Wasserkrise, Wald im Wandel, Biodiversität und Klimawandel– der Deutsche Naturschutztag im September im Saarland hat einiges zu diskutieren. Bei einigen steht im Hintergrund die Sorge, Naturschutz könne angesichts der vielen anderen Krisen am Ende unter die Räder kommen.
Maßnahmen für einen besseren Naturschutz sind immer gut für intensive Diskussionen. Mitunter können sie auch echte Regierungskrisen auslösen.
Bei der Abstimmung der EU-Umweltminister über das lange diskutierte Renaturierungsgesetz stimmte Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) für das Gesetz – gegen den ausdrücklichen Willen ihres Koalitionspartners ÖVP. Daraufhin kündigte Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) eine „Nichtigkeitsklage“ vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das Abstimmungsverhalten der Umweltministerin an.
Gut 80 Prozent der Lebensräume in der EU sind nach offiziellen Angaben in einem „schlechten Zustand“. Das Renaturierungsgesetz verpflichtet die Mitgliedsstaaten, bis 2030 mindestens zwanzig Prozent der geschädigten Flächen (und Meeresgebiete) wieder in einem natürlichen Zustand zu versetzen. Das betrifft etwa Wälder, Gewässer und Moore. Bis 2050 soll das für alle Ökosysteme so sein.
Die Interessenkonflikte bei derartigen Vorhaben liegen auf der Hand. Während Umweltschützer und zahlreiche Wissenschaftler (aber auch Unternehmen) das Vorhaben grundsätzlich begrüßten, gab es Widerstand vor allem von Bauernverbänden. In Sachen Naturschutz zeigt sich die EU immer wieder als treibender Vorreiter. Vor gut zwei Jahren wurden neue Leitlinien zu Naturschutzgebieten veröffentlicht. Das Ziel: mindestens 30 Prozent der Fläche unter Schutz zu stellen. Grundlage ist „Natura 2000“, ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten in Europa, das seit 1992 aufgebaut wird. Es ist das „Rückgrat des europäischen Naturschutzes“.
Unbestritten gibt es viele Anstrengungen, aber ebenso unbestritten ist: Das Artensterben geht mit großer Dynamik weiter. Dazu kommen Herausforderungen, die sich mit der globalen Vernetzung und dem Klimawandel verschärfen.
Reichlich Diskussionsfelder, mit denen sich der Deutsche Naturschutztag 2024, der vom Saarland ausgerichtet wird, beschäftigen kann. Naturschutz in Europa ist naturgemäß im Saarland als zentrale europäische Grenzregion ganz oben auf der Agenda – entsprechend dem Motto: „Europa natürlich verbunden“
Biodiversität und Klimawandel, Wasserkrise und Wald-Transformation sind weitere Themen in den Fachforen.
Und wenn sich schon die Fachwelt in Sachen Naturschutz geballt im Saarland zum Kongress trifft, wird es auch Gelegenheit geben, bei ausführlichen Exkursionen in Augenschein zu nehmen, was selbst ein kleines Bundesland an Vorzeigeprojekten in Sachen Naturschutz entwickelt hat. Immerhin ist das Saarland das Bundesland, das mit einem Anteil von neun Prozent ausgewiesener Naturschutzflächen (Quelle: statista) den Spitzenplatz im Ländervergleich innehat. Für die Menschen in Deutschland sind Themen wie Klima-, Umwelt und Naturschutz nach wie vor wichtig. Zumindest gehören sie in Umfragen zu den Top Five wichtiger Themen. Allerdings hat sich das Ranking in den letzten Jahren geändert. Krieg, Krise, Transformation der Wirtschaft stehen nun auf den vordersten Plätzen.
Eine ganz deutliche Mehrheit hält zwar Klima-, Umwelt- und Naturschutz nach wie vor für wichtig, allerdings gibt es auch eine spürbare Besorgnis vor möglichen sozialen Folgen bei der Umsetzung von Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen.