Für den 1. FC Kaiserslautern stand der Fußball zuletzt nicht im Vordergrund. Der Saisonstart steht dennoch vor der Tür.
Eine normale Vorbereitung war es sicherlich nicht. Die Verantwortlichen des Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern mussten Trauerarbeit bewältigen. Nach dem tragischen Unfalltod von Zeugwart Peter Miethe im Trainingslager in Südtirol trainierten die Roten Teufel noch immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ob sich daran in den kommenden Wochen etwas ändert, ist ungewiss. „Wir haben da noch nicht darüber gesprochen. Irgendwann müssen wir aber wieder ein Stück weit zur Normalität übergehen“, sagte Coach Markus Anfang in der vergangenen Woche im Rahmen des Medientages im Fritz-Walter-Stadion und vewies auf die Beerdigung, die in den letzten Julitagen stattfand. „Wir haben für uns gesagt, dass wir bis zu diesem Termin unter uns bleiben wollen“, erklärte Anfang. Er appellierte dabei an das Verständnis von Fans und Öffentlichkeit. „Ich hoffe, dass das in Ordnung für alle ist und dass es respektiert wird. Ich glaube, wenn das letzte Verabschieden hinter uns liegt, dann können wir auch wieder öffentlich trainieren“, sagte der 50-Jährige. Der 62 Jahre alte Miethe, der mehr als 20 Jahre für die Pfälzer tätig war, war bei einem Unfall im italienischen Mals ums Leben gekommen. Der FCK hatte daraufhin sein Trainingslager abgebrochen, ein Testspiel abgesagt und Übungseinheiten ausgesetzt. „Der FCK steht unter Schock. Unsere Herzen sind gebrochen“, teilte der Club in den sozialen Medien mit. Miethe war mehr als 20 Jahre für die Pfälzer tätig und für viele Belange rund um das Team verantwortlich. „Wir trauern gemeinsam mit seiner Familie & seinen Freunden um einen großartigen Menschen“, schrieb der Pokalfinalist der vergangenen Saison. Zugleich bat der Verein darum, „aus Respekt gegenüber den Angehörigen von weiteren Nachfragen abzusehen“.
Auch rein sportlich war die Aufarbeitung der vergangenen Saison und die Kaderplanung für die neue Saison nicht einfach. Mit Julian Niehues und Tymo Puchacz gingen Leistungsträger, mit Philipp Hercher oder Kevin Kraus wurden Spieler abgegeben, die in den Augen der sportlichen Leitung keine Perspektive mehr hatten. Gleichzeitig wurden zweitliga-erfahrene Akteure wie Erik Wekesser, Jannis Heuer und Tobias Kleinhansl geholt - und Drittliga-Torschützenkönig Jannik Mause. Der wichtigste Transfer war für manchen FCK-Fan jedoch die Fest-Verpflichtung von Filip Kaloc, während bei Top-Torjäger Ragnar Ache noch alles offen scheint. Markus Anfang hat als neuer Cheftrainer noch nicht verloren. Sieben Siege gab es in sieben Testspielen, darunter auch nennenswerte Erfolge gegen Qarabag Agdam (3:1), Fortuna Düsseldorf (1:0) oder Holstein Kiel (1:0). Die Skepsis gegenüber seiner Person wollte der Coach durch Leistung entkräften, was ihm bislang gelungen ist. Ein abschließender Test gegen den TSV 1860 München wurde ebenfalls mit 2:0 gewonnen. Wirklich überzeugen kann Anfang dann zum Start, denn in Ulm und gegen Fürth werden die Roten Teufel zu Beginn gefordert sein. Auch Preußen Münster und Hertha BSC werden kurz darauf zum Gradmesser für den Cheftrainer, der sich schon vor Amtsantritt die Tipps von Friedhelm Funkel geholt hatte. Bleibt es bei den positiven Eindrücken, dann war dieser Schachzug wohl Gold wert.
Zimmer schweigt zur Degradierung
Eine Veränderung gab es zudem beim Kapitän der Roten Teufel. „Wir haben lediglich zwei Vorgaben gemacht: Wir wollten einen von den jungen Spielern und einen Neuzugang im Mannschaftsrat“, erklärte Markus Anfang im Anschluss an die mit 2:0 erfolgreiche Generalprobe der Lautrer zur Saisoneröffnung. Dem Rat gehören künftig Marlon Ritter, Daniel Hanslik, Kenny Redondo, Tobias Raschl und Erik Wekesser an. Wekesser repräsentiert damit die Neuzugänge. Als „Jugendvertreter“ wäre des Trainers Darstellung zufolge Raschl anzusehen, der zwar schon 24 Jahre zählt, aber der jüngste im Kreis ist. Jean Zimmer ist damit nach dreieinhalb Jahren nicht nur seine Spielführerbinde, sondern auch seinen Sitz im Mannschaftsrat los. Der 30-jährige kehrte im Januar 2021 aus Düsseldorf nach Kaiserslautern zurück, als der FCK im Abstiegskampf der 3. Liga steckte. Es folgten der Klassenerhalt, der Aufstieg und zuletzt die Etablierung in der 2. Bundesliga plus Einzug ins DFB-Pokal-Finale. „Für mich bleibt Jean dennoch ein wichtiger Ansprechpartner“, betonte der Cheftrainer. „Ich habe mit ihm über die Situation gesprochen, er kennt meine Einstellung. Wir sind da total transparent.“
Aus dem Mannschaftsrat wurde Ritter zum Kapitän gewählt, zu seinem ersten Stellvertreter Redondo, zum zweiten Hanslik. Ritter gilt als einer, der auf dem Platz gerne auch mal ungefragt den Mund aufmacht. Ob seine Wahl auch vor dem Hintergrund zu sehen sei, dass auf dem Platz künftig bei kritischen Situationen nur noch der Kapitän das Wort an den Schiedsrichter richten soll und Ritter als Nicht-Kapitän daher permanent gelb-gefährdet gewesen wäre? „Ich weiß nicht, ob das eine Rolle gespielt hat“, erklärte Anfang schmunzelnd auf eine dementsprechende Frage, so berichtet das Fan-Magazin der-betze-brennt. Zimmer selbst wollte sich nicht zu seiner Degradierung äußern.
Dass der FCK im vergangenen Jahr das Pokalfinale trotz Abstiegskampf erreichte, zeigt, was am Betzenberg nach wie vor möglich ist - und welcher schlafende Riese dort geweckt werden könnte. Nachdem Sportchef Thomas Hengen mit Anfang jedoch schon den dritten Ex-Mitspieler als Coach installierte, bleiben die FCK-Fans vor dem Saisonstart wohl noch vorsichtig. Zudem steckt die Trauer dem gesamten Verein und Umfeld weiter in den Knochen. Eine ruhige Saison würden sicherlich viele dem FCK wünschen.