Drei Fragen
„Games-Branche braucht Sicherheit“
Die deutsche Spieleindustrie weiß bis zum heutigen Tag nicht, wieviel Fördergelder für die Entwickler von Computerspielen zur Verfügung stehen werden, warnt der Geschäftsführer des Bundesverband Game, Felix Falk.
Herr Falk, es gibt eine Wachstumsbranche in Deutschland, die in den letzten Jahren auf dem Vormarsch war: Stottert nun der Motor bei der Entwicklung von Computerspielen?
Wir haben jetzt ein paar Jahre ein Wachstum bei Games erlebt. Das war natürlich den Lockdowns geschuldet, die Menschen haben mehr Zeit zu Hause verbracht und wollten trotzdem unterhalten werden. Die Bundesregierung hat für den Wachstumsbereich Computerspiele Fördergelder bereitgestellt. Durch diese Unterstützung haben wir die gleichen Standortbestimmungen gehabt wie in anderen Ländern. Wir waren damit konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt. Nun drohen uns laut dem vorgeschlagenen Bundeshaushalt 2025 massive Kürzungen.
Wie groß werden die Kürzungen bei der Förderung von Spieleentwicklern im kommenden Jahr ausfallen?
Das kann jetzt im Sommer noch niemand überschauen, da der Haushalt erst im Herbst im Bundestag verabschiedet wird. Aber ich gehe davon aus, es werden einige Millionen weniger sein und damit wird es für die Entwickler von Computerspielen in Deutschland in Zukunft schwieriger, Games auf den Markt zu bringen, die dann international zu vernünftigen Preisen verkauft werden können. Deutschland liegt bei der Nutzung von Games auf Platz fünf innerhalb Europas, doch der Großteil der gebuchten Spiele kommt aus dem Ausland. Damit kommen die umgesetzten Umsätze und damit Steuern auch nicht hier an.
Was heißt das in Zahlen, wieviel Millionen Euro könnten den Spieleentwicklern gestrichen werden?
Momentan stehen 50 Millionen Euro im Bundeshaushalt, das sind 20 Millionen weniger als in diesem Jahr. Wie gesagt, da ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen. Was uns als Bundesverband Game ärgert, bei Kulturstaatsministerin Claudia Roth liegen derzeit noch weitere 33 Millionen, die bislang durch die Entwicklerfirmen nicht abgerufen werden konnten, da es zwischen Kanzleramt und dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium ganz offensichtlich Schwierigkeiten bei der Abstimmung gibt. Dieses Geld liegt dort seit Anfang Januar, kann aber nicht ausgezahlt werden und so etwas ist für die Entwicklerfirmen nicht gut, da sie keine Planungssicherheit haben. Ein Computerspiel aufzusetzen kostet Millionen und so etwas muss geplant werden. Interview: Sven Bargel
„500 Abgeordnete reichen“
Der Bund der Steuerzahler hat sich für eine weitere Verringerung der Bundestagsabgeordneten ausgesprochen. Zukünftig sollen es laut der Wahlrechtsrechtsreform nur noch 630 Volksvertreter im Bundestag sein, anstelle von derzeit 733. Doch das Urteil des Verfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform geht dem Bund der Steuerzahler nicht weit genug. „Die Grundmandatsklausel durfte nicht einfach gekippt werden, da das Urteil zugleich nur ein Teilerfolg ist: Die Karlsruher Richterinnen und Richter haben die Abschaffung der Überhang- und Ausgleichsmandate bestätigt. Doch damit müsste die Größe des Bundestags weiter deutlich reduziert werden“, so der Steuerzahlerbund. „500 Abgeordnete reichen aus“.
Um seine Forderung zu unterstützen, startet der Steuerzahlerbund eine Unterschriften-Kampagne im Internet. Jetzt ist erneut der Bundestag am Zug, um das Bundeswahlgesetz nochmal zu ändern.
Schuldenbremse durch Sondervermögen ergänzen
Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, will wichtige Investitionen in die Infrastruktur Deutschlands mit einem zusätzlichen Sondervermögen finanzieren. Er sei zwar nicht dafür, die Schuldenbremse zu lockern, aber: „Die Schuldenbremse darf keine Zukunftsbremse sein“, so der Grünen Politiker.
„Wir brauchen die Möglichkeit, ein Sondervermögen über Kredite aufzubauen, das nur für ganz bestimmte Investitionszwecke überhaupt verwendet werden darf“, so Kretschmann. Als Beispiel gilt für ihn der Ausbau des Wasserstoffnetzes, was dringend angegangen werden müsse. Kretschmann erläutert zum Wasserstoffnetz: „Wir haben heute so gut wie keinen grünen Wasserstoff, das ist noch Zukunftsmusik. Aber dass der kommen wird, ist völlig unbestritten. Dann braucht man diese Netze, und wer die dann nicht hat, gerät sofort in enorme Wettbewerbsprobleme“, so der Ministerpräsident der Grünen in Baden-Württemberg.
FDP will Nationalität von Straftätern nennen
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat mit einer Forderung eine politische Kontroverse ausgelöst: Geht es nach Djir-Sarai, sollen zukünftig nach begangenen Straftaten, die Nationalitäten der Tatverdächtigen genannt werden dürfen. Bislang wird dies von den Innenbehörden von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt. FDP und auch die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag plädieren nun für ein einheitliches Vorgehen aller Strafverfolgungsbehörden bundesweit. Danach soll die Nationalität Tatverdächtiger künftig generell Teil jeglicher behördlicher Mitteilungen zu Straftaten sein. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), unterstützt den FDP-Generalsekretär bei dessen Forderung. „Grundsätzlich sollten Behörden im Zusammenhang mit Straftaten auch die Nationalität von Tatverdächtigen benennen“, so Frei.
Im Verkauf mangelt es an Nachwuchs
Das neue Ausbildungsjahr hat längst begonnen, nur im Handel herrscht immer noch ein erheblicher Mangel an Nachwuchs. Der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg wurden fast 490.000 Ausbildungsstellen gemeldet, doch viele der Stellen konnten nicht besetzt werden. Nach einer ersten Überschlagsrechnung des Deutschen Handelsverbandes blieb eine von fünf Ausbildungsstellen unbesetzt. Doch der Handelsverband gibt sich zuversichtlich. „Aktuell werden noch sehr viele Ausbildungsverträge für das Ausbildungsjahr 2024/2025 ausgehandelt und dann auch hoffentlich geschlossen. Unversorgte Bewerber und Bewerberinnen und ausbildende Unternehmen können also noch bis weit in den Herbst hinein zusammenfinden“, so Katharina Weinert, HDE-Abteilungsleiterin Bildungspolitik und Berufsbildung.
Haushalt
Loch von fünf Milliarden
Ursprünglich waren es 17 Milliarden Euro, die im kommenden Jahr im Bundeshaushalt fehlen könnten. Doch Mitte Juli sah es so aus, als würden im Bundeshaushalt 2025 alle Schuldenrisiken ausgeräumt sein, die Finanzplanung stand, so die Bundesregierung, und dabei wurde sogar die Schuldenbremse eingehalten. Doch nun die Warnung von Bundesfinanzminister Christian Lindner: Er sieht für die Finanzierung des Bundeshaushalts 2025 nun doch überraschend eine Lücke. „Die Größenordnung, über die wir jetzt noch sprechen, beträgt nach meiner Einschätzung etwa fünf Milliarden Euro“, so Lindner. Doch der FDP-Bundesfinanzminister ist zuversichtlich eine Einigung innerhalb der Ampelregierung zu erreichen. „Ich will nur eines unterstreichen: Ich will einen Haushalt im Rahmen der Verfassung“, so Lindner. Über Wege zur Finanzierung der noch offenen fünf Milliarden Euro im Bundeshaushalt will er öffentlich nicht reden, sondern dies innerhalb der Bundesregierung erstmal besprechen.
Luxemburg debattiert über LGBTQ+
Sollen LGBTQ+ Themen in Schulen behandelt oder aus Schulen verbannt werden? In Luxemburg hat eine Petition großen Zuspruch erhalten, die fordert, diese Themen aus den Unterrichtsplänen für Minderjährige zu entfernen. Es gehe darum, dass minderjährigen Kindern „die richtige Bildungsorientierung“ garantiert wird. Wären sie zu früh damit befasst, könne das zu einer „Störung der psychopädagogischen Entwicklung der Kinder“ führen. Nötig sind 4.500 Unterschriften, damit die Petition im Chambre, dem Parlament, behandelt wird. Die kamen in wenigen Tagen zusammen. Gleichzeitig ist eine Gegen-Petition auf den Weg gebracht worden. Die fordert sogar eine Ausweitung. In einer modernen Gesellschaft sollten unter anderem LGBTQ+-Themen in die Lehrpläne für Minderjährige aufgenommen werden, „um das soziale Verständnis unabhängig vom sozioökonomischen, ethnischen, religiösen oder familiären Hintergrund der Kinder zu fördern“. Es gehe darum, Homophobie und Transphobie sowie jede andere Form von Diskriminierung oder Rassismus zu bekämpfen, „indem allen Kindern von klein auf die Werte des Respekts und der Akzeptanz des ,Anderen‘ vermittelt werden“. Die Gegenpetition hat das Quorum binnen drei Tagen geschafft. Damit müssen beide Petitionen – nach Prüfung ihrer formalen Korrektheit – im Parlament diskutiert werden.
Bürokratie lähmt Ärzte-Anerkennung
Seit Beginn von Russlands Invasion haben mehr als 1.600 geflüchtete Mediziner aus der Ukraine in Deutschland ihre Approbation beantragt. Das heißt, dass sie hier als anerkannte Ärzte arbeiten möchten. Doch nur 200 Anträge wurden bisher bewilligt. „Diese Bilanz ist verheerend“, kritisiert Gerald Gaß, Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft. „Fachkräfte im Bürgergeld-Bezug zu belassen, statt sie dort einzusetzen, wo sie dringend gebraucht werden, können wir uns schlicht nicht mehr leisten.“
Schuldenbremse durch Sondervermögen ergänzen
Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, will wichtige Investitionen in die Infrastruktur Deutschlands mit einem zusätzlichen Sondervermögen finanzieren. Er sei zwar nicht dafür, die Schuldenbremse zu lockern, aber: „Die Schuldenbremse darf keine Zukunftsbremse sein“, so der Grünen-Politiker.
„Wir brauchen die Möglichkeit, ein Sondervermögen über Kredite aufzubauen, das nur für ganz bestimmte Investitionszwecke überhaupt verwendet werden darf“, so Kretschmann. Als Beispiel gilt für ihn der Aufbau des Wasserstoffnetzes, was dringend angegangen werden müsse. Kretschmann fordert einen Ausbau des Wasserstoffnetzes: „Wir haben heute so gut wie keinen grünen Wasserstoff, das ist noch Zukunftsmusik. Aber dass der kommen wird, ist völlig unbestritten. Dann braucht man diese Netze, und wer die dann nicht hat, gerät sofort in enorme Wettbewerbsprobleme“, so der Ministerpräsident der Grünen in Baden-Württemberg.
FDP will Nationalität von Straftätern nennen
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat mit einer Forderung eine politische Kontroverse ausgelöst: Geht es nach Djir-Sarai, sollen zukünftig nach begangenen Straftaten, die Nationalitäten der Tatverdächtigen genannt werden dürfen. Bislang wird dies von den Innenbehörden von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt. FDP und auch die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag plädieren nun für ein einheitliches Vorgehen aller Strafverfolgungsbehörden bundesweit. Danach soll die Nationalität Tatverdächtiger künftig generell Teil jeglicher behördlicher Mitteilungen zu Straftaten sein. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), unterstützt den FDP-Generalsekretär bei dessen Forderung. „Grundsätzlich sollten Behörden im Zusammenhang mit Straftaten auch die Nationalität von Tatverdächtigen benennen“, so Frei.
Overshoot Day
Am 1. August hat die Menschheit die natürlichen Reserven des Planeten für dieses Jahr verbraucht und lebt seither sozusagen von der „zweiten Erde“.
Umgerechnet bedeutet das, dass die Menschheit in diesem Jahr die Ressourcen von 1,7 Erden verbraucht. Der „World Overshoot Day“ markiert den Raubbau an den Ressourcen. In Deutschland war dieser Tag bereits am 2. Mai erreicht. Würden alle Menschen so leben wie wir in Deutschland, dann bräuchten wir jährlich drei Erden. Es gibt allerdings Anzeichen, dass sich die Anstrengungen der letzten Jahren auszahlen. Seit etwa zehn Jahren stagniert die Erdüberlastung – allerdings auf sehr hohem Niveau. Und durch den massiven Ausbau erneuerbarer Energien, vor allem in den G-20-Staaten, könnte möglicherweise die Nutzung von Kohle und Öl inbesondere bei der Stromerzeugung einen Höhepunkt erreicht haben. Dazu trägt im Übrigen auch China mit massivem Ausbau erneuerbarer Energien bei. Experten drängen aber auch auf eine dynamische Entwicklung von Kreislaufwirtschaft, also Müllvermeidung, Mülltrennung und Recycling.
Stromnetz: Erste Umbauvorschläge
Deutschlands Stromnetz muss umgebaut werden, um erneuerbaren Energien und geringem CO2-Ausstoß Rechnung zu tragen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat daher nun erstmals Vorschläge für ein neues System vorgelegt. In Zukunft sollen erneuerbare Energien aus Wind und Sonne den größten Teil der Stromversorgung abdecken. Es gibt aber auch „Dunkelflauten“, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint. Dann sollen als Backups neue Gaskraftwerke sowie Speicher einspringen, um zu jedem Zeitpunkt eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten. Über einen Kapazitätsmechanismus sollen nun Anbieter im Zuge von Ausschreibungen dafür honoriert werden, dass sie Kraftwerkskapazitäten für alle Fälle bereitstellen – auch wenn sie nicht rund um die Uhr Strom produzieren. Das Wirtschaftsministerium nannte in einem Papier vier Handlungsfelder. Dazu gehört neben der künftigen Reform der erneuerbaren Energien auch mehr Flexibilität bei der Stromnutzung, etwa Anreize, damit Nutzer ihr E-Auto dann laden, wenn der Strom günstig ist.
Italien
Zwiespältige China-Reise
Die italienische Regierungschefin Georgia Meloni ist zu mehrtägigen Gesprächen nach China gereist. Im Mittelpunkt steht offensichtlich der Versuch, abgekühlte Wirtschaftsbeziehungen neu zu beleben. Italien war Ende letzten Jahres aus dem chinesischen Projekt „Neue Seidenstraße“ ausgestiegen. Italien war als einziges Land der führenden Industrienationen (G 7) an dem Projekt beteiligt. Die „Neue Seidenstraße“ ist ein weltweites Infrastruktur- und Investitionsprojekt für globale Handelswege. Es umfasst Straßen und Eisenbahnlinien, Häfen und Flughäfen. China wird vorgeworfen, damit andere Länder in eine Abhängigkeit zu bringen. Melonis Besuch fällt in eine Zeit, in der auch die Spannungen zwischen der EU und China zugenommen haben (Stichwort: Strafzölle). Meloni soll auf ihrer China-Reise den Spagat versuchen, China einerseits zu kritisieren, andererseits als (notwendigen) Partner zu gewinnen. Das betrifft die Ukraine-Politik Pekings, aber eben auch die Handelsbeziehungen. Meloni hat sich offensichtlich auch für die im Mai angekündigte Partnerschaft zwischen dem europäischen Autokonzern Stellantis (zu dem auch Fiat gehört) und einem chinesischen Elektroauto-Startup eingesetzt.
Wiegand Will's Wissen
Blickpunkt Europa
Einige Europaabgeordnete haben in den Ferien mehr im Kopf als nur Erholung: Es sind die vor der Pause des Europäischen Parlaments frisch gewählten Vorsitzenden der 24 Ausschüsse und Unterausschüsse. Durch die Hände dieser Politikmacher wandert jeder Gesetzesentwurf. An den Ausschussspitzen stehen gleich sieben Deutsche, darunter der Ex-Ministerpräsident von Niedersachsen David McAllister (CDU) bei Außenpolitik. Der drittgrößte Ausschuss beackert hohe geopolitische Spannungen. „Es gibt keine Schonfrist für uns“, befürchtet McAllister mit Blick auf Russland und andere Probleme.
McAllister-Parteifreund Niclas Herbst, ein schleswig-holsteinischer Unternehmensberater, hat den delikaten Job als Vorsitzender der Haushaltskontrolle. Um den Binnenmarkt kümmert sich erneut die grüne Berufspolitikerin und Wahl-Chemnitzerin Anna Cavazzini. Auch im Handelsausschuss nichts Neues: Dauereuropäer (seit 1994) und Sozialdemokrat Bernd Lange (Oldenburg) bleibt die Schlüsselfigur. Im Verfassungsausschuss schwingt Christdemokrat und Juraprofessor Sven Simon (Hessen) das Zepter.
Kräftiger Karrieresprung für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) als EP-Neuling: Sie ist auf Anhieb Vorsitzende des neuen Unterausschusses für Verteidigung geworden und fordert: „Wir brauchen einen Schrittwechsel in der europäischen Sicherheit.“ Ein politischer Neuling, VOLT-Vertreterin Nela Riehl aus Hamburg, will sich das komplizierte Thema Kultur und Bildung zutrauen.
Nicht alle Ausschussvorsitzenden werden künftig vorne stehen. Ihr Einfluss hinter den Kulissen ist aber groß. Man sollte die Namen im Auge behalten.
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung.