Durch einen Sieg gegen Meister Magdeburg den Supercup gewonnen: Für die Füchse Berlin begann die neue Saison erfolgreich wie nie zuvor. In der nächsten Woche startet der Hauptstadtclub in die Champions League.
Im Herbst 2011 starteten die Berliner zum ersten Mal in der Champions League. Als einziger Spieler der heutigen Mannschaft war Fabian Wiede damals dabei. Für den 17-jährigen, der noch zum A-Jugend-Team gehörte, war es ein besonderes Erlebnis. „Ich habe alles aufgesogen, die Reisen, die Hallen, die ganze Atmosphäre war beeindruckend“, erinnert er sich. „Die meiste Zeit habe ich zwar auf der Bank gesessen, kam erst für die letzten zwei, drei Minuten rein, wenn das Spiel gelaufen war. Ich habe mich aber über jede Minute gefreut, die ich auf dem Feld stehen durfte.“ Als Neuling in diesem Wettbewerb spielten die Füchse eine fulminante Saison. Nach drei Gruppenspielen, Achtel- und Viertelfinale erreichten sie im Frühjahr 2012 das Final Four in Köln und wurden am Ende sensationell Vierter. Im Jahr darauf spielten die Berliner erneut im wichtigsten Wettbewerb des europäischen Handballs, schieden jedoch im Achtelfinale aus.
„Belohnung für die starken Leistungen“
Jetzt sind die Berliner zurück in der Königsklasse. „Es ist eine Belohnung für die starken Leistungen in der letzten Saison“, findet Sportvorstand Stefan Kretzschmar. Da hatte der Hauptstadtclub in der Bundesliga Platz zwei belegt, es war die beste Platzierung seit dem Wiederaufstieg 2007. „Wir wollen das Abenteuer Champions League genießen“, stellt er klar, „aber wir sind auch sehr ambitioniert. Wir wollen um die ersten beiden Plätze mitspielen“. Nach Hin- und Rückspielen in der acht Teams umfassenden Vorrundengruppe wäre man damit direkt für das Viertelfinale qualifiziert. Die Mannschaften von Platz drei bis sechs können die Runde der besten Acht noch über Play-off-Spiele erreichen.
Die Füchse haben mit dem elfmaligen französischen Meister Paris Saint-Germain und dem Handballclub aus Veszprem, der bis zum Ende der letzten Saison noch unter dem Namen des Sponsors Telekom spielte, zwei absolute Hochkaräter erwischt. Die Ungarn, die viermal im Finale der Champions League standen, jedoch nie gewannen, sind am kommenden Donnerstag auch der erste Gegner im Fuchsbau. Zu ihrem international besetzten Kader gehören mit Ludovic Fabregas und Nedim Remili zwei französische Olympiasieger und mit dem Isländer Bjarki Elisson auch ein ehemaliger Füchse-Spieler. „Diese Partien werden eine riesige Herausforderung“, formuliert Trainer Jaron Siewert. „Aber unser 16-Mann-Kader ist eine gute Mischung aus international erfahrenen Spielern und erfolgshungrigen Talenten.“ Damit meint der Coach einerseits Spieler wie die dänischen Olympiasieger Mathias Gidsel und Lasse Andersson, sowie andererseits U21-Weltmeister wie Nils Lichtlein, Max Beneke, Matthes Langhoff und Torhüter Lasse Ludwig. Mit Siegen in der Champions League will der Hauptstadtclub weiter an internationalem Renommee gewinnen. „Wir sind in den letzten Jahren zum Weltclub gereift“, sagt Siewert und verweist auf den dreimaligen Triumph seiner Mannschaft in der European League und den zweimaligen Sieg bei der IHF-Vereinsweltmeisterschaft.
Auf jeden Fall wird in den nächsten Monaten eine höhere Belastung auf Spieler und Trainerteam zukommen. Vergangene Saison in der European League zum Beispiel mussten die Füchse bis Dezember nur sechs Partien bestreiten. Jetzt in der Königsklasse werden es zehn sein. Also vier Spiele zusätzlich zum ohnehin fordernden Bundesliga-Alltag. „Das wird unsere Motivation nur anstacheln“, ist sich Jaron Siewert sicher. „Ich erwarte von allen, dass sie das Bestmögliche aus sich herausholen.“ Für den 30-jährigen Trainer ging es in den letzten Jahren ohnehin steil nach oben. 2020 führte er Tusem Essen in die Bundesliga, wechselte anschließend zu den Füchsen und wurde mit ihnen Vierter, zweimal Dritter und zuletzt Zweiter in der Meisterschaft.
In jedes Spiel gehen, als sei es das Finale
Auch die anderen Gegner in der Vorrunde werden die Berliner fordern. Mit Dinamo Bukarest und Sporting Lissabon machten sie vor einem Jahr in der European League Bekanntschaft. Während gegen den rumänischen Meister zwei Siege gelangen, hatten die Berliner gegen das portugiesische Topteam zweimal das Nachsehen. Der polnische Meister und Pokalsieger Wisla Plock gehört seit Jahren zu den etablierten Teams im europäischen Handball. Für die Champions League hat er sich weiter verstärkt, unter anderem mit einem der größten europäischen Torhütertalente, dem Isländer Viktor Hallgrímsson. Für den HC Pelister 08 aus dem nordmazedonischen Bitola und HC Frederica aus Dänemark bleibt angesichts dieser Konkurrenz wohl nur die Außenseiterrolle. Zu Überraschungen sind beide Teams jedoch jederzeit in der Lage, schätzt Fabian Wiede. „Deshalb müssen wir uns in jedem Spiel reinhängen, als wäre es ein Finale.“ So wie die Champions League für ihn einst zu einem prägenden Erlebnis am Karrierebeginn wurde, könnte sie es jetzt auch für Tim Freihöfer werden. Der Linksaußen, fünf Jahre älter als Wiede damals und im Sommer 2023 auch U21-Weltmeister ist bereits voller Vorfreude und schwärmt: „Von solchen Spielen wie gegen Paris oder Veszprem träumt man als kleiner Junge“. Für ihn und alle anderen im Team wird aus dem Traum jetzt Realität.