Am letzten Septemberwochenende finden in Saarbrücken die „Tage der Bildenden Kunst“ statt. Im Nauwieser Viertel freuen sich die Künstlerinnen Annette Marx und Ruth Bellon auf Besucher.
Bald öffnen Künstlerinnen und Künstler wieder die Türen ihrer Ateliers. Seit über 20 Jahren organisiert das Kulturamt der Landeshauptstadt Saarbrücken die „Tage der Bildenden Kunst“. Auch in diesem Jahr werden wieder knapp 100 Ateliers, Galerien und Museen an der Veranstaltung teilnehmen. Und so können Kunstinteressierte ein Wochenende von einem Kunstatelier zum nächsten spazieren, Kunst anschauen und mit Kunstschaffenden ins Gespräch kommen. Ein Höhepunkt ist dabei das Nauwieser Viertel mit 18 teilnehmenden Ateliers. Das Nauwieser Viertel in Saarbrücken ist bekannt für sein besonderes Flair. In dem Viertel gibt es nicht nur Kneipen, Restaurants, kleine Geschäfte und Secondhandläden, auch Künstler haben hier Wohnungen und Räume gefunden. Zwei dieser Ateliers prägen derzeit das Straßenbild in der Cecilienstraße, die beide an den „Tagen der Bildenden Kunst“ ihre Türen öffnen. Die Ateliers von Annette Marx und Ruth Bellon liegen gleich nebeneinander und ziehen mit ihren unterschiedlich gestalteten, großen Schaufensterfronten viele Blicke an.
Raumhohe Schaufenster locken die Blicke an
Bereits seit zwölf Jahren hat Annette Marx ihr Atelier in der Cecilienstraße 33. In dem großen Schaufenster zur Straße gestaltete die Künstlerin, die in Völklingen geboren wurde, einen Vorhang von sehr kleinen Zeichnungen, Malereien und Collagen, die sie an Schnüren über- und nebeneinander hängte. Diese ungewöhnliche Schaufenstergestaltung ist einerseits ein Blickfang, andererseits erlaubt sie der Künstlerin, dahinter diskret ihre Staffeleien aufzustellen. Schon von der Straße aus sieht man ihre großen Gemälde an den Wänden, die auch aneinander-gelehnt auf dem Boden stehen. Das Atelier mit den gekachelten Wänden versprüht genau den kreativen Charme, den man von einem Künstleratelier erwartet. Direkt daneben, unter der gleichen Adresse, hat Ruth Bellon Ende letzten Jahres ihren „Kunst Raum Cecilie 33“ eröffnet. Auch hier beherrscht ein raumhohes Schaufenster zur Straße hin den Raum, die Wirkung ist jedoch eine ganz andere. Alles ist hell, aufgeräumt und strukturiert. Nicht nur Gemälde sind zu sehen, auch Keramiken. Die gezeigten Kunstwerke stammen von verschiedenen Kunstschaffenden.
Denn eines war Ruth Bellon von Anfang an klar. Sie wollte dieses Atelier nicht allein nutzen, sondern auch anderen Kunstschaffenden zur Verfügung stellen. Es ist weder eine professionelle Galerie, noch ein reines Atelier. Es ist ein Raum, in dem man Kunstwerke anschauen und erleben kann, ein „Kunst Raum“ eben. Die beiden Künstlerinnen, Annette Marx und Ruth Bellon, sind nicht nur Atelier-Nachbarinnen, sie kennen sich gut, sind befreundet. Und beide arbeiten gern mit anderen Künstlern und Künstlerinnen zusammen. „Wir stärken und ergänzen uns“, sagt Ruth Bellon. Schon seit dem Jahr 2019 stellen die beiden Künstlerinnen einmal im Jahr gemeinsam ihre Kunstwerke aus. Dafür gründeten sie das „Sommernachtsraumkollektiv“, bei dem auch befreundete Künstler und Musiker mitmachen. Gerade erst hatten sie mit diesem Kollektiv eine gemeinsame, erfolgreiche Ausstellung in der Johanneskirche. Aber auch die Kunstwerke, ja sogar die Kunstkarrieren der beiden ergänzen sich.
Gutes Gespür für Farben und Harmonien
Annette Marx liebt schon früh die Kunst. Seit dem Jahr 2003 stellt sie ihre Arbeiten in der Öffentlichkeit aus, kooperierte mit verschiedenen Galerien und konnte ihre Werke überregional, sogar europaweit präsentieren. Bei Annette Marx stehen Farben und Farbauftrag im Vordergrund ihrer Malerei. Früher hat sie immer ungegenständlich, abstrakt gearbeitet, eine Zeit lang beherrschte die Farbe Rot ihre Werke. Heute lässt sich Annette Marx von ihren Spaziergängen zu verlassenen Orten inspirieren. Ob Völklinger Hütte, Natur und Wald oder aufgegebene Gebäude und Industrieanlagen – sie fotografiert, was sie sieht. Diese Fotografien werden zum Ausgangspunkt ihrer Malerei, finden als Collagen Eingang in die Gemälde. Die zeigen auf diese Weise sehr ausgewogen gegenständliche Details, eingebettet in natürliche Farbfelder und Gestaltungen. Daher setzt sich auch die Atmosphäre der Fotos in ihrer Malerei fort. Aktuell hat sie den Siebdruck wiederentdeckt. „Zuerst habe ich Fotos von dem verlassenen Zementwerk in Brebach gemacht. Aus den Fotografien habe ich dann Siebdrucke angefertigt, die wiederum als Collagen in den Gemälden zu finden sind“, erklärt sie. Seit 2012 hat sie das Atelier in der Cecilienstraße 33 und fühlt sich sehr wohl im Herzen des Nauwieser Viertels. „Ich brauche nur die Tür offen stehen zu lassen, dann schauen Menschen vorbei, es gibt auch Laufkundschaft“, erzählt sie. Als sie im Herbst letzten Jahres hörte, dass nebenan die Räume frei werden, hat sie die Künstlerin Ruth Bellon sofort informiert.
Ruth Bellon hat seit zehn Jahren ein großes, helles Atelier in ihrem Zuhause in Dudweiler. Sie arbeitet seit dem Jahr 2000 als freischaffende Künstlerin, hatte ebenfalls bereits überregionale Ausstellungen. Ihre Gemälde sind meist ungegenständlich, bestehen aus vielen Farbschichten und werden trotzdem ganz unterschiedlich gestaltet. Denn Ruth Bellon lässt sich von konkreten Themen zu unterschiedlichen Serien inspirieren. So zeigen die Bilder der Serie „Memory of Venet“ nebelartige Farbwolken, in die sich das gleichnamige Gebirgsmassiv trotzdem hineininterpretieren lässt. Und sie scheinen genau den Moment zu zeigen, in dem sich dunkle Wolken im Hochgebirge auflösen, Nebelschwaden sich lichten und ein kleines Stückchen blauer Himmel und Gipfel sichtbar wird. Daneben arbeitet Ruth Bellon schon seit Jahren immer wieder mit einer Rakel (Werkzeug, das beim Druck oder in der Malerei eingesetzt wird, Anm. d. Red.). Ausgangspunkt dieser Gemälde ist auch hier das Auftragen von Farben in vielen verschiedenen Farbschichten, die dann mit der Rakel gestaltet, geschoben und abgetragen werden. Ob in diesen Rakelgemälden oder in den Werken, die aus Farbnebeln bestehen, Ruth Bellon hat ein gutes Gespür für Farben, Farbübergänge und deren Harmonien. Ihre Gemälde hat Ruth Bellon schon häufiger während der „Tage der Bildenden Kunst“ in ihrem Dudweiler Atelier gezeigt. „Die Resonanz war gut, aber es wurde in den letzten Jahren weniger. Ich hatte den Eindruck, dass mein Atelier für die „Tage der Bildenden Kunst“ doch etwas zu weit außerhalb liegt“, erklärt sie.
„Diese Tage sind mir ganz wichtig“
Beide Künstlerinnen freuen sich schon sehr auf das letzte Septemberwochenende. „Diese Tage sind mir ganz wichtig. Es kommen immer viele nette Besucher ins Atelier, die sich Zeit nehmen und über die Kunst reden wollen, die sich richtig interessieren. Das macht so viel Spaß“, erklärt Annette Marx. Dann fügt sie hinzu, dass sich aus diesen spannenden Gesprächen mit Interessierten sogar schon Bekanntschaften, ja Freundschaften entwickelt haben. Auch Ruth Bellon freut sich auf die Tage, aber sie ist auch sehr gespannt, wie diese Veranstaltung in diesem Jahr für sie wird, wo sie zum ersten Mal die Türen ihres „Kunst Raums“ im Nauwieser Viertel öffnet. „Bei mir werden an den Tagen auch die Keramikerinnen Ute Belser und Marie-Chantal Marx ihre Werke ausstellen. Die naturnahen Keramiken von Marie und die Figurenwelten von Ute ergeben einen Kontrast zu meinen Gemälden“, erklärt sie.
An den „Tagen der Bildenden Kunst“ kann man viele unterschiedliche Künstler und Künstlerinnen, deren Ateliers und Werke kennenlernen. Das alleine macht die Tage schon interessant. Weitere Aktionen in den Ateliers braucht es da gar nicht. „Wir wollen uns ja auch ganz den Gesprächen widmen können“, sagt Annette Marx. In den beiden nebeneinander liegenden Ateliers in der Cecilienstraße 33 kann man gleich zwei, mit den beiden Gast-Keramikerinnen sogar vier Kunstschaffende und deren Arbeiten kennenlernen. Und man kann die unterschiedlichen Stimmungen dieser beiden Ateliers und der Kunstwerke auf sich wirken lassen. Dazu warten die beiden dann auch mit einer kleinen Überraschung auf. Die beiden Ateliers verfügen über eine Verbindungstür im Inneren, die am Samstag, 28. September, von 14 bis 18 Uhr und am Sonntag, 29. September, von 11 bis 18 Uhr geöffnet sein wird.