Als Regisseurin gelangen ihr Ende der 60er-Jahre zwei Kino-Hits, die damals auf hintergründige Art Zeitkritik übten. Die heute 83-jährige Lubitsch-Preisträgerin hat sich 1983 vom Film zurückgezogen und lebt immer noch in Schwabing.
Obwohl May Spils sich schon 1983 aus der Filmbranche zurückgezogen hatte, gab es in diesem Jahr ein Wiedersehen mit einer ihrer Regie-Arbeiten auf der Filmleinwand: Unter dem ursprünglich schon geplanten Titel „Aktion Schmetterling“ erscheint 2024 die Komödie „Mit mir nicht, du Knallkopp“ in einer überarbeiteten und digital restaurierten Version im 16:9-Format.
Spils letzter Film ihrer kurzen Karriere lief 1983 aus verleihtechnischen Gründen nur ganz kurz in den Kinos, weil sich infolge eines Unfalls des Hauptdarstellers Werner Enke die Dreharbeiten stark verzögert hatten und der Film viel zu spät und ohne Presseunterstützung in die Kinos kam.
Der Film mit Werner Enke als tollpatschiger Fußballstar steht ganz in der Tradition von Spils etwas früher erschienenen Anti-Establishment-Filmen, zu denen neben den sensationell erfolgreichen „Zur Sache, Schätzchen“ und „Nicht fummeln, Liebling“ auch noch „Hau drauf, Kleiner“ (1974) und „Wehe, wenn Schwarzenbeck kommt“ (1979) zählen. „Mit mir nicht, du Knallkopp“ blieb damals wegen der kurzen Vorführzeit beim Publikumszuspruch hinter den hohen Erwartungen– auch von Spils selbst – zurück. Wahrscheinlich war aber in den gewandelten 80er-Jahren die Zeit für diese Art von Gesellschaftskritik durch Nichtstuer- oder Gammlerfilme vorbei. „Uns sind irgendwie die Feinde ausgegangen“, blicken Spils und ihr Hauptdarsteller und Lebenspartner Werner Enke auf ihre Anfangsjahre zurück.
Klassiker als DVDs erschienen
Beide zogen jedenfalls schnell die Konsequenzen und stiegen aus dem Filmgeschäft aus. Die junge Filmemacherin, nach eigenen Worten „die erste deutsche Regisseurin nach dem Krieg“, gab allerdings auch gesundheitliche Gründe für ihren Rückzug an: Spils litt längere Zeit unter einem starken Tinnitus und wollte sich dem Stress des Regieführens nicht mehr aussetzen. Der hintergründige Geist ihrer Komödien ist aber auch heute noch zu spüren und etliche ihrer kultigen Sprüche haben nicht nur bei den damaligen Fans überlebt. Möglicherweise gewinnt Spils ja durch die Knallkopp-Neubearbeitung „Aktion Schmetterling“ wieder ein neues Publikum, zumal ihre Klassiker inzwischen nach und nach auch als DVD erschienen sind. Das bringe aufgrund des Alters der Filme zwar finanziell nicht viel, aber, so Spils bei „epd Film“, „wir leben ja schließlich nicht ewig und wollen, dass sie auf dem Markt sind.“
Die Filmemacherin dachte lange Zeit, dass „unsere größten Fans fast schon im Rollstuhl sitzen, so lange ist das her“, aber erfreulicherweise gebe es immer noch ein interessiertes junges Publikum für die alten, oft stark improvisierten Schwabing-Komödien. Spils schaut heute selbst gerne auf die damaligen stürmischen Zeiten zurück, als sie vor dem dörflichen Spießertum über Paris nach München geflohen war: „Wir waren ständig im Kino und anstatt dass wir aufs Smartphone geglotzt haben, waren wir in Cafés und Kneipen und haben über Filme diskutiert.“
So sei sie damals auch zum Film gekommen. Bei einem Besuch mit Freunden bei den Internationalen Kurzfilmtagen in Oberhausen habe sie sich sämtliche Filme angesehen und dann festgestellt: „Das kann ich auch.“ Kurz danach entstanden ihre ersten eigenen Kurzfilme „Das Portrait“ und „Manöver“, von denen ersterer sogar den 3. Preis beim Internationalen Filmfestival Mannheim gewann. Spils‘ zehnminütiger Erstling „Das Portrait“, in dem sie eine Malerin beim Anfertigen eines Selbstporträts spielt, ist seit 2023 auch im Streamingportal der Deutschen Kinemathek zu sehen. Die Mitglieder ihrer damaligen Schwabinger Kino-Clique, zu der auch Filmemacher wie Klaus Lemke oder Peter Schamoni gehörten, sei später zunehmend eigene Wege gegangen, weil alle so erfolgreich waren, dass sie sich wegen der vielen Arbeit nicht mehr so häufig zu sehen bekamen.
Sie sucht selten die Öffentlichkeit
Spils hat früher neben Drehbüchern auch Kurzgeschichten, einen Roman und ein Theaterstück geschrieben, jedoch eine Veröffentlichung strikt abgelehnt. Nach der erfolgreichen Zeit als Filmemacherin, die ihr 1968 sogar den Bundesfilmpreis als „Filmband in Gold“ und 1970 den renommierten Ernst-Lubitsch-Preis eingebracht hatte, zog Spils sich, ebenso wie Werner Enke, weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück und taucht heute allenfalls innerhalb ihres Münchener Freundeskreises auf. Sie hat auch keine Autobiografie geschrieben und ist so gut wie nie in TV-Shows oder Dokumentationen zu sehen.
Sie wurde in den vergangenen Jahrzehnten mal auf der Biennale geehrt, gibt selten Interviews und steht ansonsten ihrem langjährigen Lebensgefährten, „dem Enke“, zur Seite.
Vor ein paar Wochen zeigte sich das Paar, das sich nach wie vor nur beim Nachnamen nennt, bei einer Münchener Vernissage, auf der Enke seine in jüngerer Zeit entstandenen, farbenfrohen Bilder ausstellte, die er „Hobbyismus“ nennt.