Geht es nach den Plänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), sollen sich Bund und Länder die geschätzten Gesamtkosten von 50 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren teilen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.
Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit und erfahrener Gesundheitspolitiker, ist besorgt über die geplante Krankenhausreform, die derzeit im Bundestag diskutiert wird. Der CDU-Politiker, der zuvor als Staatssekretär im Bundesarbeits- und Bildungsministerium tätig war und seit sieben Jahren die gesetzliche Krankenkasse DAK-Gesundheit leitet, sieht ernsthafte Probleme bei der finanziellen Umsetzung der Reform. Diese „KlinikRevolution“, wie sie von Gesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnet wird, soll im September oder Oktober dieses Jahres verabschiedet werden. Die geplante Reform sieht eine umfassende Umstrukturierung der deutschen Krankenhäuser vor, die über die nächsten zehn Jahre 50 Milliarden Euro kosten soll. Die Kosten sollen hälftig zwischen dem Bund und den Ländern aufgeteilt werden, wobei Storm kritisiert, dass die Länder ihre Anteile auf die gesetzlichen Krankenkassen abwälzen wollen.
Storm äußert starke Bedenken gegenüber dieser finanziellen Verteilung. Er argumentiert, dass die gesetzlich Versicherten, die bereits durch steigende Beiträge belastet sind, die Hauptlast der Reform tragen werden. Privatversicherte und Beamte hingegen bleiben weitgehend von den finanziellen Belastungen der Reform verschont. Dies sei aus seiner Sicht eine ungerechte Belastung für die gesetzlich Versicherten, die ohnehin schon mit höheren Beitragssätzen konfrontiert sind. Laut einer von der DAK-Gesundheit in Auftrag gegebenen Umfrage könnte der Beitragssatz für Arbeitnehmer bis 2035 von derzeit 16,3 auf 19,3 Prozent steigen, wenn der Staat nicht entsprechend reagiert. Storm fordert daher einen Stabilitätspakt für die gesetzliche Krankenversicherung, um die Finanzierungslücke zu schließen und die Versicherten nicht weiter zu belasten.
Ungleiche finanzielle Belastungen führen zu massiver Kritik an der geplanten Reform
Storm weist darauf hin, dass die Prognosen für die finanziellen Auswirkungen der Reform noch nicht in den aktuellen Zahlen berücksichtigt sind. Dies bedeutet, dass die Belastungen für die gesetzlich Versicherten möglicherweise noch weiter steigen könnten, wenn die Reform wie geplant umgesetzt wird. Er fordert eine gerechtere Lösung, um die finanziellen Lasten fairer zu verteilen und die gesetzliche Krankenversicherung nicht weiter zu belasten.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach hingegen verteidigt die Reform entschieden. Lauterbach betont, dass die Reform notwendig sei, um die Qualität der Patientenversorgung in Deutschland zu verbessern. Deutschland habe die höchsten Ausgaben pro Kopf für Krankenhäuser in Europa, aber die Ergebnisse seien nicht zufriedenstellend. Lauterbach sieht die Reform als Chance, die Versorgungsqualität zu steigern und die Kosten langfristig zu senken. Er weist darauf hin, dass die Reform darauf abziele, spezialisierte Kliniken für bestimmte medizinische Eingriffe einzurichten, um eine bessere und effizientere Versorgung zu gewährleisten.
Professor Dr. med. Jochen Schmitt von der Universität Dresden, der an der Entwicklung der Reform maßgeblich beteiligt ist, unterstützt Lauterbachs Position. Schmitt relativiert die Sorgen um die Versorgungssicherheit und versichert, dass die Reform nicht zu einer Verschlechterung der Notfallversorgung führen werde. Er betont, dass es nicht darum gehe, dass Rettungswagen lange Strecken zurücklegen müssen, um Patienten zu versorgen. Vielmehr solle die Reform sicherstellen, dass nicht jedes Krankenhaus alle Behandlungsbereiche vorhalten muss, sondern dass spezialisierte Kliniken für bestimmte medizinische Eingriffe zuständig sind. Dies solle die Patientenversorgung verbessern und gleichzeitig die Kosten senken.
Trotz der Unterstützung von Lauterbach und Schmitt gibt es erhebliche politische und praktische Bedenken. Die Ministerpräsidenten der Länder sind parteiübergreifend besorgt über die Auswirkungen der Reform auf die Kliniklandschaft in ihren Regionen. Während viele von ihnen die Notwendigkeit anerkennen, die Gesundheits- und Klinikkosten zu kontrollieren, befürchten sie die politischen Konsequenzen von Klinikschließungen in ihren Wahlkreisen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt, dass in diesem Jahr weitere 80 Kliniken vor der Insolvenz stehen könnten. Zudem sei die Zahl der Klinikbetten von 30.000 auf etwa 20.000 gesenkt worden, und diese Zahl könnte auf bis zu 16.000 sinken.
In diesem Kontext sind die Diskussionen über die Krankenhausreform weiterhin angespannt. Auch wenn der Bundestag das Gesetz im September oder Oktober verabschieden sollte, ist es ungewiss, ob es in seiner derzeitigen Form den Bundesrat passieren wird. Die Ministerpräsidenten und Lokalpolitiker könnten versuchen, Änderungen durchzusetzen oder die Reform zu blockieren, was die Zukunft der geplanten Umstrukturierung der Krankenhäuser in Deutschland weiter ungewiss machen würde. Es bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Verhandlungen entwickeln und ob eine Lösung gefunden wird, die sowohl den finanziellen Anforderungen als auch den Bedürfnissen der Patienten gerecht wird.