Der Komponist Günther Fischer arbeitete mit Stars wie Marlene Dietrich und Manfred Krug. Zu seinem 80. Geburtstag hat er nun seine Biografie veröffentlicht.

Musik für über 700 Filme, seit den 70er-Jahren auch für Hollywood, etliche Platten, Tourneen und die großen Hits mit Manfred Krug: Günther Fischer, der gerade 80 wurde, ist ein Jazzmusiker und Komponist von Weltrang. Im Vogtland aufgewachsen, lebte er viele Jahre in Gosen bei Berlin, ehe er Deutschland 1997 verließ und sich in Irland niederließ. Seine Lebensgeschichte schrieb er jetzt in „Günther Fischer: Autobiografie“, veröffentlicht im Verlag „neues leben“ auf. Ohne Co-Autor und in nur drei Monaten habe er das Buch geschrieben, sagt Günther Fischer.
Songs für den DEFA-Film „Solo Sunny“
Mit den Songs für „Solo Sunny“ schrieb er die Musik zum erfolgreichsten DEFA-Film. Mit zeitlos schönen Liedern für Manfred Krug („Das war nur ein Moment“) schuf er praktisch ein eigenes Genre. Ursprünglich sollte in Englisch gesungen werden, was die Kulturfunktionäre in Ostberlin aber nicht wollten, wie sich Günther Fischer erinnert. In diesem Fall war das ein Segen. Ideen habe er immer. Woher sie kommen, könne er nicht sagen, erklärt der stets bescheiden wirkende Musiker. Entscheidend sei nur: „Die Musik muss einfach sein, aber überzeugen!“
Seiner Heimat Deutschland fühle er sich nach wie vor verbunden, ist auf Nachfrage zu erfahren: „Außerdem machen mir meine Konzerte hier großen Spaß. Selbst meine Kinder fahren am liebsten nach Deutschland in den Urlaub“, sagt der Jazzstar. Dennoch gelte: „Irland war für mich und meine Familie eine der besten Entscheidungen meines Lebens, nicht zuletzt, weil man die Perspektive eines Einwanderers kennenlernen durfte.“
Doch Brandenburg sei er treu geblieben, sagt der Mann, der ein weiteres Haus im Tessin besitzt: „Oft besuche ich Neuruppin, Angermünde, Bad Freienwalde, Potsdam oder auch Brandenburg/Havel, wo ich mich zu Hause fühle. Auch im Theater am Rand in Zollbrücke bei Tobias Morgenstern habe ich viele schöne Stunden verbracht“, so der Musiker, der seit 52 Jahren mit seiner Petra, einer früheren Fachärztin, verheiratet ist.
Wenn er in Deutschland ist, kehrt er oft an den Seddinsee nach Gosen zurück, auch zu den früheren Nachbarn: „Hier gibt’s den besten Kuchen von Gosen“, lächelt Günther Fischer, der heute im irischen Kinsale lebt. Auch den Scharmützelsee, auf dem er einst mit Freund und Kollege Armin Mueller-Stahl segelte, besuche er dann und wann. Zu seinen Freundschaften zählt er hier Emöke Pöstenyi, Startänzerin des DDR-Fernsehballetts und dessen spätere Choreografin sowie Witwe von Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase, die bei Bad Saarow lebt.
Im Buch selbst geht der Saxofon-Virtuose (Stilrichtungen Jazz, Soul und Rock) auch auf das Zerwürfnis mit seinem musikalischen Partner und Freund Manfred Krug (1937 – 2016) ein. Der hatte Fischer– ohne Beweise – Stasi-Kontakte vorgeworfen und nach der Wende bei Filmproduzenten Stimmung gegen ihn gemacht. Auch Armin Mueller-Stahl soll von Günther Fischer laut Krug bespitzelt worden sein, was sich später als falsch herausstellte.
Manfred Krug verließ die DDR 1977 nach seinem Protest gegen die Wolf-Biermann-Ausbürgerung Richtung Westberlin. Günther Fischer blieb, war ein weltweit gefragter Komponist und gleichzeitig Devisenbringer für die DDR. In seiner Autobiografie schreibt er auch aus dem Nähkästchen, etwa, dass er eine seiner ersten Wohnungen hin und wieder Manfred Krug überlassen musste: „Manchmal musste ich spazieren gehen ...“

Seit den 70er-Jahren arbeitete Günther Fischer auch international, unter anderem fürs Wiener Burgtheater und das Schauspielhaus Zürich. Er schrieb die Musik für „Schöner Gigolo, armer Gigolo“, den letzten Film mit Marlene Dietrich. Die habe ihm in Paris beigebracht, wie man Austern isst, und sprach mit ihm Deutsch, als einzigem am Set. In Hollywood liefert er unter anderem den Soundtrack für „Nightkill“ mit Robert Mitchum. Auf Tournee ging er mit Gisela May, Armin Mueller-Stahl, Ute Lemper, Shirley Bassey und Gitte Haenning.
Im Buch geht es aber auch um die Anfänge in der Klaus-Lenz-Band und um sein eigenes Günther-Fischer-Quartett (später Quintett). Zwar musizierte er bereits 1964 zur Eröffnung des „Café Moskau“ vor SED-Parteichef Walter Ulbricht in Ostberlin. Doch auch märkische Gefilde spielten früh eine Rolle: „Die Konzerthalle Bad Freienwalde ist ein Veranstaltungsort meiner Band seit Ende der 60er-Jahre, den ich sehr schätze. Den Uckermärkischen Bühnen Schwedt bin ich seit Jahren verbunden. Hier wurde mein Musical ‚Marilyn‘ aufgeführt“, so der 1944 in Teplitz-Schönau geborene Bandleader, der 2024 noch in der Kulturkirche Neuruppin (28. September mit Uschi Brüning) und im Nicolaisaal Potsdam (9. November mit Uschi Brüning) auftritt.
Im Buch hebt Günther Fischer seinen Freund und Kollegen Rainer Oleak aus Hoppegarten hervor. Mit dem Komponisten würden ihn viele Projekte verbinden. Oleaks Tonstudio zähle zu den besten in Brandenburg und Berlin. „Wenn ich in Berlin bin, kann ich in Oles ‚Tonscheune‘ Musik aufnehmen.“ In der Lektüre kommen Weggefährten wie Gojko Mitic, Henry Hübchen und Andreas Dresen und Wolfgang Schneider, seit 57 Jahren Fischers Schlagzeuger, zu Wort. Tenor: Günther Fischer, ein Genie, das sich spielend allen Genres anpasst.