Mit seiner außergewöhnlichen Bass-Stimme feiert der Kanadier Randall Jakobsh seit vielen Jahren weltweite Erfolge. Er erzählt, warum Sarastro in „Die Zauberflöte“ seine Lieblingsrolle ist und welche Herausforderungen sie mit sich bringt.
Herr Jakobsh, bei den Opernfestspielen am Saarpolygon singen Sie den Sarastro in „Die Zauberflöte“, der meistgespielten Oper der Welt. Was zeichnet sie aus?
Da ist diese göttliche Musik, vom ersten bis zum letzten Ton perfekt komponiert. Ob jung oder alt, kaum jemand kann sich ihr entziehen. Und es ist auch das perfekte Märchenstück – mit einem Prinzen und einer Prinzessin, mit Bösewichten und Zauberei. Niemanden lässt die Zauberflöte unberührt.
Wird es Ihr erster Auftritt im Saarland sein?
Nein, vor elf Jahren habe ich am Saarländischen Staatstheater den Sparafucile in Verdis „Rigoletto“ gesungen – auch damals nicht auf der Opernbühne, sondern im Weltkulturerbe Völklinger Hütte.
Saarländischer Industriekultur begegnen Sie bei den Opernfestspielen am Saarpolygon wieder. Was bedeutet es für einen Sänger, nicht in einem Saal zu singen?
Üblicherweise ist das Erste, was man als Sänger macht, wenn man an einen neuen Spielort kommt, die Akustik zu testen. Denn jeder Saal hat seinen eigenen Klang, es gibt einen Widerhall von den Wänden. Man singt und bekommt etwas zurück. Das fehlt bei Open-Air-Veranstaltungen. Aber ich habe bereits mit Joachim Arnold, dem künstlerischen und organisatorischen Leiter der Opernfestspiele am Saarpolygon, und Marcus Bosch, dem Dirigenten und musikalischen Leiter, zusammengearbeitet und vertraue deren Erfahrung und auch der Technik, die für den perfekten Sound sorgt.

Was halten Sie von den Kostüm-Entwürfen?
Sie sehen sehr schick aus, da muss das Kostüm der „Königin der Nacht“ wirklich spektakulär sein, um das zu übertreffen.
Ist Sarastro ein Bösewicht?
Er ist ein mächtiger Herrscher, der Pamina entführen lässt, um sie vor deren bösen Mutter, der Königin der Nacht, zu schützen. Doch das stellt sich erst im Lauf der Geschichte heraus. Sarastro ist derjenige, der dafür sorgt, dass Tamino und Pamina ein Paar werden. Er lässt sie Prüfungen ablegen, damit sie sich ihrer Liebe sicher werden. Zum Schluss stürzen die Widersacher „in ewige Nacht“, die Liebenden haben zueinander gefunden und alles endet mit dem schönen Satz: „Es siegte die Stärke und krönet zum Lohn – die Schönheit und Weisheit mit ewiger Kron’“.
Welche Herausforderungen stellt die Rolle an Ihre Stimme?
Der Sarastro ist anders als alle anderen Mozart-Bassrollen und könnte eigentlich auch von jedem guten Bariton gesungen werden. Nur wenige Bässe sind wirklich für den Sarastro geeignet. Man benötigt dafür eine tiefe, reife Stimme mit einer gewissen Schwere. Ich verfüge offenbar darüber. Der Sarastro ist aus ganz persönlichen Gründen meine Lieblingsrolle …
Warum?
Die Arie des Sarastro habe ich bei meiner Aufnahmeprüfung an der Universität von Calgary gesungen und bin daraufhin aufgenommen worden.
Sie waren damals 18 Jahre alt. War Sänger immer schon Ihr Berufswunsch?
Nein, ich hatte zu dieser Zeit bereits eine Zusage an einer anderen Universität, wo ich Forstwirtschaft studieren wollte. Ich bin ein Pastorensohn und habe in meiner Jugend im Kirchenchor gesungen und im Orchester erst Geige, dann Trompete und Zugposaune gespielt, wollte aber Förster im Norden Kanadas werden. Beim Abschlussball meiner Highschool hatten meine Eltern die Idee, den Musiklehrer der Schule, den ich kaum kannte, zu fragen, ob er einen Gesangslehrer für mich empfehlen könne. Es stellte sich heraus, dass er selbst Gesangsunterricht gab. Am nächsten Tag sang ich ihm „Amazing Grace“ vor, worauf er sofort zum Telefon griff, bei der Universität von Calgary anrief und sagte: „Ich habe euren Bassisten.“ Wenige Wochen später sang ich dort die Arie des Sarastro vor.
Hatten Sie damals neben dem musikalischen auch schauspielerisches Talent?
Ich hatte zu dem Zeitpunkt die Oper nicht gekannt. Ich war Rugby- und Footballspieler, große Gefühle waren mir damals fremd. Das hat sich geändert. Im Mai feierte „Lady Macbeth von Mzensk“ an der Oper Leipzig Premiere, wo ich den Boris singe – einer der größten Bösewichte überhaupt. Auch die Arie des Sarastro handelt von großen Gefühlen, von Liebe und Vergebung und gibt tiefe Einblicke in seine Seele.
Es klingt so, als hätten Sie als Sänger Ihre große Leidenschaft gefunden …
Meine drei Kinder sind meine Leidenschaft. Sänger ist mein Beruf, den ich sehr liebe.