In der ersten Pokalrunde trifft der 1. FC Saarbrücken auf den 1. FC Nürnberg. Dann steht beim FCN mit Miroslav Klose ein neuer Trainer und Weltmeister an der Seitenlinie. Diese Verpflichtung ist eine Chance, die mit viel Risiko einhergeht.
Über den mittlerweile im Mittelmaß der Zweiten Liga gelandeten 1. FC Nürnberg ist eine Welle der Aufmerksamkeit hereingebrochen. Tweets aus der Türkei, England und Italien flogen durch die Fußballwelt, denn bei den Franken wurde mit Miroslav Klose jemand zum Trainer gemacht, mit dem überhaupt nicht zu rechnen war. Ein bemerkenswerter Umstand war, dass bis zu dem Moment, als Klose auf der Pressekonferenz das Podium betrat, niemand außerhalb des Vereins von dieser Personalentscheidung informiert war. Diese Überraschung wurde im Livechat der Fans sofort mit positiven Kommentaren über den neuen Sportvorstand Joti Chatzialexiou gewürdigt. In der Vergangenheit war es bei diesem Verein (wie auch bei vielen anderen in Deutschland) eher unüblich, dass interne Informationen derart gut unter Verschluss gehalten wurden. Diesmal jedoch gab es weder ein Leserfoto noch vorab durchgesickerte Informationen. Dies führte dazu, dass die Spekulationen unmittelbar vor der offiziellen Ankündigung noch einmal ins Kraut schossen. Sogar der Name Urs Fischer wurde hinter vorgehaltener Hand erneut ins Spiel gebracht.
Klose war in Altach wenig erfolgreich
Den Spieler Klose muss man nicht groß vorstellen: Er war einer der größten Stürmer des letzten Jahrtausends, spielte erfolgreich für Kaiserslautern, Werder Bremen, Bayern München und Lazio Rom. In seiner aktiven Karriere erzielte er unzählige Tore und gewann zahlreiche Titel. Besonders herausragend war seine Zeit in der deutschen Nationalmannschaft, in der er von 2001 bis 2014 in 137 Spielen 71 Tore erzielte und bei vier Weltmeisterschaften traf. 2014 krönte er seine Karriere mit dem Gewinn des WM-Titels in Brasilien. Nach seiner Spielerkarriere schlug Klose eine Trainerlaufbahn ein und absolvierte ein Ausbildungsprogramm beim DFB, wo er erstmals mit Joti Chatzialexiou zusammenarbeitete. Danach ging es zum FC Bayern München in die U17, dann wurde er befördert und Co-Trainer unter Hansi Flick, wo er sich vorrangig um die Offensivspieler kümmerte. Der Cheftrainer-Posten ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Der österreichische Bundesligist SCR Altach gab zur Saison 2022/23 die Verpflichtung des Ex-Stürmers bekannt. Erfolg? Fehlanzeige. Bereits im März 2023 war schon wieder Schluss. Die Bilanz dabei ernüchternd: Die Hauptphase der österreichischen Saison beendete seine Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz und ihm wurde nicht mehr zugetraut, in der sogenannten Qualifikationsphase den Turnaround zu schaffen.
Und was erwartet Klose eigentlich von seinem neuen Team? Diese Frage beantwortete die Stürmer-Legende offen bei seiner ersten Pressekonferenz. Er betonte, dass er auf Ballbesitz setze und eine gewisse Dynamik auf dem Platz anstrebe. Hinsichtlich der taktischen Aufstellung erklärte Klose, dass er derzeit nicht stark von den Konzepten seines Vorgängers Cristian Fiél abweichen wolle. Ein Blick zurück zeigt, dass Klose in Österreich durchaus experimentierfreudig war. Er setzte verschiedene Formationen wie 4-2-3-1, 3-4-3 und 3-5-2 ein. Es scheint, als wolle er sich nicht auf ein festes System festlegen lassen. Die bisherigen Ergebnisse seiner Trainerkarriere lassen die Clubfans jedoch nicht wirklich hoffen. In seinen 22 Spielen als Cheftrainer des SCR Altach erreichte Klose einen Punkteschnitt von nur 0,83 Zählern pro Spiel, was damals gemeinsam mit dem SV Ried der Negativwert der Liga war. Zudem blieb das Team unter seiner Führung neun Spiele in Folge sieglos.
Kloses Karriere könnte schnell enden
Also was gab am Ende den Ausschlag für diese Verpflichtung? Der neue Sportvorstand vermag seine erste große Personalentscheidung wortreich zu begründen: „Miro ist ein enorm akribischer und detailversessener Trainer, der nicht nur im Laufe seiner erfolgreichen Spielerkarriere extrem viel erlebt und mitgenommen, sondern auch als Trainer eine klare Idee davon entwickelt hat, wie man im Fußball erfolgreich sein kann und was es dafür auf dem Platz und in der Kabine braucht.“ Fakt ist aber auch: Den Beweis blieb Klose bisher schuldig. Mit der U17 des FC Bayern erfolgreich zu sein, ist keine Mammutaufgabe. Ein Erfolg sicherlich, jedoch kein großer. Und in Altach wurde er ähnlich wortstark vorgestellt, wie jetzt in Nürnberg. Klose wurde in Österreich jedoch eher Opfer der Umstände innerhalb des Clubs, das haben mittlerweile auch Verantwortliche aus Altach bestätigt. So ganz unähnlich sind sich Altach und Nürnberg jedoch nicht. Auch in Nürnberg hängt der Haussegen mächtig schief. Der Zuschauerschnitt kann mit den großen in der Zweiten Liga nicht mithalten und finanziell geht der Verein auf der letzten Rille. Jedes Jahr ohne Aufstieg erschwert dem Verein das Leben in dieser Liga personell und finanziell. Irgendwo scheint der neue Sportvorstand des FCN jedoch eine riesige Hoffnung herzunehmen: „Wir haben einiges vor“, so Chatzialexiou. Der neue Trainer will sich mit dem 1. FC Nürnberg in erster Linie darauf konzentrieren, „dass wir die Fans hinter uns bekommen“, seine genaue Spielidee aber zunächst der Mannschaft vermitteln – nach eigener Aussage hatte er bislang keine Berührungspunkte mit den aktuellen Spielern im Kader – und nicht der Öffentlichkeit. Seine Wunschvorstellungen in Sachen Trainerstab habe er dem Verein bereits mitgeteilt, hierzu würden in den nächsten Tagen Gespräche stattfinden. Chatzialexiou, der einräumte, dass die Strahlkraft Kloses „unserer Stadt und der Region“ guttun würde, kündigte eine „zeitnahe“ Kommunikation an.
Also ist Klose jetzt der Glücksgriff, der den Verein wieder in die richtige Spur bringt? Möglich. Vor allem aber ist es ein Risiko für Klose und Chatzialexiou. Klose könnte bei einem erneuten Scheitern als Cheftrainer endgültig verbrannt sein. Chatzialexious Entscheidung, auf Klose zu setzen, könnte als mutig bezeichnet werden. Es könnte auch der Vorwurf gemacht werden, dass der vormals beim DFB angestellte Chatzialexiou uninspiriert auf einen Trainer innerhalb seiner Blase setzen will, weil ihm im Clubfußball schlicht die Kontakte fehlen. Gefühlt wird das Pokalspiel in Saarbrücken schon zum maximalen Härtetest – und daran sind schon andere gescheitert.