Nach langer Anbahnung nimmt Hertha BSC Diego Demme unter Vertrag. Der 32-Jährige soll mit seiner Erfahrung einer der Schlüsselspieler zum Aufstieg werden.
Beobachter könnten ein Muster erkannt haben: im Fall von Diego Demme, dem von Hertha BSC umworbenen Mittelfeldspieler, hatten die Medien längst Vollzug bezüglich seiner Verpflichtung gemeldet, ehe auch der Verein dies mitteilte. Schon bei der offiziellen Beendigung der Zusammenarbeit mit Trainer Pál Dárdai sowie der Bekanntgabe seines Nachfolgers Cristian Fiél hatte man sich viel Zeit gelassen, wodurch die öffentliche Berichterstattung die Personalien schon lange zuvor bekannt gegeben hatte. Die Verpflichtung des ablösefreien Spielers wurde so am ersten Sonnabend im Juli kommuniziert, schon am Montag davor aber hatte „Bild“ berichtet: „Diego Demme hat den Vertrag unterschrieben, die offizielle Mitteilung steht noch aus.“ Genau genommen aber hatten das Nachrichtenportal und auch der TV-Sender „Sky“ sogar bereits Mitte Mai von einer Vereinbarung zwischen beiden Seiten gesprochen. Vielleicht aber agierten Medien und Verein speziell in diesem Fall auch mit besonderer Vorsicht – denn bekanntlich stand der gebürtige Ostwestfale mit italienischen Wurzeln bereits vergangenen Sommer im Visier der Berliner Verantwortlichen. Im Juni 2023 hatte „Sky“ ebenfalls von einer Einigung zwischen Hertha BSC und Demme gesprochen, im weiteren Verlauf soll dessen Verein SSC Neapel den Hauptstädtern sogar in puncto Ablösesumme entgegen gekommen sein – letztlich erhielt man jedoch eine Absage des Spielers per SMS. Ein starkes Motiv für die unerwartete Wendung soll dabei der schlechte Saisonstart von Hertha BSC in der Zweiten Liga gewesen sein: Zu diesem Zeitpunkt lagen die Blau-Weißen mit null Punkten aus den ersten drei Partien auf dem letzten Platz der Tabelle. Der Rest der Geschichte ist bekannt: der Bundesligaabsteiger schaffte am Ende den Klassenerhalt sicher, konnte andererseits aber auch nie den Anschluss zu den Aufstiegsplätzen herstellen.
Trotz Absage vor elf Monaten nun doch
Trotz der Absage vor elf Monaten war das Interesse der Verantwortlichen an Diego Demme jedoch nicht erkaltet – und so kam der Deal nun quasi mit rekordverdächtiger Verzögerung doch noch zur Realisierung. Der Verbleib in Neapel dürfte dem einmaligen deutschen Nationalspieler (als Einwechsler unter Bundestrainer Joachim Löw beim 7:0 über San Marino, Juni 2017) dabei zwar noch für ein Jahr ein stattlicheres Salär eingebracht haben, mit zwei Einsätzen in der Serie A bei insgesamt 73 Minuten Spielzeit war es jedoch sportlich wenig hilfreich. So sprach der Profi nach seinen ersten 45 Minuten im Dress von Hertha BSC beim Test in Erfurt (4:0-Sieg am 6. Juli) wohl zu Recht von einem „Neustart“ – etwaige Zweifel, die geringe Spielpraxis könne Auswirkungen auf das Erreichen seines maximalen Fitnesslevels haben, zerstreute der Deutsch-Italiener jedoch: „Ich glaube, wenn ich hier die Vorbereitung mitmache, komme ich schnell wieder in meine Form.“ Bereits bei seinem Debüt im besagten Testspiel attestierte ihm der „Kicker“ dabei „Robustheit und Cleverness in den Zweikämpfen, Präsenz, Übersicht.“ In der Rolle als „Abfangjäger und Ballverteiler zugleich“ erkannte auch Trainer Fiél bereits vielversprechende Ansätze: „Was ich sehen wollte, war, dass Diego im Zentrum die Bälle fordert und die Schnittstelle von der Defensive zur Offensive ist.“ So bringt der Mittelfeldmann offenbar gute Voraussetzungen für die Rolle als Schlüsselspieler mit – gemeinsam mit den anderen Neuzugängen Michaël Cuisance (24, früher unter anderem FC Bayern, zuletzt FC Venedig) und Kevin Sessa (23, 1. FC Heidenheim) dürfte er die Schaltzentrale der Hertha 2024/25 bilden.
Neben den Abgängen von Suat Serdar (für 4,5 Millionen Euro zu Hellas Verona/Italien) und Bence Dardai (ablösefrei zum VfL Wolfsburg) wurde zuletzt außerdem das zu erwartende Ende der Leihe von Aymen Barkok (zurück zu Mainz 05) vermeldet, dazu soll das 19-jährige Talent Tim Hoffmann (Abwehr zentral) eine Saison beim Drittligisten Erzgebirge Aue Spielpraxis sammeln. Ob der „ewige Herthaner“ Peter Pekarik (37, auslaufender Vertrag) dem Verein möglicherweise in anderer Funktion erhalten bleibt, wäre außerdem noch zu klären. Ebenso verbrieft wie noch zu bewerkstelligen sind dazu die möglichst endgültigen Abgänge einiger Rückkehrer: Das gilt für den nach Langzeitverletzung endlich fitten Agustin Rogel (Abwehr) ebenso wie für die nach beendeter Leihe wieder anwesenden Stürmer Wilfried Kanga (zuletzt Standard Lüttich/Belgien) und Myziane Maolida (Hibernian Edinburgh/Schottland). Letztere beide müssen dabei wie vergangenen Sommer erneut abseits des Kaders arbeiten und nehmen auch nicht am gerade begonnenen Trainingslager in Österreich teil. Immerhin soll Hertha jedoch Interessenten für das Duo haben, angeblich erhofft man sich insgesamt knapp zehn Millionen Euro im Fall ihrer Transfers. Dazu würde man damit weitere Lohnkosten auf „Großverdiener-Niveau“ angesichts von Verträgen aus längst vergangenen Zeiten einsparen – wie etwa auch beim schwer vermittelbaren Außenstürmer Kelian Nsona (zuletzt ausgeliehen an MSK Zilina/Slowakei), der im Januar 2022 trotz bestehender Rehabilitation einen Vertrag bis 2026 erhielt und bis heute keinen Einsatz bei den Hertha-Profis vorweisen kann.
Transferüberschuss von rund vier Millionen
Zusammen genommen viel Geld also, das auch zur Reinvestition auf dem Spielermarkt benötigt würde. Immerhin konnte der weiterhin klamme Verein aber dank des Serdar-Erlöses in dieser Wechselphase bis letzte Woche einen Transferüberschuss von rund vier Millionen Euro erwirtschaften – weitere Einnahmen werden aber nötig sein, um selbst auf dem Transfermarkt aktiv werden zu können. Anders als vergangene Spielzeit dürfte dabei das Ziel der Verantwortlichen sein, bereits zum Saisonstart Anfang August einen schlagkräftigen Kader mit etwa 15 Startelfkandidaten zu bilden, von denen bis zum Ende der Transferfrist am 30. August möglichst wenige noch gehen. Bis dahin wird Hertha BSC neben der schweren Erstrundenaufgabe im DFB-Pokal bei Hansa Rostock (18. August) drei Ligapartien absolviert haben – zuhause gegen den SC Paderborn (3. August) und Jahn Regensburg (23. bis 25. August) sowie beim HSV (10. August). Deutlich mehr Punkte als aus dem erwähnten Start 2023/24 sind dabei ohne Wenn und Aber Pflicht, wenn nicht wieder von Beginn an der Musik hinterhergelaufen werden soll.