Bei einer Reise in die Städte Eutin, Plön und Bosau in Schleswig-Holstein können Besucher imposante Schlösser, große Seen und den kleinsten Dom der Welt entdecken. Kulturfans dürfen sich auf die Eutiner Festspiele freuen, die bis zum 8. September im Schlossgarten stattfinden.
Eutin inmitten der Holsteinischen Schweiz gefällt den Besuchern sofort. Gemütlich wirkt der große Markt in der Altstadt mit dem Rathaus von 1791, der Hofapotheke, den ehemaligen Handwerkerhäusern und Cafés.
Historisch bedeutsamer ist jedoch die romanische St.-Michaelis-Kirche aus dem 12. Jahrhundert mit ihrem hohen, leicht schiefen Turm. Der schaut übers Dach der Eutiner Landesbibliothek am nahe gelegenen Schlossplatz, einer regionalen Forschungsbibliothek mit historischem Buchbestand von rund 70.000 Bänden.
„Wächteraffen“ an der Schlossbrücke
Die meisten Besucher zieht es aber gleich zum Schloss und seinen großartigen Gartenanlagen. Errichtet wurde es auf einer von Wassergräben umgebenen kleinen Insel direkt am Großen Eutiner See. Ein beliebtes Fotomotiv sind sogleich die „Wächteraffen“ an der Schlossbrücke. Eigentlich sind es „Hundsköpfige“, gestaltet nach altägyptischen Vorbildern. Sie sind Sinnbilder des ägyptischen Gottes Thot.
So waren sie am Isis-Tempel zu sehen, der im 19. Jahrhundert in Rom, auf dem Forum Romanum, ausgegraben wurde. Der Hofbildhauer des Großherzogs von Oldenburg schuf sie nach und der Herzog nahm sie beim Umzug mit ins Eutiner Schloss. Mit dem Blick von der Südterrasse in den Schlosspark können sie jedoch nicht konkurrieren und auch nicht mit der 850-jährigen Geschichte der Eutiner Schlossbauten.
Es waren Bischöfe und Fürstbischöfe, die zusammen mit fleißigen Arbeitern Eutins Schloss errichteten. Nahe dem Großen Eutiner See zogen sie um 1154 zunächst in einen bescheidenen Verwaltungshof, der im 13. Jahrhundert zu einer Burganlage mit Kapelle ausgebaut wurde. Schon im Jahr 1320 wird Eutin zum ständigen bischöflichen Wohnsitz.
Schloss im Barockstil
Mit dem ersten Fürstbischof aus dem Haus der Herzöge von Schleswig-Holstein-Gottorf im Jahr 1586 begann die repräsentative Epoche. Macht und Schönheitssinn sollten gezeigt werden. Schon um 1640 war ein Schloss mit vier Flügeln bezugsfertig, wurde jedoch 1689 durch einen Brand größtenteils zerstört. Ab 1716 begann der Wiederaufbau durch den schwedischen Baumeister Rudolph Matthias Dallin, jedoch im Barockstil, und so zeigt sich das Schloss noch heute.
Der damals ebenfalls angelegte Barockgarten war nicht von Dauer und wurde ab 1778 zu einem englischen Landschaftsgarten umgestaltet. Initiator war Herzog Peter Friedrich Ludwig, der diese Eindrücke von einer zweijährigen Englandreise mitgebracht hatte. Diesen ruhigen, 14 Hektar großen Landschaftsgarten mit seinen verschlungenen Wegen, der Lindenallee und dem bereits restaurierten historischen Küchengarten lieben die Besucher sehr. Die Gartenskulptur der Flora, Göttin des Frühlings und der Blumen, versteckt sich fast unter hohen Bäumen.
Nicht verstecken muss sich jedoch die neue Tribüne im Schlossgarten, auf der vom 5. Juli bis zum 8. September die 73. Eutiner Festspiele stattfinden. Im Vorjahr musste man während der Bauphase improvisieren, doch nun werden alle Register gezogen.
Den Auftakt am 5. Juli macht das bekannte Musical „Jesus Christ Superstar“, das 15 mal gezeigt wird. Auch der Komponist Carl Maria von Weber, der im November 1786 in Eutin geboren wurde, muss sich nicht mit einer Tafel an seinem Geburtshaus begnügen. Seine bekannteste Oper „Der Freischütz“, am 18. Juni 1821 im Königlichen Schauspielhaus Berlin uraufgeführt, wird nun neunmal dem Festspiel-Publikum präsentiert.
Seit 1967 steht das Eutiner Schloss unter Denkmalschutz und war Anfang der 1970er-Jahre Drehort des Films „Cabaret“ mit Liza Minnelli. Ein Lichtblick, doch die anhaltenden Baukosten überforderten die herzogliche Familie. 1992 übergab sie das Schloss, umfangreiche Teile der Sammlung und den Schlossgarten der öffentlich-rechtlichen Stiftung Schloss Eutin.
Seit 2006 ist Schloss Eutin wieder als Museum zugänglich. Im Südflügel kann nun die Kapelle von 1293 besichtigt werden, im Nordflügel der Rittersaal. Der helle Hof des Ostflügels mit seiner fein verzierten Hoftür zeigt fast südländisches Flair. Den Westflügel mit dem mächtigen Torturm bewohnte einst das Fürstenpaar. Das ehemalige Schlafzimmer der Fürstin ist nun der „Europasaal“.
Nach all diesen Geschichts- und Kultureindrücken ist auch für Entspannung gesorgt. In der Saison lockt vi
ermal täglich eine einstündige Schiffsrundfahrt auf dem Großen Eutiner See. Auch Kanus und Segelboote lassen sich mieten. Das Highlight im Sommer ist sicherlich die historische Freibadeanstalt mit Sprungbrett und Badeaufsicht, und das bei freiem Eintritt.
Dennoch sollten die Gäste nicht das Städtchen Plön verpassen. Für sein Schloss, erbaut von 1633 bis 1636 hoch über dem Großen Plöner See, wählte Herzog Joachim Ernst von Sonderburg-Plön trotz des Dreißigjährigen Kriegs den prächtigen Residenzstil. Besucher von nah und fern sollten es bewundern.
Der dänische König Christian VIII., der das Schloss als Sommersitz nutzte, ließ es 1840 leuchtend weiß anstreichen. Seither strahlt es noch intensiver. Es hat aber auch viel Unterschiedliches erlebt: Beispielsweise diente es der Preußischen Armee, und um 1900 besuchten alle sechs Söhne von Kaiser Wilhelm II. eine eigene Prinzenschule im Plöner Schlossgebiet.
Rittersaal kann besichtigt werden
Ab 1934 machten die Nationalsozialisten eine „Nationalpolitische Erziehungsanstalt“ aus dem Schloss. In der Bundesrepublik wurde es 1950 ein staatliches Internat. Doch bald war es vom Verfall bedroht. Die Sanierungskosten konnte sich die Landesregierung nicht leisten und verkaufte das Schloss im Januar 2002 für 3,6 Millionen Euro an den Unternehmer Günther Fielmann. Für rund 28 Millionen Euro wurde es mithilfe der EU denkmalgerecht saniert. Seit 2005 nutzt es die Fielmann-Akademie als öffentliche Ausbildungsstätte der deutschen Augenoptik und schult dort jährlich mehr als 6.000 Augenoptiker und Augenoptikerinnen. Bei den regelmäßigen Führungen können nun Besucher die rekonstruierte Kapelle, die herzöglichen Gemächer und den Rittersaal, der auch für Schlosskonzerte genutzt wird, besichtigen. Nur die Gänseliesel an ihrem Brunnen vor dem Rathaus muss in der hübschen Altstadt bleiben, während die Plöner und ihre Gäste über den Plöner See schippern und in seinem klaren Wasser schwimmen.
Ein ganz besonderer Schatz lässt sich in der Nähe noch entdecken: der „kleinste Dom der Welt“. Der steht in Bosau, einer Gemeinde am Südrand des Großen Plöner Sees. „Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“, dichtete einst Goethe, und das bewahrheitet sich auch in Schleswig-Holstein.
Sommerkonzerte in der Kirche
Zunächst aber ein Staunen, denn es gibt in Bosau nur die kleine St.-Petri-Kirche, die die Besucher jedoch sogleich entzückt. Von Bischof Vicelin wurde sie 1152 geweiht und war damals noch kleiner. Ums Jahr 1200 wurde sie zur einschiffigen Hallenkirche mit Chorraum und Apsis umgebaut. Außerdem erhielten die erhöhten Seitenwände nun große Fenster und draußen schmückte ein runder Feldstein-Turm das Kirchlein. Der wurde jedoch im Dreißigjährigen Krieg zerstört, danach aber von der Bevölkerung wieder aufgebaut. Seither ist er viereckig und trägt eine schicke Barockhaube.
Kürzlich wurde die St.-Petri-Kirche frisch gekalkt und ihr strahlendes Weiß bildet nun einen schönen Kontrast zum satten Grün der Bäume auf dem Friedhof drumherum. Seit über 40 Jahren finden in dieser Kirche auch die Bosauer Sommerkonzerte statt.
Doch kein Schild weist darauf hin, dass die St.-Petri-Kirche auch der kleinste Dom der Welt ist. Aber es stimmt: Von 1150 bis 1156 war sie der Sitz des Bistums Oldenburg, und diese sechs Jahre genügen, um sie als Dom – und damit eben den kleinsten der Welt – zu bezeichnen.
Drinnen überraschen das spätgotische Triumphkreuz (von 1470) und der aus Eichenholz im 14. Jahrhundert geschnitzte Flügelaltar. Außerdem schmücken 20 Bilder, gemalt von Hans Welker, die 1656 errichtete Nordempore. Sie schildern das Leben Jesu von seiner Geburt bis zur Auferstehung. Der Imkerhonig, auf einem Tisch angeboten, findet schließlich auch noch Interesse.