Dieser Debütroman ist zwar leise, doch sollte die vermeintliche Einfachheit nicht darüber hinwegtäuschen, dass er ebenso ergreifend ist. Schnulzig geht es allerdings nicht zu. Denn eines ist „Ein schönes Ausländerkind“ nämlich auch: wunderbar bösartig.
Geschrieben wurde das Buch von Irina, deren Nachname unbekannt ist. Sie, Mittdreißigerin, ist eigentlich Juristin in Wien. Unter dem Alias „Toxische Pommes“ ist sie bekannt in den sozialen Medien, wo sie satirische Videos über „Menschen mit zu viel Geld“, Hipster, Jura-Studenten, österreichische Eigenheiten oder FPÖ-Wähler postet. Nun hat sie einen autobiografischen Roman veröffentlicht.
Mit einer Mischung aus stoischer Ruhe, herzerfrischend schonungslosen Beobachtungen des Ambientes und der Personen der 1990er- und 2000er-Jahre beschreibt sie, wie sie mit ihren Eltern aus Jugoslawien nach Österreich floh und wie die Familie in den Sog des „Ausländerseins“, der Einsamkeit und der Sprachlosigkeit geriet.
Nach der Ankunft in Wien kommen sie bei einer gönnerhaften Familie unter, die in einem „weißen Reihenhaus“ wohnt und deren Mutter sie so beschreibt: „Jeder in der Nachbarschaft kannte Renate als Frau Doktor Hell. Sollte jemand irrtümlich der Fehler unterlaufen, Renate nicht mit ihrem korrekten Namen anzusprechen, ermahnte sie denjenigen rasch und erinnerte daran, dass ihr Ehemann Gerhard eine Dissertation über Computer verfasst hatte.“ Wer auch nur etwas Menschenkenntnis hat, weiß, dass das Leben mit dieser Familie nicht auf Augenhöhe verlaufen kann. Die Ausländer, obwohl mit guten Berufsabschlüssen, werden als Hauspersonal verpflichtet, haben Mühe, sich zu emanzipieren.
Auch das „Ausländerkind“ wird im Laufe des Erwachsenwerdens mit subtilen sowie offen rassistischen Ungerechtigkeiten konfrontiert, die es über viele Jahre wohl in seinem inneren Notizbuch säuberlich aufgezeichnet und nun literarisch aufbereitet zu Papier gebracht hat.