Lothar Altmeyer geht nach 21 Jahren als Leiter des Sportzweigs am Gymnasium am Rotenbühl in den Ruhestand. Langweilig wird es ihm aber sicher nicht.
Das Lob ist hörbar: „Er ist ein sehr guter Koordinator, der den Erfolg im Sport und den Versuch, das Beste herauszuholen, immer mitgetragen hat. Gleichzeitig hatte er immer im Blick, dass man schulisch nicht abfällt“, sagt Etienne Kinsinger über Lothar Altmeyer. Kinsinger ist 27 Jahre alt und in seiner Gewichtklasse einer der besten Ringer der Welt, der die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris nur knapp verpasst hat. Er absolvierte schon vor einigen Jahren sein Abitur am Saarbrücker Gymnasium am Rotenbühl, an der Lothar Altmeyer über 20 Jahre lang als Leiter des Sportzweiges für optimale Bedingungen sorgte. Zum 31. Juli 2024 geht Altmeyer in den Ruhestand.
Zwei Jahrzehnte erfolgreiche Arbeit
„Es ist also nicht so, dass ich nach dem letzten Schultag alles fallen lasse. Ich werde die Schule auch weiterhin unterstützen und bei dem einen oder anderen Projekt gerne helfen, wo es gewünscht ist“, sagt Lothar Altmeyer. Unter anderem zeichnet er noch für das olympische Jugendlager der Schule verantwortlich, das bis 31. Juli läuft und nachbereitet werden muss. Hinzukommen die Betreuung einiger Erasmus-Programme zum Schüleraustausch, die er selbst angestoßen hatte und einige Sportler, die er auch weiterhin betreuen will. Alle weiteren, dann nichtschulischen Projekte lässt er auf sich zukommen. Schließlich ist er seit acht Jahren Präsident des Saarländischen Leichtathletik Bundes und darüber hinaus in weiteren Ehrenämtern tätig. „Ehrlich gesagt hatte ich bisher noch gar keine Zeit dazu, mich auf die Zeit nach der Schule einzustellen“, gibt der 66-Jährige zu und vergleicht die letzten Monate eines jeden Schuljahres passenderweise mit der Zielgerade eines Lauf-Wettkampfes: „Man kämpft und versucht einfach nur anzukommen. Deshalb habe ich bisher noch keinen Gedanken daran verschwendet, was denn danach, also nach dem Überqueren der Ziellinie, sein wird“, beschreibt er lachend und schiebt nach: „Es wird sich aber sicher ein entsprechendes Betätigungsfeld finden.“
Der 2002 eingeführte Sportzweig des Gymnasiums am Rotenbühl wurde von Altmeyer und Franz Josef „Jupp“ Kiefer konzeptionell entworfen. Damals waren beide noch am Innen- beziehungsweise Bildungsministerium tätig. In der Folge wurde Kiefer Schulleiter und Altmeyer im Mai 2003 erster und bisher einziger Leiter des Sportzweiges. Über 20 Jahre lang hat der Pädagoge die Entwicklung der inzwischen bis weit über die Grenzen des Saarlandes hinaus bekannten „Eliteschule des Sports“ geprägt. Angetrieben von dem Ziel, zahlreichen Sporttalenten im Saarland die bestmögliche Sportförderung parallel zur bestmöglichen Schulausbildung zu ermöglichen. Ein großer Erfolg war beispielsweise die Einführung der Schulzeitstreckung zu G8-Zeiten, mit der die Eliteschüler des Sports ihre gymnasiale Oberstufe um ein Jahr verlängern konnten. „Mir wurden viele Dinge ermöglicht, die an einer gewöhnlichen Schule sicher nicht möglich gewesen wären, wie die Teilnahme an Lehrgängen und Wettkämpfen zu, schulisch gesehen, ungünstigen Zeitpunkten. Lothar steht für den Erfolg dieses Schulmodells“, findet der Etienne Kinsinger, der wie sieben weitere Eliteschüler ein 1,0er-Abi hinlegte. „Ich bin sehr froh, auf dieser Schule gewesen zu sein. Das war für mich ein sehr wichtiger Schritt, um auch später im Männerbereich im Leistungssport ankommen zu können“, sagt der Vorzeige-Athlet und ergänzt: „Lothar ist einfach ein sehr lieber Mensch, der mir immer geholfen hat. Dafür bin ich ihm persönlich sehr dankbar.“
Damit steht der Weltklasse-Ringer nicht alleine. Zahlreiche Absolventen der Schule haben den Übergang in den Erwachsenenbereich gemeistert und gehören in ihren Sportarten zu den Besten in Europa oder gar der Welt: Allein bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio landeten mit dem Schwimmer Henning Mühlleitner (4. Platz), Turnerin Pauline Schäfer-Betz (9. Platz) und Sprinterin Laura Müller (10. Platz) gleich drei frühere Eliteschüler unter den besten zehn ihrer Disziplinen. Der größte sportliche Erfolg eines Schützlings war der Olympiasieg von Josephine Henning mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Frauen 2016 in Rio de Janeiro. Darüber hinaus gab es zahlreiche wichtige Erfolge von Schülerinnen und Schülern, die zu den jeweiligen Zeitpunkten noch zur Schule gingen. Normalerweise ist die Zeit nach der Schule die erfolgreichste in einem Sportlerleben. Doch nicht jeder, der im Schulalter zu den Besten seines Landes oder gar Kontinents gehört, schafft dies auch als Erwachsener. Bezogen auf die Schulzeit ist es demnach der Leichtathletikmannschaft gelungen, die 2017 bei den Schulweltmeisterschaften die Silbermedaille gewonnen hat. „Das war mein absolutes Highlight auf dieser Ebene“, sagt Lothar Altmeyer und schiebt nach: „Natürlich auch, weil es ausgerechnet in meiner Sportart gelungen ist.“
Es gab auch Enttäuschungen
Doch, wie es im Sport so üblich ist, gab es auch Enttäuschungen, die es zu verkraften galt. Beispielsweise, wenn aussichtsreiche Talente die Schule verlassen hatten, um ihr Glück andernorts zu suchen. Nicht immer wurde es dort auch gefunden. Oder, wenn die Karriere trotz großem Potenzial aus unterschiedlichen Gründen vorzeitig beendet werden musste oder die Rahmenbedingungen der jeweiligen Sportart im Saarland nicht mehr für eine angemessene Förderung ausreichten. „Sowas hat es leider immer mal wieder gegeben“, berichtet Altmeyer und nennt vor allem die Sportarten Fußball und Handball, in denen frühzeitige Schulwechsel relativ häufig vorkommen: „Darüber ist man nicht gerade glücklich. Im Gegenteil: Das tut einem dann schon weh, wenn es so passiert, ist aber in der Regel nicht zu ändern.“
Alles in allem schaut Lothar Altmeyer zufrieden zurück und übergibt „ein gut bestelltes Feld. Was die Schule anbelangt, haben wir uns in den vergangenen 20 Jahren schon recht ordentliche Rahmenbedingungen erarbeitet, von denen viele saarländische Talente profitieren“, sagt er und findet: „Natürlich kann man immer noch Dinge optimieren, das ist ja klar. Die Sportstätten-Situation an der Schule selbst ist suboptimal und die Möglichkeiten am Sportcampus Saar sind durch die zunehmende Vermarktung immer mal wieder etwas eingeschränkt. Es wäre also zielführend, die Möglichkeiten an der Schule selbst auszuweiten – beispielsweise mit einer größeren Sporthalle“, schlägt er vor.
Bisher fanden seine Vorschläge stets Gehör. In seiner rund 20-jährigen Tätigkeit am Gymnasium am Rotenbühl arbeitete Lothar Altmeyer mit drei Schulleitern zusammen. „Alle waren sehr sportaffin und haben die Belange des Sportzweiges immer nach Kräften unterstützt“, sagt Altmeyer und bedankt sich dafür von Herzen: „Der Dank gilt auch meinen Kolleginnen und Kollegen. Ohne ein funktionierendes Team, wie wir es waren und sind, kann man diese nahezu gegensätzlichen Anforderungen bei der Vereinbarkeit von Schule und Leistungssport gar nicht bewältigen.“ Auch die Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium und dem Regionalverband Saarbrücken hebt er hervor: „Wir wurden von Anfang an unterstützt, und das wurde über die Jahre sogar immer besser“, weiß Altmeyer und ist sicher: „So können wir den Status der Eliteschule auf Dauer halten und ich gehe davon aus, dass die gute Arbeit durch die gelegten Grundlagen noch viele Jahre so weitergehen wird.“ Nur eben ohne den, der für das Erfolgsmodell bisher gestanden hat.