Frankreich hat gewählt. Und wie! Vor der Wahl ging es meist nur um die Frage, ob Le Pens Rassemblement National (RN) die absolute Mehrheit holen würde. Ein Wahlsieg war aber eigentlich klar – nur eben nicht für die Wählerinnen und Wähler.
Dass vielen der berühmte Stein vom Herzen fiel wegen der Schlappe für RN, ist nachvollziehbar. Aber ist das wirklich ein Zeichen, dass der zunehmend größere Erfolg nationaler, rechter Parteien, ob populistisch oder extrem, doch kein in Stein gemeißeltes Gesetz ist? Und was lehrt uns das?
Zunächst: Die Franzosen haben ihren eigenen Kopf, was keine neue Erkenntnis ist. Zweitens, dass Rechtspopulisten, auch wenn sie sich handzahm geben, auf die Plätze verwiesen werden können. Und drittens, dass wir uns wieder mit anderen Themen beschäftigen sollten als ständig nur über Rechtsruck zu diskutieren, und das in einer Haltung, die dem berühmten Kaninchen vor der Schlange gleicht. Nicht, weil uns diese Entwicklungen weniger wichtig oder gar egal sein sollten. Sondern schlicht, weil es ausreichend viele andere wichtige Dinge gibt, die quer durchs Land auf den Nägeln brennen.
Ob das das elendige Warten auf (Fach-)Arzttermine ist oder die Zustände in vielen Kitas, denen Personal hinten und vorne fehlt. Oder die permanente Verzweiflung an bürokratischen Akten im weitesten Sinn. Wenn Menschen Dinge lieber bleiben lassen, weil sie zu kompliziert geworden, ob das nun ein Antrag für irgendetwas ist oder ein ehrenamtliches Engagement, dann stimmt etwas gewaltig nicht mehr. Und dann kann auch nicht verwundern, wenn sich das ungute Gefühl breitmacht, dass in diesem Land nichts mehr so wirklich gut funktioniert.
Alles Probleme, die sich nicht in Talkshows lösen lassen – aber sie lassen sich lösen. Entscheidend ist, dass wieder der Eindruck entsteht, dass es um all diese Dinge geht, die den Alltag belasten und erschweren.
Mindestens genauso wichtig ist, dass wir uns von unseren Jammerspiralen und Schuldige-Such-Phasen emanzipieren, und, wie Bundestrainer Julian Nagelsmann in bemerkenswerter Weise formulierte: wieder „realisieren, was wir für Möglichkeiten haben, wenn wir alle zusammenhalten und nicht alles extrem schwarzmalen“.