In „Ezra – eine Familiengeschichte“ reist ein Vater mit seinem Sohn durch die USA. Problem: Das Kind ist Autist, und der Vater hat es entführt.

Auf der Suche nach guten Geschichten nimmt sich die Film- und Fernsehbranche auch hin und wieder ungewöhnlichen Krankheiten an. Es gilt, etwas Spannendes über körperliche oder mentale Besonderheiten durch den Protagonisten oder die Protagonistin zu erzählen – vor allem, wenn es um eher unbekannte Krankheiten geht wie den Autismus.
„Rain Man“ (1988) mit Tom Cruise und Dustin Hoffman ist das genial gelungen. Sheldon Cooper in der TV-Serie „The Big Bang Theory“ zeigt seine autistischen Eigenschaften auf schrullige und sympathische Weise. Im deutschen Film „Wochenendrebellen“ (2023) findet der Vater zu seinem autistischen Filmsohn durch Fußballgucken wieder Kontakt. Auch die Tragikomödie „Ezra – eine Familiengeschichte“ ist eine Vater-Sohn-Geschichte und zeigt die Herausforderungen, die das Leben mit einem autistischen Kind mit sich bringt.

Max bastelt an seiner Karriere als Stand-up-Comedian. Der große Durchbruch lässt aber auf sich warten. Privat ist Max’ Leben angespannt: Seine Frau Jenna hat ihn aus dem Haus geschmissen und lebt nun alleine mit Ezra, dem autistischen Sohn. Also ist Max, mittlerweile Mitte 40, bei seinem eigensinnigen Vater Stan einzogen. Max kümmert sich aber weiter intensiv um Ezra und will, dass er ein normales Leben führt. Aber in der Schule kommt Ezra nicht gut klar, sodass seine Mutter, die Lehrer und die Ärzte den Jungen auf eine Förderschule schicken wollen. Und ein paar Medikamente zur Beruhigung wären auch mal fällig, finden sie. Um diesen Plänen und irgendwie auch den ewigen Streitereien mit seinem eigenen Vater zu entkommen, schnappt sich Max einfach seinen Sohn und fährt weg. Auf dem Roadtrip quer durch die USA lernen sich die beiden besser kennen, und Max merkt, dass Ezra ihm viel ähnlicher ist, als er bisher glaubte.
Robert De Niro rührt zu Tränen
Der junge Schauspieler William A. Fitzgerald stellt Ezra nicht ganz kantenlos dar. Ezra ist nicht nur für die Filmeltern anstrengend, sondern zuweilen auch für die Zuschauer. Er will nicht berührt werden, er benutzt ausschließlich Plastikbesteck und er fasst spontan die Ohrläppchen anderer Menschen an. „Autistischen Kindern geht alles am Arsch vorbei“, sagt Vater Max, der ja allerdings auch nicht vor Vernunft strahlt. Bobby Cannavale spielt Max als egoistischen Hitzkopf, der seine Wut über das Bildungssystem mit seiner Bürokratie und über die kommerzielle Pharmakultur freien Lauf lässt. Max will nicht akzeptieren, dass ihm Regeln und Vorschriften diktieren, was er mit seinem Sohn tun darf und was nicht. Kein Wunder also, dass seine Ehe gescheitert ist. Ex-Frau Jenna (Rose Byrne) ist nämlich ein Alptraum an Helikoptermutter, die sich in einem Regelwirrwarr verzettelt und Ezra keine Freiheit lässt.

Einen starken Auftritt hat Hollywood-Veteran Robert De Niro als Max’ Vater Stan. Etwas knuffig ist der ehemalige Koch, der einen guten Draht zu seinem Enkel hat, weil er ihn einfach mal so akzeptiert wie er ist. Aber so wie Max und Ezra ihre Kämpfe ausfechten, steht auch Stan mit Sohn Max im Zwist. Denn Vater und Sohn hadern nach Jahrzehnten mit dem Trauma, dass Stan einst seine Frau aus ihren Leben verjagt hat. Erst durch Max’ Flucht mit seinem Sohn erinnert sich Stan an seine Schuld und bittet seinen Sohn um Entschuldigung, die De Niro so gut vorträgt, dass da manche Träne fließen kann.
„Ezra“ ist routinierte Hollywood-Kost mit einigen sehenswerten Wendungen, die jene Verzweiflung zeigen, die Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen haben. Regisseur Tony Goldwyn lässt „Ezra“ im Finale aber etwas zu sehr ins Melodrama abdriften. Das eher versöhnliche Ende hätte etwas mehr Tiefe verdient, denn Ezra ähnelt seinen Leidensgenossen Rain Man, Sheldon Cooper, um zu überraschen.