Mauro Barbierato, der musikalische Leiter des Landesjugendchors Saar erklärt, warum es im Chor nicht nur darum geht, die richtigen Töne zu treffen und den Text wiederzugeben und welche Rolle die Zahl vier im aktuellen Konzertprogramm spielt.
Herr Barbierato, Sie sind gebürtiger Italiener und leben in Saarbrücken. Wie kamen Sie nach Deutschland?
Ich habe erst in Padua und Mailand studiert. Aber ich wollte auch Auslandserfahrung sammeln. Deshalb absolvierte ich ein Bachelor-Studium an der Musikhochschule Mannheim und danach mein Master-Dirigierstudium und das Aufbaustudium „Dirigieren-Konzertexamen” an der Hochschule für Musik Saar. Mir gefiel es hier und deshalb habe ich beschlossen, hier zu bleiben.
Wie kamen Sie zum Landesjugendchor Saar?
Die Stelle des künstlerischen Leiters wurde 2019 vakant und ich wurde gefragt, ob ich sie übernehme. Damals war ich schon Leiter des Kinderchors am Saarländischen Staatstheater. Ich habe immer schon gerne mit jungen Menschen gearbeitet, deshalb habe ich das Angebot mit Freude angenommen.
Was ist das Besondere an jungen Chören?
Ein Jungendchor hat immer einen ganz besonderen Klang – klar und hell. Es ist schön zu erleben, wie junge Menschen sich für die Musik begeistern.
Wie gelingt Ihnen das im Social- Media-Zeitalter?
Es ist in den vergangenen Jahren schwieriger geworden. Und Jugendliche sind mit vielerlei Dingen beschäftigt, manche finden, dass Chorgesang nicht cool genug ist. Da bin ich als Chorleiter gefordert, nicht nur in der Auswahl der Musik, sondern auch eine gute Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen.
Bedeutet das, dass nur moderne Werke gesungen werden?
Nein, die Mischung ist wichtig. Wir singen Lieder aus dem gesamten klassischen Musikrepertoire, das vom Mittelalter bis zur Gegenwart reicht, sowie aus dem Popmusikrepertoire. Mir ist dieses große Spektrum sehr wichtig. Junge Menschen sollen erfahren, dass Klassik nicht altmodisch ist, deshalb singen wir auch Lieder aus der deutschen Romantik und Volkslieder. Mit Erfolg: Mit „Kein schöner Land in dieser Zeit“ haben wir 2022 bei dem renommierten internationalen Kammerchorwettbewerb im belgischen Genk unter anderem den Sonderpreis für die beste Performance eines Volksliedes erhalten.
Performance?
Es geht beim Chor nicht nur darum, die richtigen Töne zu treffen und den Text richtig wiederzugeben, sondern um den Gesamteindruck fürs Publikum. Dazu kann auch eine kleine Choreografie oder Bodypercussion gehören.
Was lernt man als junger Chorsänger fürs Leben?
Zum einen natürlich eine gepflegte Gesangskultur, zu der auch Stimmbildung gehört. Aber es ist viel mehr: Es geht darum, etwas zusammen zu tun, aufeinander zu achten, Respekt zu zeigen, Rücksicht zu nehmen, sich an gewissen Stellen zurückzunehmen und an anderen Verantwortung zu übernehmen. Das alles ist wichtig im Leben.
Wie groß ist der Landesjugendchor Saar aktuell?
Wir haben zurzeit 36 Mitglieder zwischen 16 und 27 Jahren. Die Größe der Besetzung ist aber unterschiedlich und abhängig vom Projekt.
Können Sie den Charakter des Chors beschreiben?
Es sind tolle junge Menschen, neugierig und voller Lust auf die Musik. Eine entspannte, witzige und starke Gruppe, es macht großen Spaß mit ihr zu arbeiten. Bei unseren Probenwochenenden wird nicht nur intensiv gearbeitet, sondern auch viel gelacht.
Wie lange dauert die Vorbereitung auf ein Konzert?
Es gibt in den Monaten davor meist drei oder vier Termine, an denen wir von Freitagabend bis Sonntagmorgen proben. Das ist eine sehr kurze Zeit, um ein gesamtes Programm zu erarbeiten. Für mich als Dirigent ist das eine Herausforderung, denn es geht nicht nur um ein musikalisches Training, sondern auch darum, das Miteinander in der Gruppe zu fördern. Deshalb sind auch unsere Konzertreisen wichtig.
Wohin führen die nächsten Ausflüge?
Im August werden wir erst in Venedig und Padua auftreten und danach am Internationalen Polyphonischen Wettbewerb in Arezzo teilnehmen. Im nächsten Jahr geht es dann in die USA.
Wie werden diese Reisen finanziert?
Die Arbeit des Chores wird hauptsächlich vom Saarländischen Chorverband finanziert. Der Förderverein des Landesjugendchores Saar spielt aber auch eine wichtige Rolle. Er unterstützt unsere Arbeit tatkräftig.
Wettbewerbe, Reisen, Spaß – Wie kann man mitmachen?
Wir veranstalten zweimal im Jahr ein offenes Vorsingen, das nächste Mal im Herbst. Es ist eine Art öffentliche Schnupperprobe, bei der Interessierte mitmachen können. Es ist nicht unbedingt erforderlich, dass jemand zuvor schon im Chor gesungen hat, aber erfahrungsgemäß hilfreich. Denn wir wählen unsere Mitglieder nach Talent aus. Zudem ist es wichtig, dass es für beide Seiten gut passt. Man kann sich auch jederzeit über www.ljc-saar.de bei uns melden.
Die nächsten Gelegenheiten, den Landesjugendchor Saar kennenzulernen, sind die beiden Konzerte im Juli. Worauf darf sich das Publikum freuen?
Der Titel „Quadrivium“ steht für die vier sogenannten freien Künste Arithmetik, Geometrie, Musik und Kosmologie. Die Symbolik der Zahl Vier zieht sich durch das gesamte Konzertprogramm, in nahezu jedem Stück spielt sie eine Rolle, ob bei „Trough the Storm“ von Katerina Gimon, „Der Feuerreiter“ von Hugo Distler oder auch beim Volkslied „Auf einem Baum ein Kuckuck saß“.