Die HomBuch findet unter dem Motto „Besondere Begegnungen“ vom 2. bis zum 8. September statt. Schauspielerin Uschi Glas blickt in „Ein Schätzchen war ich nie“ auf ihr Leben zurück. Zur Buchvorstellung begegnet man ihr demnächst in Homburg.
Frau Glas, in Ihrem neuen Buch bezeichnen Sie sich selbst als Rebellin. Wäre Ihr Leben als „Schätzchen“ einfacher verlaufen?
Ja, bestimmt. Aber mir war immer wichtig, nicht alles einfach hinzunehmen. Wenn man mir gesagt hat „Das war immer so“ oder „Das ist jetzt so“, dann war bei mir Zweifel per se. Es war meine Art der Emanzipation, auf die ich durchaus stolz bin.
Dazu passt Ihr Satz: „Im Grunde schwamm ich in allen Lebenslagen gegen den Strom, auch wenn ich mir dadurch manches mit Anlauf und Ansage versaute.“ Zum Beispiel?
Ende der 60er-Jahre, nach „Zur Sache, Schätzchen“, gab es viele Angebote, die ich abgelehnt habe – gegen den Rat meiner Agentin. Weder wollte ich mich dem linken Mainstream des Neuen Deutschen Films unterwerfen, noch mich für eine Filmrolle ausziehen – was damals von einer Schauspielerin erwartet wurde. Mir wurde gesagt: „Entweder schwimmst du mit oder du bist draußen.“ Aber ich wollte nicht lieb und angepasst sein, wie man es damals von mir erwartet hat. Es war heftig, und ich bin deswegen auch ausgebuht worden.
„Vorsicht Glas“ war nicht nur ein Gag bei einem Überraschungsauftritt – Sie nennen es den „Uschi-in-the-Box-Moment“ – in einer Fernsehshow von Michael Schanze im Jahr 1972, sondern blieb Ihnen danach lange als Slogan erhalten. Gilt das nach wie vor?
Die, die mich kennen, wissen, dass ich meine Meinung sage, wenn mir etwas wichtig ist, und auch versuche, andere davon zu überzeugen. Aber es muss niemand vor mir Angst haben. (lacht)
Mutig Stellung bezogen haben Sie bei vielen Themen, zum Beispiel bei der MeToo-Debatte oder kultureller Aneignung. Haben Sie das je bereut? Zum Beispiel, als Sie während der Corona-Pandemie die Covid-Impfkampagne der Bundesregierung unterstützt und daraufhin einen heftigen Shitstorm erlebt haben?
Nein, denn ich war und bin nach wie vor überzeugt davon. Natürlich musste ich auch hier eine Menge aushalten und habe sogar Morddrohungen erhalten, aber den Kopf einziehen und nichts zu sagen, das kann es ja nicht sein.
Unter den vielen Rollen, die Sie im Lauf der Jahre gespielt haben, sind auffallend viele Kämpferinnen und Hoffnungsträgerinnen, mit denen Sie sich vermutlich gut identifizieren können. Was war Ihnen bei den Drehbüchern wichtig?
Ein Happy End! Dort, wo ich mich beim Drehbuch einbringen konnte, habe ich dafür gesorgt, dass der Weg ins Glück führt. Ich bin ein optimistischer Mensch und habe immer die Hoffnung, dass alles gut wird.
Auch Ihre Rollen als „Halbblut Apanatschi“ in einem Film der Winnetou-Reihe sowie Barbara in „Zur Sache, Schätzchen“ haben Ihre Laufbahn geprägt. Wie sehen Sie diese beiden Rollen im Rückblick?
Ich möchte diese Filme nicht missen! Nach wie vor bekomme ich Zuschriften zu Apanatschi. Das rührt mich sehr. Und die Entscheidung, die Rolle der Barbara zu übernehmen, habe ich ebenso nie bereut. Ich wollte diesen Film unbedingt machen, obwohl viele dagegen waren. Aber es war die richtige Entscheidung.
In den 70er-Jahren kam der Punkt, an dem Sie die Chance hatten, international Karriere zu machen, Hollywood war in Reichweite. Warum haben Sie nicht danach gegriffen?
In Amerika hätte ich ganz von vorne anfangen müssen, das hätte viele Jahre gedauert. Aber ich wusste damals schon, dass ich eine Familie haben möchte. Diesen Wunsch wollte ich nicht der Karriere opfern.
In Ihrem Buch erzählen Sie nicht nur von Ihren Kindern und Enkelkindern, sondern auch von Ihrer Kindheit. Was haben Sie von Ihren Eltern fürs Leben mitbekommen?
„Verhalte dich so, dass du abends immer in den Spiegel schauen kannst“ – das hat mir mein Vater beigebracht. Von meiner Mutter habe ich die Ordnungsliebe und das Herz für Menschen in Not geerbt. Auch wenn wir nicht viel hatten, gab es bei uns am Tisch immer noch Platz für jemanden, der Hunger hatte.
Was war Ihnen bei Ihren eigenen Kindern wichtig?
Meine Erziehung war „lieben und vorleben“. Ich wollte ihnen zeigen, wie man höflich ist, respektvoll, und dass man andere Menschen gut behandelt.
In diesem Jahr haben Sie Ihren 80. Geburtstag gefeiert. Sie bezeichnen Älterwerden als „ein Geschenk, das ich gern annehme“, und halten Vertuschungsversuche für „ganz schön bescheuert“. Ihr Rezept, um fit und gesund zu bleiben, lautet „Disziplin, Konsequenz, Kontinuität“, zum Beispiel regelmäßiges Walking und tägliche Bürstenmassagen …
Ja, das ist mir wichtig, um biegsam zu bleiben – nicht im Charakter, aber körperlich. Ich bin ein Mensch, der sich gern bewegt, 10.000 Schritte am Tag sollten es für mich sein. Aber das ist mein Plan für mich. Jeder Mensch muss selbst für sich herausfinden, was ihm guttut. Mein Rat lautet deshalb: Sei dir selbst dein bester Freund.
Im letzten Kapitel schreiben Sie „Für Geschwätz, Belanglosigkeiten und Selbstdarstellung ist mir meine Zeit zu schade“ und versprechen „Ich denke noch lange nicht ans Aufhören“. Womit sind Sie derzeit beschäftigt?
Ich genieße es sehr, meine Enkelkinder beim Aufwachsen zu erleben. Das ist wundervoll und macht mir sehr viel Spaß! Außerdem engagiere ich mich für mein Projekt, den Verein „brotZeit“, bei dem über 16.000 Schulkinder täglich ein Frühstück bekommen. Und natürlich stehe ich nach wie vor vor der Kamera. Meine Spiellust ist ungebrochen, und ich erfreue mich an allen Dingen, die gelingen.