Drei Fragen
„Eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte“
Vom 4. bis zum 7. Juli werden auf dem Rudolstadt-Festival Musiker aus über 30 Ländern zu hören sein. Bernhard Hanneken ist der künstlerische Leiter des Festivals.
Herr Hanneken, für Ihre Verdienste für die Folkmusik in Deutschland – etwa als langjähriger künstlerischer Leiter des Rudolstadt-Festivals – haben Sie jetzt das Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen. Was verschlug Sie als Wessi Anfang der 1990er-Jahre nach Thüringen?
Ich war damals Chefredakteur der (West-)Szene-Zeitschrift „Michel“, als in Rudolstadt Debatten aufkamen, das alte Tanzfest mit neuen Inhalten zu füllen. Es entstand Kontakt zu Ulrich Doberenz, Folkmusiker aus Leipzig und später Festival-Direktor, der anregte, sich mit einem gemeinsamen Team aus Ost- und West-Folkies zu bewerben. Wir vom „Michel“ waren der Meinung, wir sollten da unbedingt dabei sein, und ich war dann derjenige, der das in die Tat umsetzte.
Über drei Jahrzehnte haben Sie die Sichtbarkeit von Folk- und Weltmusik gefördert. Gibt es neben der musikalischen Bedeutung auch eine politische?
Mehrere sogar. Zum einen ist das Festival eine genuin ostdeutsche Erfolgsgeschichte. Zum zweiten ist es ein Beispiel einer erfolgreichen Ost-West-Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Und dann, was in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist, steht das Festival für Toleranz, Miteinander und friedvolle Mitmenschlichkeit über alle religiösen, kulturellen, staatlichen, geschlechtlichen Grenzen hinweg – und strahlt dabei eine ungeheure Lebensfreude aus.
Welches sind die Highlights in diesem Jahr?
Wie immer wird sich jeder Besucher seine eigenen Favoriten aus dem Angebot herauspicken. Erwähnen sollte man allerdings die Premiere des deutschen Jugendfolkorchesters, ein Projekt, mit dem der Nachwuchs in diesem Segment gefördert werden soll. Und die Verleihung des Weltmusikpreises Ruth an eine Gruppe, die Gedichte von Holocaust-Überlebenden vertont hat und diese unter dem Titel „Silent Tears: The Last Yiddish Tango“ auf die Bühne bringt. Interview: Daniela Noack
Infos unter: www.rudolstadt-festival.de
Kulturverführung vom 21. Juni 2024
Literatur: Flanieren, immer wieder Halt machen, wenn jemand etwas liest, das einem gefällt. Lauschen und zur nächsten Lesung weitergehen. Das ist das Konzept der „Langen Buchnacht in der Oranienstraße“. Sie findet am 29. Juni ab 18 Uhr zum 25. Mal an der Stadtbibliothek in Friedrichshain-Kreuzberg statt. Im FHXB Museum wird parallel dazu ab 17.30 Uhr gelesen. Als Autorinnen und Autoren werden Susanne M. Riede, Mika Krüger, Sandy Mercier und Susanne Rüster, Tim Staffel, Kristine Lindau und Jörg Sundermeier sowie Arndt Beck dabei sein. Der Eintritt ist frei. Mittelpunktbibliothek Wilhelm Liebknecht /Namik Kemal, Adalbertstraße 2, 10999 Berlin, und FHXB Museum, Adalbertstraße 95A, 10999 Berlin, Informationen: www.lange-buchnacht.de/2024
Ausstellung: Das Buch „The Velvet Rage“ beschreibt, wie es sich anfühlt, als schwuler Mann in einer überwiegend heterosexuellen Welt aufzuwachsen und zu leben. Die Neue Nationalgalerie stellt zum ersten Mal einen großen Überblick zusammen, der sich thematisch auf diesen zentralen Aspekt in Andy Warhols verschiedenen Schaffensphasen und Karrierestadien konzentriert. Die Ausstellung „Andy Warhol: Velvet Rage and Beauty“ ist zu sehen bis zum 6. Oktober. Neue Nationalgalerie, Potsdamer Straße 50, 10785 Berlin.
Musik: Gemeinsam mit dem Verein Internationale Drehorgelfreunde Berlin lädt das Museum Pankow am 6. Juli von 10 bis 18 Uhr zum Drehorgelfest in seinen Hof ein. Beginn ist um 10 Uhr mit einem Umzug der Drehorgelspielerinnen und Drehorgelspieler zum Kollwitzplatz und rund um das Wasserturmareal. Anschließend gibt es ein buntes Bühnenprogramm. Der Workshop „Wie funktioniert eine Drehorgel?“ sowie Ausstellungsführungen mit Livevorspiel der mechanischen Instrumente runden das Fest ab. Der Eintritt ist frei. Prenzlauer Allee 227/228, 10405 Berlin, Info: www.berlin.de/museum-pankow
Theater: Rhythmus, Konter, Schreie, Schweiß und Kicks – und damit verbunden die Frage: Gibt es im Kampfsporttraining, das mit Aggression und Furchtlosigkeit verbunden wird, auch Raum für Angst? Darum geht es in der multimedialen Performance „Fighting 4 Fear“, die vom 27. bis 29. Juni im Ballhaus Ost aufgeführt wird. Gemeinsam mit den 16-jährigen Kampfsportlerinnen Aylin Telli und Paulina Karam begeben sich die Künstlerinnen Milena Bühring und Klara Kirsch in Zusammenarbeit mit dem Dramaturgen Enrico Bordieri auf die Suche. Zwischen Gym, Tiktok, akademischem Feminismus und der Lebensrealität von Teenagerinnen kämpft das Team um einen Umgang mit Angst, der die Ambivalenz zwischen Fantasie und realer Bedrohung aushalten kann. Über allem schwebt eine weitere Frage: Wird es zu einem Kampf kommen? Ballhaus Ost, Pappelallee 15, 10437 Berlin, Tickets ab 16,95 Euro,
Informationen: www.ballhausost.de Martin Rolshausen