Verbesserung der Strategiefähigkeit der KMK, der Erhöhung der Bearbeitungsgeschwindigkeit sowie operative Fragen zur Verbesserung des Wissensmanagements, der Erhöhung der Effizienz und der Servicequalität.“
Streichert-Clivot betonte: „Unser Auftrag war: Wir müssen uns verändern.“ In der föderalen Struktur ist das alles andere als ein einfaches Unterfangen. Nachvollziehbar, dass alle Beteiligten ihre „Völklinger Beschlüsse“ lobten und sich davon versprechen, künftig effektiver, schneller, schlagkräftiger und politischer zu werden.
Das wird auch notwendig sein, wie ein Blick auf die anderen Punkte unschwer zeigt, mit denen sich das Treffen in Völklingen auseinandersetzen musste.
Vom Digitalpakt über die (Lehrer-) Fachkräftesicherung und Qualitätssicherung bis zur eigenen Resilienz reichte die Themenpalette.
In Sachen Digitalpakt herrscht auf Länderseite einstimmige Klarheit: Der Bund muss endlich Zahlen auf den Tisch legen für den Digitalpakt Schule 2.0.
Es geht um die Fortsetzung des ersten Digitalpakts, der ausgelaufen ist. Es war unter anderem eine Lehre aus der Corona-Zeit, Schulen endlich für das digitale Zeitalter fit zu machen, beginnend mit den technischen Ausstattung bis hin zu den pädagogischen Konzepten. „Da erwarten junge Menschen, dass sich ihre Lebenswirklichkeit auch in der Schule abspielt“, betont Streichert-Clivot. Die Länder hätten zusammen mit den Kommunen als Schulträger „unglaublich viel Energie“ in diese Aufgabe gesteckt. Nun erwarteten sie vom Bund ein „klares Signal, in welcher Höhe es weiter geht“. Konkret geht es nach Angabe der Länderminister um eine Summe von etwa 1,3 Milliarden Euro.
Beim ersten Digitalpakt hat der Bund 90 Prozent der Kosten übernommen, bei der Fortführung soll es nach dem Willen aus Berlin um eine 50:50-Aufteilung gehen, was die Länder wiederum mit Blick auf ihre eigenen finanziellen Möglichkeiten für nicht realistisch halten.
Forderung nach Digitalpaktgeldern
Wenn der Bund argumentiere, er sei zur Mitfinanzierung von Aufgaben bereit, die eigentlich Ländersache seien, halten die Länder entgegen, es handle sich um eine „gemeinsame Gestaltungsaufgabe“ (Karin Prien), von der insgesamt die Zukunft des Landes abhänge. „Gut ausgebildete Schüler zu haben, kommt uns allen zugute“, betont auch Stefanie Hubig. Die Länder müssten auch Klarheit für ihre eigenen (Haushalts-)Planungen haben. Deshalb habe man gegenüber dem Bund „unmissverständlich deutlich gemacht“, dass bis Anfang Juli „konkrete Zahlen“ genannt werden müssten, so Streichert-Clivot.
Hubig bekräftigt diese Forderung mit einem Fußballvergleich: In die erste Bundesliga aufzusteigen, sei schwierig – mit dem ersten Digitalpakt aber gelungen. In der ersten Bundesliga zu bleiben, sei schwieriger. Eigentlich sei das Ziel natürlich die Champions League, aber dafür müsste man mindestens in der Bundesliga bleiben, und „dafür brauchen wir viel Geld“.
Sorge bereitet den Bildungsministern schon länger das Thema Fachkräfte an Schulen, konkret: Es fehlt an Lehrern. Das Saarland habe bislang noch alle offenen Stellen besetzen können, sagt die saarländische Bildungsministerin, das sei aber bekanntermaßen längst nicht mehr in allen Regionen der Republik so. Quereinsteiger und Ein-Fach-Lehrer stehe deshalb schon länger auf der Agenda. Die KMNK hat sich nun auf einheitliche Rahmen verständigt, um zusätzliche Lehrkräfte zu gewinnen beziehungsweise zu qualifizieren, gleichzeitig aber auch flexibler und durchlässiger zu werden durch die Anerkennung von Abschlüssen.
Schließlich beschäftigte die Kultusministerkonferenz – wie andere Fachministerkonferenzen auch – die eigene Resilienz. Dabei geht es angesichts von Wahlerfolgen der AfD auch um die Frage, wie verhindert werden kann, dass die Arbeit schlicht blockiert wird, und im Fall der Kultusministerkonferenz, dass der mögliche Austritt eines Landes eigentlich das Aus bedeuten würde. Geplant ist, dass die verbleibenden Mitglieder darüber entscheiden, dass das Sekretariat weitermachen kann. Das aber ist auch eine Frage der Finanzierung.