Sofort fällt sie wieder auf: diese kraftvolle, klare, weiche Stimme. Denn wenn Leyla McCalla so sehnsüchtig wie zielstrebig „I am trying to be free“ singt, dringt das unmittelbar ins Herz. Doch auch die Musik an sich weiß zu betören.
Es ist eine wundersame, geradezu unerhörte Mixtur, die uns hier begegnet. Man spürt deutlich die haitianischen Wurzeln der Singer-Songwriterin, vernimmt aber auch die Traditionen ihrer US-amerikanischen Wahlheimat: Folk, Bluegrass, Jazz.
Und wie sie diese Inspirationen zu etwas Ureigenem vermengt, ist schlicht bezaubernd, immer überraschend, manchmal schrägcharmant. Bisweilen – wie im Opener „Open The Road“ – kommt der quicklebendige Puls nämlich dezent leiernd daher. Das braucht vielleicht etwas Gewöhnung, eröffnet „Sun Without The Heat“ aber sofort mit Finesse und Charakter, nämlich perkussiv, melodiös und stimmlich selbstbewusst.
„Scaled To Survive“ schlägt dann in eine ähnliche Kerbe und macht einfach pure Freude. Was auch dem sympathischen Video dazu mühelos gelingt… „Take Me Away“ driftet mit der elektrifizierten Gitarre, dem pulsierenden Bass und der dichten Rhythmik in Afro-Blues-Gefilde. Auch in dieser Ausdrucksform kann Leyla McCalla leuchtende Magie erzeugen.
Mit jazzigen Vibes gefällt „So I’ll Go“, mit kreolischem Picking „Tree“. Mittendrin duelliert sich eine Fuzz-Gitarre mit Bass und Schlagzeug. Scheuklappenfreier kann man nicht musizieren. Und es lohnt auf die Texte zu hören! Eine Frau, die sich in einen Baum verwandelt, weil sie daran zweifelt jemals geliebt zu werden, wird uns ja selten in Liedform präsentiert …
Der folkige Title-Track thematisiert unser ständiges „Ja, aber…“: Den Ozean ohne das Tosen oder die Sonne ohne die Hitze gibt es eben nicht. Wunderbar spielfreudig und infizierend kraftvoll geht es weiter mit „Tower“ und „Love We Had“. Die Saiten und Trommeln wirken wie entfesselt. McCalla beherrscht übrigens sehr viele Saiten: jene von Gitarren, dem Banjo und dem Cello. Erst zum Ende dieses feinen, beseelten Albums wird es besinnlich-ruhig.