Mit den Boxprofis Jürgen Doberstein und Alexander Lorch hat das Saarland derzeit einen erfahrenen und einen aufstrebenden Supermittelgewichtler. Beide bestreiten ihre nächsten Kämpfe im September.
Er war eine Zeit lang wie vom Erdboden verschluckt – jedenfalls in der Öffentlichkeit. Doch nun ist der „Dobermann“ zurück. Am 28. September 2024 wird Boxprofi Jürgen Doberstein in der Joachim-Deckarm-Halle in Saarbrücken um den Weltmeistertitel im Supermittelgewicht des Global Boxing Council (GBC) kämpfen. Die dritte „Ursapharm Fight Night“ beginnt um 18 Uhr, der Hauptkampf von Doberstein gegen Twaha Kassim aus Tansania steigt voraussichtlich gegen 22 Uhr.
Jürgen Doberstein wurde 1989 in Kasachstan geboren und zog 1998 mit seiner Familie ins Saarland. Dort begann er im Alter von neun Jahren mit dem Boxen. Schnell machte er sich einen Namen und gewann zahlreiche Titel, darunter mehrfache Jugend- und Junioren-Saarlandmeisterschaften, die südwestdeutsche Meisterschaft und die deutsche Vize-Meisterschaft bei den Junioren. Mit 16 Jahren boxte Doberstein bereits in der Oberliga, ein Jahr danach bereits in der 2. Bundesliga. Nach dem Gewinn der Berliner Meisterschaft wurde er mit 18 Jahren Profiboxer. In seiner Karriere konnte er mehrere Titel gewinnen: Deutscher Meister bei den Senioren, IBF-Junioren-Weltmeister, WBF-Intercontinental-Champion, IBF-Mediterranean-Champion und WBA-Intercontinental-Champion.
Doberstein zog sich drei Jahre zurück
Dass es um ihn in den vergangenen Monaten still geworden ist, erklärt Jürgen Doberstein so: „Ich bin da von der alten Schule. Ich will keine Show abziehen, bevor nicht meine Leistung passt. Ich habe mich deshalb in den vergangenen drei Jahren etwas aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und mich voll auf mein Training konzentriert.“ Dieses absolviert er inzwischen mit unterschiedlichen Trainern, aber seit drei Jahren ohne Cheftrainer: „Ich plane und koordiniere alles selbst – vom Training bis hin zur Ernährung“, verrät der 35-Jährige und stellte dabei fest: „Ich habe meine über die Jahre erzielten Bestzeiten und Bestwerte im Training allesamt verbessert. Ich bin durch die Hölle gegangen, aber ich bin im Moment so fit wie nie. Ich habe dabei bewiesen, dass ich keinem anderen glauben muss als mir selbst.“
Zu dieser Erkenntnis kam er vor allem durch das autodidaktische Training: „Das Programm passt nur auf mich. Wenn ich anderen meine Intensitäten empfehlen würde, würde ich ihre Gesundheit gefährden. Nicht jeder ist dafür gemacht“, berichtet er und verrät: „Nach sportwissenschaftlichen Grundsätzen mache ich an mancher Stelle zu viel. Aber ich sehe das nicht so und habe gemerkt, dass ich es brauche, auch im Training an mein Maximum zu kommen – bis es eklig wird.“ Nur so könne er im Kampf das Beste aus sich herausholen und durchhalten, wenn es mal schwierig wird: „Das werde ich am 28. September beweisen“, sagt er und verspricht seinen Fans und allen anderen Zuschauern einen Boxkampf „auf höchstem Niveau. Und zwar auf einem Niveau, auf dem ich bisher noch nicht war. Die Leute, die zu einem WM-Kampf kommen, wollen genau das sehen. Das werde ich zeigen und für mich, meine Fans und das ganze Saarland den Titel holen.“ Boxlegende Axel Schulz, der die Veranstaltung zusammen mit Sportjournalist Tobias Drews kommentieren wird, drückt ihm dafür die Daumen: „Er ist in einer hervorragenden körperlichen Verfassung und ich gehe davon aus, dass er es seinem Gegner nicht einfach machen wird.“ Sein Gegner, Twaha Kassim aus Tansania, ist 32 Jahre alt und steht in der Weltrangliste vor Doberstein.
Drei Wochen vorher, am 7. September, findet ab 18 Uhr die 13. Ausgabe der Boxing Night des berühmten Boxstalls Universum Box Promotion in der Kölner Motorworld statt. Im Supermittelgewicht wird der Saarländer Alexander Lorch an den Start gehen. „Das ist bisher der wichtigste Kampf meiner Karriere“, sagt Lorch.
Lorch setzt auf den Faktor Zeit
Gut eine Woche nach seinem jüngsten Sieg im Mai 2024 hatte ihn der renommierte Boxstall Universum kontaktiert und ihn gefragt, ob er einen Kampf im Rahmen der Deutschlandtour bestreiten möchte. Genauer gesagt umringt von WBC-Titelkämpfen in der mit rund 3.500 Zuschauern wohl ausverkauften Kölner Motorworld. „Da musste ich nicht lange überlegen und habe natürlich gleich zugesagt. Sein Gegner heißt Allen Bauer und kommt ursprünglich aus Rheinland-Pfalz. Der 21-jährige Bruder vom „Löwen aus der Pfalz“ Leon Bauer (25), ebenfalls Boxprofi und als amtierende IBF und IBO-Champion recht erfolgreich, hat bisher jeden seiner sechs Profikämpfe gewonnen. Und zwar jeweils durch K. o. Zuletzt stand er in einem spektakulären Kampf gegen Kevin Kirchner im Ring. Beide Boxer gingen zwischenzeitlich zu Boden – doch Bauer behielt letztlich die Überhand und damit auch seine weiße Weste. „Ich sehe mich hier nicht als Außenseiter“, sagt Alexander Lorch selbstbewusst: „Ich bin erfahren genug und kann gut mit der Ausgangslage umgehen. Ich denke, dass es ein 50-50-Kampf sein wird, bei dem es darauf ankommt, wer besser reinkommt.“ Der 28-jährige Saarländer hat 14 seiner 15 Profikämpfe gewonnen – acht davon durch K. o. Auch er setzt mit seiner Sportart wie die Bauers eine Familientradition fort. Sein Vater und Trainer Uwe Lorch (57) war Deutscher Meister im Cruisergewicht und hatte in seiner aktiven Karriere zwölf Profikämpfe bestritten (acht Siege, vier Niederlagen). Viele davon, auch zahlreiche Amateurkämpfe, hat Sohn Alexander hautnah miterlebt, alle Facetten der Sportart regelrecht aufgesogen und sie zu seiner Passion gemacht. Im Alter von zwölf Jahren trat Alexander schließlich dem ASC Dudweiler bei, für den er 55 Amateurkämpfe absolvierte, von denen er 40 gewann. Heute ist er selbst als Profi unterwegs und Vater Uwe über seine Aufgabe als Trainer hinaus auch als Punkt- und Ringrichter international tätig. Aufgrund ihrer langen und tiefen Verbundenheit im Geschäft sind sich die die Box-Familien Lorch und Bauer also schon länger bekannt. „Die Bauers wissen, dass ich sein bisher härtester Gegner bin“, betont Alex Lorch.
Auf seinen Kampf gegen Allen Bauer hat sich Lorch gewohnt intensiv vorbereitet, inklusive Trainingslager auf Mallorca. „Wir haben einen großen Wert auf viele Sparring-Kämpfe gelegt und waren dafür oft bei den Profis in Ludwigshafen zu Gast. Dort wurde ich quasi durchs Feuer geschickt“, berichtet Alexander Lorch von den Kämpfen, in denen er selbst zwölf Runden im Ring blieb, ihm aber alle vier Runden ein neuer, frischer Sparringspartner vorgesetzt wurde. „Der Kampf ist auf sechs Runden angesetzt. Der Gegner wird von Anfang an nach vorne gehen und alles versuchen, mich schnell auf die Bretter zu schicken. Er hat bisher nie länger als drei Runden im Ring gestanden. Wenn er sich ausgetobt hat, dann komme ich.“ Passend zu seinem Kampfnamen „Hier kommt Alex“. Für den Fall, dass Bauer in seinem siebten Kampf anders agieren wird als in den vorigen, hat Lorch durch seinen Gang durchs Feuer ja ohnehin vorgesorgt.