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WAS MACHT EIGENTLICH...

Der Offensivverteidiger wurde 1980 mit der Nationalmannschaft Europameister
Foto: imago images/Laci Perenyi

… Manfred Kaltz?

Er ist Rekordspieler des HSV, wurde mit der deutschen Nationalmannschaft 1980 Europa- und 1982 Vize-Weltmeister und machte sich mit „Bananenflanken“ einen Namen. Heute ist der 71-Jährige Vermögensberater, Jugendtrainer und leitet eine Fußballschule.

Heute könnte ich mir vorstellen, auch drei-, viermal zu wechseln“, erinnert sich Manfred „Manni“ Kaltz an seine aktive Zeit, in der Vereinstreue eine wesentlich größere Rolle spielte als heute. Ein Angebot von Juventus Turin konnte er nicht annehmen, weil nur ein Ausländer pro Team erlaubt war und das Kontingent schon abgedeckt war. So blieb Kaltz dem HSV 18 Jahre lang treu und begleitete den Club durch seine erfolgreichsten Jahre. Erst kurz vor Karriereende ließ er sich auf ein französisches Abenteuer bei Girondins Bordeaux ein, wo er nicht zurecht kam und nach Mulhouse transferiert wurde. Endgültig die Fußballschuhe an den Nagel gehängt hat Offensivverteidiger Kaltz, dessen Markenzeichen runtergekrempelte Stutzen waren, aber beim HSV, wohin er 1990 für ein paar Spiele zurückgekehrt war.

Dass ihm als erfolgreichstem Fußballer der Hanseaten ein Abschiedsspiel ebenso verwehrt wurde wie eine Ehrung zum 50. und 60. Geburtstag, wurmt ihn schon etwas: „Das war schon eine kleine Katastrophe. Vielleicht bekomme ich ja zum 75. Geburtstag ein Abschiedsspiel geschenkt, das wünsche ich mir“, gab Kaltz im Gespräch mit dem „Hamburger Abendblatt“ die Hoffnung noch nicht ganz auf. Zu einem halben Dutzend Heimspiele des HSV pro Saison geht er heute noch ins Stadion und ist über den großen Zuschauerzuspruch überrascht. „Wenn wir früher immer vor 60.000 Zuschauern gespielt hätten, in so einem Stadion, dann hätten wir fast kein Spiel mehr verloren“, scherzt Kaltz, den sie wegen seiner Wortkargheit früher oft „den Schweiger“ genannt haben. Heute hofft er, dass es demnächst für den HSV doch mal mit dem Aufstieg klappt: „Auf Dauer ist Zweite Liga langweilig“, sagte er in einem NDR-Interview. Auf die Idee, seinen fachkundigen Rat einzuholen, ist bei den HSV-Verantwortlichen bisher noch keiner gekommen.

Kaltz, genannt „Der Schweiger“

Der 71-Jährige ist heute Vermögensberater, Jugendtrainer und leitet eine Fußballschule
Der 71-Jährige ist heute Vermögensberater, Jugendtrainer und leitet eine Fußballschule - Foto: IMAGO/Philipp Szyza

Ansonsten hat Kaltz mit dem heutigen Fußball nicht mehr so viel am Hut: „Ich kann mich überhaupt nicht mehr mit dem Fußball identifizieren. Mich wundert, dass die Stadien noch so voll sind“, verrät der „Erfinder“ der Bananenflanke. Die aktuellen Ablösesummen nennt er „Wahnsinn“ und bemängelt auch die intensive Vermarktung des Fußballs, die Spieler mit gut dotierten Werbeverträgen zu Geschäftsleuten macht, die in unzähligen Interviews alle das gleiche von sich geben, weil man ihnen vorher genau beibringt, was sie sagen dürfen. Er wünscht sich daher die Rückkehr von mehr „Typen mit Ecken und Kanten“. Auch werde heute „viel zu viel über Taktik und Ballbesitz geredet. Fußball ist eigentlich ein einfaches Spiel: anbieten, freilaufen, Tore schießen“, erklärte Kaltz im Vorjahr der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Dreier-Kette und Pressing habe der HSV früher schon unter Trainer Ernst Happel gespielt, nur habe das damals noch niemand so genannt. 

Kaltz hat schon vorm Karriereende an die Zukunft gedacht und sich selbstständig gemacht, war an einer Privatschule und einem Reha-Zentrum beteiligt, hat außerdem als Versicherungs- und Vermögensberater sowie ab 2009 als Repräsentant einer Sport- und Veranstaltungsagentur gearbeitet. Auch als Co-Trainer war er eine Zeit lang beschäftigt, unter anderem bei Eintracht Frankfurt. Seit 2002 betreibt Kaltz im Großraum Hamburg die nach ihm benannte Fußball-Schule für Jugendliche, die heute im Ostseebad Weissenhäuser Strand ihr Domizil hat und Teil eines riesigen Freizeitparks ist. Hier ist der Ex-Nationalspieler im Juli und August tätig und versucht, Nachwuchskickern seine Fußball-Philosophie zu vermitteln: „Unser Training verbindet Wissen und Spaß. Die Kinder werden nach dem Spielintelligenz-Ansatz trainiert“, beschreibt Kaltz das Konzept seiner Schule. Mit jungen Leuten arbeitet er bereits seit 2014 beim VfL Bochum als Honorar-Trainer an der clubeigenen Fußballschule.

Er spielt heute lieber Golf

Auch mit 71 Jahren ist Kaltz immer noch fit und war während der Corona-Zeit der einzige in der Familie, der die Pandemie ohne Infektion überstanden hat. „Beide Minisken sind noch drin“, betont Kaltz, der heute statt Fußball lieber Golf spielt. Seinen Alltag beginnt er gerne früh um 7 Uhr, trinkt erst gegen 9 im Büro Kaffee und ernährt sich figurbewusst. Wenn er mit seinem Hund die tägliche Zehn-Kilometer-Runde im Stadtpark dreht, wird er hin und wieder noch erkannt und angesprochen. Schließlich ist er immer noch der HSV-Rekordmann mit den meisten Spielen, Meisterschaften, verwandelten Elfmetern (53 von 60) und auch Eigentoren (6)!  

Bereits seit 50 Jahren ist er inzwischen in Hamburg verwurzelt, weil er dort auch seine berufliche Existenz aufbauen konnte. „Es gibt nichts Schöneres, als wenn man hier lebt.“ Winterhude, wo er mit seiner dritten Frau Vineeta wohnt, das Alster­ufer, der Stadtpark und die Restaurants: „Hier spielt sich mein Leben hauptsächlich ab.“ Hamburg sei zwar teuer, biete aber viel und habe viel Flair, schwärmt der gebürtige Pfälzer, der seine alte Heimat trotzdem jedes Jahr noch drei- oder viermal besucht. 

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