Was passiert beim Klimakterium im Körper? Welche Symptome können auftreten? Und wann ist eine Hormonersatztherapie sinnvoll, wann nicht? Dr. med. Franziska Rubin hat uns diese Fragen und viele mehr beantwortet.
Frau Dr. Rubin, Prämenopause, Perimenopause, Menopause und Postmenopause – wie unterscheiden sich die einzelnen Phasen?
Wie so vieles bei uns Ärzten, ist auch dies ziemlich klar festgelegt: die Menopause bezeichnet wirklich die allerletzte Regelblutung. „Prae“ bedeutet „davor“ und tatsächlich kann die Menopause schon ab dem 40. Lebensjahr beginnen, meist so Mitte 40. Die Perimenopause (von griechisch „peri“: „drum herum“) ist das Jahr vor und nach der letzten Regelblutung, die Postmenopause (von lateinisch „post“: „nach“) tritt dann ein, wenn die Menopause ein Jahr her ist.
Bei manchen Frauen beginnen die Wechseljahre schon mit 40 oder noch früher, bei manchen erst mit 50. Wovon ist dies abhängig?
In der Regel ist der Beginn der Wechseljahre genetisch festgelegt. Es lohnt sich also, mal die Mama oder Oma zu fragen, wie es denn so bei ihnen war. Heutzutage gibt es viele Frauen, die eine Hormontherapie hinter sich haben. In diesem Fall ist die Eizellreserve oft schneller erschöpft, sodass frau doch etwas eher in die Wechseljahre kommt als die Mutter. Das gleiche gilt für Frauen mit vielen Kindern, starkem Untergewicht oder starke Raucherinnen.
Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Gewichtszunahme sind einige der häufigsten Symptome in den Wechseljahren. Welche Symptome kann es noch geben?
Die von Ihnen genannten Symptome sind tatsächlich die häufigsten und oft sehr nervig, aber sehr gut durch Naturheilkunde behandelbar. Gerade die Stimmungsschwankungen erkennen viele Frauen nicht als Bestandteil der Wechseljahre. Sie fühlen sich manchmal so an, als wäre man in die Pubertät zurückgebeamt. Seltenere Symptome sind zum Beispiel trockene Haut, trockene Augen, Haarausfall oder häufige Blasenentzündungen. Aber auch eine beginnende Osteoporose, Gelenkschmerzen oder Herzrhythmusstörungen treten in den Wechseljahren häufiger auf.
Wovon ist es abhängig, ob Frauen starke Symptome während der Wechseljahre haben – kann man zum Beispiel sagen, dass Frauen, die wenig Probleme mit PMS oder mit der Menstruation hatten, auch weniger Probleme in den Wechseljahren haben?
Ich vermute, dass Frauen, die generell sehr sensibel auf Hormone reagieren, dies auch in den Wechseljahren tun werden. Aber es kann auf der anderen Seite auch sehr erlösend sein, wenn die Tage endlich wegfallen und damit auch die Hormonschwankungen. Deshalb ist das vermutlich nicht vorhersehbar. Denn auch die Wechseljahre dauern unterschiedlich lang. Manche sind nach kurzer Zeit durch, andere haben zehn Jahre damit zu tun. Es ist sinnvoll, keine Angst zu haben, sondern mit Naturheilkunde zu unterstützen, damit Körper und Geist die Zeit gestärkt überstehen.
Wirkt es sich aus, ob Frauen vor den Wechseljahren lange Zeit die Pille eingenommen haben?
Wer lange die Pille genommen hat, ist von den meisten Hormonschwankungen verschont geblieben. Ich denke nicht, dass sich das auf den Verlauf der Wechseljahre auswirkt. Aber es ist bestimmt keine gute Idee, über 40 noch die Pille zu nehmen, weil die Nebenwirkungen deutlich zunehmen können mit steigendem Lebensalter.
Welche Hormone werden in den Wechseljahren nicht mehr produziert und wofür sind diese zuständig?
Die Eierstöcke produzieren die beiden wichtigsten weiblichen Geschlechtshormone Östrogen (in Form von Estradiol, Estron oder Estriol) und Progesteron (Gelbkörperhormon), um den Körper auf eine mögliche Schwangerschaft vorzubereiten. In der Chefetage – und zwar im Zwischenhirn (Hypothalamus) und der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) – wird die Produktion und Freisetzung dieser beiden Hormone durch sogenannte Gonadotropine (LH= luteinisierendes Hormon und FSH= follikelstimulierendes Hormon) stimuliert. In der ersten Zyklushälfte steigt das Estradiol an und sorgt mit den beiden Hormonen aus der Chefetage (FSH und LH) für den Eisprung. Auch Progesteron steigt an und bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vor. Platzt der Deal und es kommt nicht zur Befruchtung, fallen die Hormonspiegel wieder und es kommt zur Menstruation. Das alles funktioniert ziemlich reibungslos, Monat für Monat bis zum Beginn der Wechseljahre.
Wie wirken die drei Östrogene im Körper?
Das Wort Östrogen (oder Estrogen) kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Leidenschaft“ oder „Schwung“. Das klingt doch toll! Dabei ist Östrogen ein Oberbegriff für eine ganze Reihe von Hormonen aus dieser Klasse. Die wichtigsten sind Estradiol, Estron und Estriol. Der wirksamste und mächtigste Vertreter ist Estradiol. Seine Wirkkraft beschränkt sich nicht nur auf die weiblichen Organe, sondern es beeinflusst auch die Psyche, die Haut, den Fettstoffwechsel, die allgemeine Leistungsfähigkeit oder die Knochendichte. Deshalb kann es während oder nach den Wechseljahren zu verschiedensten Beschwerden kommen.
Und Estron?
Eine Art Stellvertreterfunktion hat das Estron. Es kann bei Bedarf in Estradiol umgewandelt werden. Dies ist vor allem nach der Menopause von größerer Bedeutung, wenn die Eierstöcke als Produktionsort für diese Hormone ausfallen. Denn Estron wird teilweise im Fettgewebe und der Nebennierenrinde gebildet. Über diesen Mechanismus wird dann doch noch eine gewisse Menge Estradiol produziert. Das ist gut so, denn es hat über die Fortpflanzung hinaus noch viele weitere biologische Funktionen.
Und das dritte Östrogen: Estriol?
Estriol wird hauptsächlich während der Schwangerschaft in der Plazenta (Mutterkuchen) hergestellt, weshalb es häufig als Schwangerschaftsöstrogen bezeichnet wird. Lokal wird Estriol vielfach in Form von Vaginalcremes, -zäpfchen oder -tabletten, zum Beispiel bei entzündlichen Veränderungen der Scheidenhaut mit Gewebeschwund während und nach den Wechseljahren, angewendet.
Als weiteres wichtiges weibliches Geschlechtshormon nannten Sie Progesteron. Wie wirkt es?
Progesteron ist bekannt als das Schwangerschafts-Hormon. Daneben hält es aber unsere Stress- und Angst-Reaktionen in Schach, ist also so etwas wie ein Entspannungshormon. Zudem macht es Haut und Haare schöner und sorgt für einen guten Schlaf. Klar, dass das Konsequenzen hat, wenn es mit den Wechseljahren sinkt. Wer es dann zuführt, sollte wissen: Zu viel Progesteron macht müde und dämpft die Stimmung.
Auch Testosteron haben Sie genannt. Ein eher mit Männern assoziiertes Hormon …
Testosteron wird auch von Frauen produziert. Dieses Hormon und die Spiegel sinken nach den Wechseljahren ebenso ab, was sich vor allen Dingen auf die sexuelle Lust negativ auswirken kann. Außerdem stimuliert Testosteron den Aufbau von Muskulatur und Knochen, die Blutbildung und Eisenaufnahme. Auch diese Schutzeffekte lassen nach.
Wie verändert sich der Körper noch, wenn diese Hormone nicht mehr produziert werden – treten dann schneller Alterserscheinungen wie zum Beispiel Knochenabbau, schlaffere Haut et cetera auf?
Wichtig ist vielleicht einmal an dieser Stelle zu sagen, dass nicht diese Hormone für alle Veränderungen in unserem Körper verantwortlich sind, sondern, dass wir eben auch altern. Unsere Haut erneuert sich nicht so schnell, der Knochen wird nicht mehr so kräftig aufgebaut et cetera. Dies sind aber alles natürliche Veränderungen und die schlechte Nachricht ist leider auch, dass man dies nicht durch künstliche Hormone aufhalten kann.
Wie kann man die Wechseljahre medizinisch diagnostizieren?
Theoretisch kann die Gynäkologin alle genannten Hormonwerte bestimmen. Entscheidend sind aber die Symptome.
Viele Frauenärztinnen/Frauenärzte sehen Vorteile in einer Hormonersatztherapie in den Wechseljahren. Wann ist diese sinnvoll, wann nicht?
Die Literatur spricht eigentlich eine ganz klare Sprache: Die Hormonersatztherapie hilft nur den Frauen mit massiven Beschwerden, gut durch diese Zeit zu kommen. Allerdings werden Hormone auch dann nur für einen kurzen Zeitraum von wenigen Jahren bedenkenlos empfohlen. Denn danach überwiegen die möglichen Nebenwirkungen. Vor allem das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Brustkrebs steigt.
Welche Alternativen gibt es, wenn die Symptome nicht so stark ausgeprägt sind?
Die Naturheilkunde hilft sehr gut mit Wasser, Pflanzen, Ernährung, Bewegung und Entspannung. Das Schöne ist, dass ich hiermit meinen ganzen Organismus stärke und somit auch fitter mache gegen all die Erscheinungen, die mit dem Alter einhergehen. Und gerade, weil jetzt der natürliche Schutz der Östrogene geringer wird, ist es wichtig, etwas gesünder zu leben und auf sich zu achten. Damit wir auch noch in vielen Jahren auf dem Tisch tanzen können.
Was ist der Unterschied zwischen synthetischen und bioidentischen Hormonen?
Bioidentische Hormone, die als Alternative zu synthetischen Hormonen seit einigen Jahren auf dem Markt sind, erleben gerade einen echten Hype. Für deren Herstellung werden die Pflanzenstoffe Diosgenin aus der Yamswurzel oder Stigmasterin aus der Sojabohne in einem aufwendigen Prozess in 17-beta-Östradiol und Progesteron umgewandelt. Diese Hormone haben dieselbe chemische Struktur wie die im menschlichen Körper produzierten Botenstoffe.
Hormone stehen leider unter Verdacht, Lungenembolien, Schlaganfälle und vor allem Brustkrebs zu begünstigen. Ist die Gefahr bei bioidentischen Hormonen oder Phytoöstrogenen niedriger?
Auch im Fall der bioidentischen Hormone handelt es sich um eine medikamentöse Behandlung, die in den natürlichen Prozess der hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren eingreift, also letztlich einen natürlichen Prozess „stört“. Langzeitstudien zu dieser Therapievariante fehlen bislang. Aber bereits jetzt weiß man: Bioidentische Hormone sind zwar verträglicher, aber nicht nebenwirkungsfrei. So ist das Risiko für die genannten Erkrankungen genauso erhöht wie bei anderen Hormonen.
Für Frauen, die bereits Brustkrebs hatten oder eine genetische Veranlagung dazu in sich tragen, ist aus diesem Grund jede Hormontherapie – auch mit bioidentischen Hormonen – nicht ratsam.
Dürfen wir fragen, wie Sie die Wechseljahre selbst erlebt haben und ob Sie pflanzliche Mittel oder/und Hormone zur Unterstützung genutzt haben?
Auch für mich kamen die Wechseljahre trotz all meines theoretischen Wissens unerwartet. Plötzlich lag ich nachts wach, fühlte mich, als hätte ich einen inneren Heizstab oder brüllte meine Kinder an und wusste gar nicht mehr, warum. Ich fand vor allem die Stimmungsschwankungen erstaunlich, als wäre ich wieder in der Pubertät. Unglücklicherweise waren meine Kinder zur gleichen Zeit in der Pubertät. Aber als ich geschnallt hatte, dass es an den Hormonen lag, konnte ich gut gegensteuern, musste mich manchmal entschuldigen und habe von meinen Töchtern sogar Verständnis dafür bekommen. Mir persönlich haben pflanzliche, naturheilkundliche Mittel, eine bessere Ernährung und ein paar Wasseranwendungen sehr gut durch die Wechseljahre geholfen.