Bei der 152. Auflage der British Open im schottischen St. Andrew haben die Wettbüros die beiden US-Amerikaner Scottie Scheffler und Bryson DeChambeau sowie den Spanier Jon Rahm und den Nordiren Rory McIlroy zu den Favoriten gekürt. Damit könnte es auch zu einem Prestige-Duell zwischen den konkurrierenden Serien PGA Tour und LIV Golf League kommen.

Es ist traditionell das letzte der vier Major-Events im Saisonkalender des internationalen Herren-Golfsports. Wobei es sich bei „The Open Championship“, außerhalb von Großbritannien häufig nur als „British Open“ bezeichnet, um das älteste, schon 1860 erstmals ausgetragene Golfturnier der Welt handelt. Zudem ist es die einzige Major-Veranstaltung, die nicht in in den USA, sondern unter Federführung des Royal & Ancient Golfclubs of St. Andrew, der schon 1754 im schottischen Universitätsstädtchen als Alma Mater des Golfsports gegründet worden war, auf europäischem Boden durchgeführt wird. Wie aus dem offiziellen Namen des Events schon abgeleitet werden kann, handelt es sich um eine offene Meisterschaft, bei der sowohl Profis als auch Amateure zugelassen sind, sofern sie sich mit entsprechenden Vorleistungen oder herausragenden Ergebnissen bei den diversen Qualifikations-Turnieren die Teilnahme sichern konnten. Es gibt bei den British Open keinen festen Veranstaltungsort, sondern dieser wechselt jährlich im Rahmen eines sogenannten Rota-Prinzips zwischen derzeit neun in Schottland, England und Nordirland beheimateten Plätzen. Wobei es von dieser Regel nur eine einzige Abweichung gibt, weil dieses Major alle fünf Jahre auf dem geschichtsträchtigen „Old Course“ in St. Andrew stattfinden muss, wodurch dieser schottische Platz zwangsläufig zum häufigsten Austragungsort in der Historie der British Open wurde.
Häufigster Austragungsort

Vom 18. bis zum 21. Juli 2024 steht nun die 152. Auflage der Open Championships an, die zum insgesamt zehnten Mal auf dem Gelände des schottischen Royal Troon Golf Clubs (Par 71, niedrigste Gesamtschlagzahl 264, 2026 durch den Schweden Henrik Stenson) ausgetragen wird, der schon seit 1923 fester Bestandteil des Rota-Wechselspiels ist und wo zuletzt 2016 aufgeschlagen wurde. Bei Troon handelt es sich um ein rund 50 Kilometer südwestlich von Glasgow gelegenes Hafenstädtchen in South Ayrshire. Die Küstennähe bringt es mit sich, dass auf der Anlage häufig schwer kalkulierbare Rahmenbedingungen mit starken und tückischen Winden sowie unvorhersehbaren Wetterwechseln vorherrschen können. Dem Sieger der British Open wird traditionell der Titel „Champion Golfer of the Year“ verliehen. Ihm winkt zudem ein stattlicher Anteil in Höhe von drei Millionen Dollar von dem auf 16,5 Millionen Dollar festgesetzten Preisgeld (bei den US-Open 2024 hatte das Preisgeld sogar einen Rekordsprung auf 21,5 Millionen gemacht und damit wieder die bei den PGA Championships ausgeschüttete Prämie von 18,5 Millionen Dollar übertroffen). Zudem bekommt der Gewinner die begehrte „Golf Champion Trophy“ verliehen, wobei der Pokal meist nur unter dem Namen „Claret Jug“ bekannt ist. Beim Claret Jug handelt es sich um einen Wanderpokal, den der Sieger nur bis zur nächsten Austragung des Turniers behalten darf, allerdings wird ihm für die heimische Vitrine eine Nachbildung ausgehändigt und er kann eine Goldmedaille mit nach Hause nehmen. Dem besten Amateur winkt eine Silbermedaille.

Ein wesentliches Charakteristikum, das sämtliche Veranstaltungsorte der British Open von den geleckten Plätzen mit ihren gepflegten Fairways und Greens der US-Major-Kurse unterscheidet, ist die bewusste Nähe zu den ursprünglichen, von natürlichem Bewuchs geprägten Plätzen Großbritanniens. Die British Open werden ausschließlich auf sogenannten Linksplätzen ausgetragen. Linksland, ist Land, das für die Landwirtschaft als unbrauchbar angesehen wurde. Es handelt sich um eine karge, salzhaltige Dünenlandschaft mit anspruchsloser Vegetation wie Gräsern, Ginster oder Heidekraut, durchzogen von kleinen Bachläufen, Sandkuhlen oder Dünen. Auf Linksplätzen können all diese Landschaftseigenschaften zusammen mit dem Wind ein Spiel ganz entscheidend beeinflussen. Gefürchtet sind vor allem die tiefen Sandbunker, die Ginster-bewachsenen Roughs, aber auch die wegen des harten Sandbodens sehr schnellen und oft welligen Fairways. Auf diese schwierigen äußeren Rahmenbedingungen müssen sich alle Starter möglichst perfekt einstellen, um zumindest den Cut nach zwei Runden mit 36 Löchern zu schaffen und zu den verbleibenden 70 Teilnehmern für die beiden finalen Durchgänge zählen zu können.
Besonders gut auf Linksplätzen

Eine sichere Favoriten-Prognose ist bei den British Open seit jeher ziemlich schwierig. Natürlich zählen die Gewinner der bisherigen drei Major-Turniere des Jahres 2024 zu den Sieg-Kandidaten. Der US-Amerikaner Scottie Scheffler, die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste, hatte das Masters Tournament der PGA Tour für sich entschieden und konnte seine diesjährige Top-Verfassung, trotz eines unerwarteten Schwächelns bei den US-Open 2024, durch fünf Saisonsiege auf der PGA Tour nachdrücklich unter Beweis stellen. Allerdings konnte er trotz seines kraftvollen Spiels und seiner mentalen Stärke ausgerechnet bei den British Open in der Vergangenheit noch nie etwas wirklich Großes leisten. Schefflers Landsmann Xander Schauffele, immerhin die Nummer drei der aktuellen Weltrangliste, überraschte 2024 mit seinem Sieg bei den PGA Championships. Er wird daher in den internationalen Wettbüros zum erweiterten Favoritenkreis gezählt. Gleiches gilt für den derzeit mit Abstand besten Longhitter des Planeten, den inzwischen 30-jährigen US-Star Bryson DeChambeau, der nach seinem Triumph bei den US-Open 2020 und seiner schweren Formkrise des Jahres 2022 inzwischen wieder zu alter Klasse zurückgefunden hat und 2024 mit einem spektakulären Bunkerschlag am letzten Loch nicht nur die US-Open für sich entscheiden konnte, sondern auch beim Masters Tournament mit dem sechsten Platz und dem zweiten Platz bei den PGA Championships Spitzen-Ergebnisse geliefert hatte. Bei den US-Open hatte er den Nordiren Rory Mcllroy, die Nummer zwei der Weltrangliste, knapp schlagen könnte, der danach völlig frustriert die Anlage verlassen hatte. Dennoch werden McIlroy, der bei den British Open 2014 schon mal triumphiert hatte, von sämtlichen Wettbüros für das anstehende Major-Event, nach Scottie Scheffler, die höchsten Chancen auf einen Sieg eingeräumt. Der Stil von McIlroy ist für Linksplätze besonders gut geeignet.

Schließlich steht auch noch der Baske Jon Rahm bei den Wettanbietern hoch im Kurs, vor allem wegen seiner Beständigkeit und Fähigkeit, mit dem Druck bei Major-Turnieren bestens umgehen zu können, was er 2021 mit seinem Sieg bei den US-Open und 2023 mit seinem Masters-Erfolg dokumentiert hatte. Der US-Titelverteidiger Brian Harman ist auf den Zetteln der Wettbüros hingegen nicht so weit vorne vertreten. Bessere Außenseiter-Siegchancen wurden da schon dem Norweger Victor Hovland, den US-Amerikanern Brooks Koepka und Collin Morikava, dem Australier Cameron Smith oder dem Schweden Ludwig Aberg eingeräumt. Deutschlands Spitzengolfer, denen noch niemals ein Sieg bei den British Open gelungen war (Bernhard Langer belegte 1981 und 1984 jeweils den zweiten Platz), dürften auch 2024 bestenfalls eine Nebenrolle spielen. In den Meldelisten tauchen die Namen Marcel Siem, Alex Cejka und Stephan Jäger auf, der bei seinem 135. Auftritt auf der PGA Tour im Frühjahr 2024 seinen ersten Sieg feiern und dabei sogar Scottie Scheffler knapp hinter sich lassen konnte.
Noch kein deutscher Sieger

Auch dieses vierte Major-Turnier des Jahres 2024 wird überschattet vom immer stärker eskalierenden Konflikt zwischen den Verantwortlichen der PGA Tour und der konkurrierenden, 2022 ins Leben gerufenen und mit reichlich Dollar-Milliarden Saudi-Arabiens finanzierten LIV Golf League. Ein gutes Dutzend internationaler Topgolfer hatte sich mit Handgeldern in astronomischen Millionen-Bereichen und ebenso utopisch anmutenden Preisgeld-Zusagen zum Wechsel von der PGA Tour zur LIV Serie locken lassen. Wobei ihnen von Anfang an klar gemacht wurde, dass die Ergebnisse ihrer LIV-Turnierteilnahmen keinerlei Berücksichtigung in der Weltrangliste finden würden. Im Frühjahr 2024 wurde diese Entscheidung von der dafür zuständigen Institution, dem Official World Golf Ranking, endgültig zementiert. Was die Aussagekraft des Rankings auf Dauer erheblich vermindern dürfte. Schließlich kann die LIV Golf League auf Topspieler wie Bryson DeChambeau oder Jon Rahm verweisen, die sich aber aktuell nur noch auf den Plätzen neun und zehn der jüngsten Weltrangliste befinden und auf Dauer weiter abrutschen dürften, wie es andere LIV-Stars vom Schlage eines Phil Mickelson oder Brooks Koepka schon in Kauf nehmen mussten. Auch der deutsche Golfer Martin Kaymer ist davon betroffen. Bei den US-Open 2024 hatte ein Teil der US-Medien eine regelrechte Hexenjagd zulasten von Bryson DeChambeau betrieben. Und unverhohlen Rory McIlroy, dem neben Tiger Woods entschiedensten Gegner der LIV Tour, die Daumen gegen den zum US-Landesverräter stilisierten DeChambeau gedrückt.