Die Restwerte von E-Autos sind seit Monaten unter Druck. Heißt: Stromer aus Zweiter Hand sind derzeit teils günstig zu haben. Warum das so ist und worauf Interessenten achten sollten, bevor sie den Kaufvertrag unterschreiben.
Nicht gut standen die Zeichen Mitte Dezember 2023. Der Staat hatte die Förderprämie für E-Autos gerade fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Damit stand die Befürchtung im Raum: Jetzt können sich noch weniger Menschen den Umstieg auf Elektromobilität leisten. Auch Gebrauchte – gerade war Hoffnung auch in diesen Markt gekommen – wurden schlagartig teurer. Doch was passierte seitdem? Die Autohersteller starteten eine Rabattschlacht, um den durch den Umweltbonus angestachelten Absatz nicht abstürzen zu lassen. Was folgte, ist nur logisch: Weil die Preise für Neuwagen dadurch in die Nähe junger Gebrauchter abrutschen, müssen diese günstiger angeboten werden, um sie überhaupt loszuwerden. Was verschärfend dazukommt, ist der aktuell schwächelnde Absatz von Neuwagen, was Nachlässe weiter befeuert.
Die Restwerte von E-Autos aus Vorbesitz stehen mit sinkenden Neuwagenpreisen „deutlich unter Druck“, schreibt die Deutsche Automobil Treuhand GmbH (DAT) in ihrem jüngsten Jahresreport. Prominentes Beispiel, das die These stützt, ist der saftige Rabatt, den Tesla zuletzt – wenn auch nur zeitlich begrenzt – auf das Model Y einräumte, das damit erstmals unter 40.000 Euro zu haben war.
Noch vor einigen Jahren war der Gebrauchtwagenmarkt von E-Autos so gut wie nicht existent. Auch jetzt noch ist er vergleichsweise klein. Im vergangenen Jahr gingen 97.430 Stromer in die Hand neuer Besitzer über, so die Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes in Flensburg. Ein Anteil von 1,6 Prozent an allen gebraucht gehandelten Stromern. Aber der Markt wächst, auch die Auswahl wird größer. Vor allem zwei bis vier Jahre alte Leasing-Rückläufer werden vakant – „mit überschaubarer Laufleistung und gutem Pflegezustand“, schreibt etwa der ADAC. Der Anteil von Privat wird sich später erhöhen, Grund sind die längeren Haltedauern.
Zahlreiche Leasingrückläufe
Die Website „Kfz-Betrieb“, Online-Sprachrohr des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK), berichtete mit Verweis auf Zahlen des Marktforschungsunternehmen Dataforce, 2024 kämen 233.000 gebrauchte Elektroautos in den Markt zurück. Gegenüber 2023 ist das ein prognostizierter Anstieg um 85 Prozent. In den kommenden Jahren werde sich das Volumen weiter erhöhen. Und Ajay Bhatia, CEO von mobile.de, sagt: „Da immer mehr gebrauchte E-Autos auf den Markt kommen, gehen wir davon aus, dass die Fahrzeuge durch den resultierenden Preisverfall für die Allgemeinheit noch erschwinglicher werden.“
Weiteres Futter für Sparfüchse: In der Regel liegen die Wartungskosten für Elektrofahrzeuge weit unter denen eines vergleichbaren Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor. Ölwechsel und Wartungen anderer Verschleißteile, die bei E-Autos nicht verbaut sind – beispielsweise der Abgasstrang – entfallen, erklärt Jan Schnellhardt vom Tüv Thüringen. Und von der Kfz-Steuer sind E-Autos bis Ende 2030 auch befreit. Wechselt das E-Auto den Halter, wird die Steuerbefreiung weitergegeben.
Reichweitenangst, fehlende Infrastruktur, hohe Preise und die Annahme, die Technologie sei noch nicht ausgereift, sind für viele potenzielle Käufer laut DAT-Report zwar oft noch Hinderungsgründe. Doch die Technik-Skepsis kann konterkariert werden. Den e-Golf von VW etwa, basierend auf der siebten Generation des Kompaktklassemodells, kürte der „Auto Bild TÜV-Report 2024“ aufgrund „äußerst geringer“ Mängelquoten zum Sieger in der Kompaktklasse. Grundsätzlich gilt: Man sollte prüfen, wie viel Reichweite man im Alltag wirklich benötigt. Durchschnittlich bewegen Halter und Halterinnen ihr Auto täglich nicht mehr als 34 Kilometer. Wer also kurz pendelt oder am Arbeitsplatz Strom zapfen kann, kommt womöglich mit 150 Kilometern Reichweite und längeren Ladezeiten hin. Wer aber als Vertreter die Kilometer nur so schrubbt, sollte auch die Ladeleistung beachten, sprich, wie schnell Saft für die Weiterfahrt in die Zellen fließt.
Beim Stromtanken aber droht ein Fallstrick: Gerade ältere E-Autos laden noch mit Wechselstrom (AC), das zieht sich. Mehr Alltagsnutzen versprechen das Schnellladen per Gleichstrom (DC) sowie neuere Modelle, deren Antriebsbatterien zuletzt auch in puncto Kapazität viel potenter geworden sind.
Was beim Stromer weiter Zweifel sät, ist jedoch das Durchhaltevermögen der Batterie. Der Antriebs-Akku ist das teuerste Teil eines E-Autos. Muss er ausgetauscht werden, kann das den wirtschaftlichen Totalschaden das Autos bedeuten. Ein ADAC-Dauertest hat ergeben, dass die Akkus recht robust sind. Beim Autoclub Europa (ACE) heißt es: „Moderne E-Auto-Antriebsbatterien halten normalerweise die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs stand: Bei den meisten aktuellen Modellen sind sie für eine Laufleistung von etwa 800.000 Kilometern ausgelegt.“
Dennoch raten Experten dringend dazu, den Gesundheitszustand (state of health) der Batterie bei Gebrauchtfahrzeugen vorab auszulesen. Den Akku-Check bieten Sachverständige der DAT, aber auch Organisationen wie Tüv und Dekra oder der ADAC sowie einige Autohäuser an. Kosten: zwischen 100 und 200 Euro. Bei manchen Modellen lässt sich der SoH-Wert aber auch über die OBD-Schnittstelle via Smartphone-App und OBD-Dongle kostengünstiger selbst auslesen.
Von Vorteil ist auch, wenn der Stromspeicher noch unter die Garantie fällt: Mittlerweile ist bei den meisten Herstellern eine Garantiezusage von acht Jahren oder 160.000 Kilometern normal. Sie hängt allerdings von Bedingungen ab – zum Beispiel, wie oft man an der Schnellladesäule war. Der ACE rät deshalb, sich vom Autoverkäufer schriftlich bestätigen lassen, „dass die Herstellergarantie übertragen wird und alle Garantiebedingungen des Herstellers bis zum Zeitpunkt des Verkaufs eingehalten wurden“. Hier kommen fünf empfehlenswerte E-Autos:
VW ID.3: Golf-Nachfahre für die Langstrecke
Der ADAC konstatiert bei VWs erstem, als reines E-Auto konstruiertem Modell: Der seit Mai 2021 verfügbare ID.3 komme auf Langstrecken „prima zurecht“. Der Grund: die mit bis zu 77 kWh üppig bestückte Batterie, die in der Praxis Reichweiten von 400 Kilometern mit einer Ladung ermöglicht. Schnellladen bis 160 kW ist möglich. Den Verbrauch taxiert der ADAC nach einem Software-Update durch VW auf 19,3 kWh pro 100 Kilometer inklusive Ladeverluste. Einst für 48.550 Euro angepriesen, sind dreijährige Gebrauchte aktuell ab gut 19.000 Euro zu haben.
Renault ZOE: Günstiger Klassiker für Pendler
Der französische Kleinwagen, seit Frühjahr 2013 im Handel, zählt zu den Klassikern. Damit bieten ältere Modelle – ab rund 5.500 Euro aktuell angepriesen – auch einen günstigen Einstieg in die E-Mobilität. Bei allen Zoes gilt: Günstige Gebrauchte fahren oft mit Mietakku, der monatliche Kosten verursacht. 2019 kam eine überarbeitete Version mit 52 kWh heraus. Ein ADAC-Test ergab: Mittelstrecken von 200 bis 300 Kilometern sind kein Problem, damit sei der Zoe „für Berufspendler prima geeignet“. Vorteil: Wechselstrom, an städtischen Säulen häufig Standard, kann er mit 22 kW Ladeleistung nutzen. Schwachpunkt: eine recht schnell alternde Batterie. Gebrauchte Zoe mit dem großem Mietakku werden ab rund 12.000 Euro inseriert.
BMW i3: Kunststoff-Avantgardist für die Stadt
Das erste E-Auto der 2010 gegründeten BMW-Submarke i kam 2013 auf den Markt. Der Kleinwagen war auch das erste Serienfahrzeug mit CFK-Fahrgastzelle. Für Gebrauchtwagen-Interessenten fungiert der i3 mit dem 22-kWh-Akku wohl als reines Stadtauto. Reale Reichweite: rund 130 Kilometer. Die Modellpflege von 2018 verdoppelt die Kapazität fast auf 42,2 kWh (Modellbezeichnung i3 120 Ah); über 200 Kilometer sind möglich. Niedrige Betriebskosten attestiert der ADAC. Gebrauchte, dreijährige i3 120 Ah werden online für um die 16.000 Euro angeboten.
Tesla Model 3: Im Preissturz auf die Autobahn
Das Mittelklassemodell, seit 2019 am Markt, war zwischenzeitlich das meistverkaufte E-Auto der Welt. Auf der Habenseite: bei wenigstens 283 PS sehr sportliche Fahrleistungen und laut ADAC schon in der Basisvariante mit 52 kWh-Batterie eine reale Reichweite von mehr als 300 Kilometern. Gemäß der versprochenen Lebensdauer des Akkus von 1.500 Ladezyklen dürfte es – ADAC-Messwerte zugrunde gelegt – ab 450.000 Kilometern für die Zellen zur Neige gehen. Es gibt das Modell aber auch mit 82 kWh-Akku. Der ADAC rät aufgrund oft erheblicher Mängel bei der Kfz-Hauptuntersuchung, zur Besichtigung immer einen Fachmann hinzuzuziehen. Gebrauchte finden sich auf den Portalen ab etwa 18.500 Euro. Bemerkenswert: Zweijährige Modelle sind in den vergangenen rund zwei Jahren um fast 20 Prozent im Preis abgesackt.
Hyundai Kona Elektro (1. Generation): Sparsam und reisetauglich
Elektro trägt die E-Version sicherheitshalber im Namen, denn den Kona gibt es auch konventionell befeuert. Als Stromer, im Sommer 2018 eingeführt, ist er sehr genügsam: In der Stadt genehmigt er sich laut ADAC lediglich 14 kWh, damit zählt er zu den sparsamen Stromern. Außerorts, wo durch Rekuperation weniger zurückgewonnen wird, zieht er mit über 20 kWh aber mehr weg. Zwei Akkugrößen gibt es für den kompakten E-SUV: 39,2 und 64 kWh. Vor allem mit dem größeren Speicher sei das Auto angesichts einer Reichweite von „fast 380 Kilometern“ reisetauglich. Wechselstrom fließt mit bis 7,2 kW in die Zellen, Gleichstrom bis zu 100 kW Ladeleistung. Wer mit fast leerem Akku (zehn Prozent) an die CCS-Säule fährt, hat eine knappe Stunde Zeit für eine ausgedehnte Kaffeepause, bis der Akku wieder auf 80 Prozent ist. Preislich geht es bei rund 16.000 Euro los.