Drei Fragen
„Es hat sich einiges getan“
Mobilfunk In Deutschland ist besser geworden in den letzten zehn Jahren, aber in den ländlichen Räumen ist noch nicht alles gut, so Ralf Wintergerst, Präsident des Bundesverbandes Bitkom.
Herr Dr. Wintergerst, wie weit sind wir denn mittlerweile bei der Abdeckung im Mobilfunknetz, vor einigen Jahren lagen wir bei der flächendeckenden Abdeckung noch hinter Albanien?
Da hat sich in den letzten fünf Jahren tatsächlich eine Menge getan. Bei der Netzabdeckung im Vergleich zu den anderen Europäischen Staaten lagen wir vor fünf Jahren auf Platz 16 oder 17, mittlerweile sind wir auf Platz 4, was den 5G und den Breitbandausbau angeht. Beim Glasfaserausbau liegen wir noch ein bisschen zurück. Ein Weckruf in der Politik für den Ausbau des Mobilfunks war sicherlich, dass der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in einem Interview zugegeben hat, dass er aus seinem Dienstwagen nur ungern mit seinen europäischen Amtskollegen telefoniert, weil ständig die Leitung wegbricht.
Aber wer in den ländlichen Räumen mobil telefonieren will, hat immer noch erhebliche Verbindungsprobleme?
Das gehört zur Wahrheit dazu, wir werden auch weiterhin Funklöcher haben, weil der Anspruch ganz Deutschland flächendeckend beim Mobilfunk abzudecken etwas hoch war, die Ankündigungen waren da etwas überambitioniert. Das hängt auch mit der Topografie Deutschlands zusammen, wo sie nicht auf jeden Berg einen Mobilfunkmast stellen können, da geht es zum einen um die Kosten und dann auch um den Naturschutz, Bäume abholzen um einen Betonmast hinzustellen, dürfte auch in weiten Teilen der Bevölkerung nicht gut ankommen.
Fühlen Sie sich denn durch die Politik gut unterstützt, oder müsste es zum Beispiel mehr finanzielle Hilfen geben?
Da hat sich in den letzten Jahren einiges getan und bis Ende kommenden Jahres sollen weitere 50 Milliarden Euro in den Netzausbau bei der Telekommunikation investiert werden. Dieses Geld kommt von den Unternehmen und nicht vom Steuerzahler. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht der Rahmen von der Politik gesetzt worden wäre. Da wurde jetzt noch das Telekommunikationsausbaugesetz verabschiedet, das heißt Genehmigungsverfahren für Sendemasten oder Leitungen werden vereinfacht, die Unternehmen können schneller ihre Projekte umsetzen, und die sind schon fleißig dabei, das jetzt auch umzusetzen. Interview Sven Bargel
Faeser schafft Fakten
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat angekündigt, dass ausreisepflichtige Flüchtlinge zukünftig auch nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden sollen. Einige Tage vor der Faeser-Ankündigung hatte noch ihre Kabinettskollegin aus dem Außenamt, Annalena Baerbock (Grüne) in einem Interview gesagt, dies sei nicht möglich, da es mit den beiden Staaten keinerlei diplomatische Beziehungen gibt. Das ist zwar korrekt, allerdings gab es offensichtlich Kontakte über einen Dritten, nämlich das arabische Emirat Katar. Am 30. August wurden ziemlich überraschend für die Öffentlichkeit 28 afghanische Straftäter von Leipzig aus zurückgeführt. Wie anschließend bekannt wurde, kam die Abschiebung durch Vermittlung Katars zustande. Zukünftig plant Bundesinnenministerin Faeser, solche Rückführungen nach Afghanistan und Syrien mit Unterstützung der beiden afghanischen Nachbarländer Usbekistan und Tadschikistan. Entsprechende Gespräche werden demnach schon seit Wochen zwischen dem Innenministerium und den beiden vorderasiatischen Staaten geführt.
Krankenversicherung wird teurer
Die Meldung überrascht wenig, denn seit Wochen wird nicht mehr darüber spekuliert, ob, sondern nur noch wie teuer die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) im kommenden Jahr wird. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bestätigt, dass die Versicherungsbeträge auf jeden Fall zum 1. Januar kommenden Jahres steigen werden, vermutlich um 0,4 Prozent. Im Bundesgesundheitsministerium ist man noch am Rechnen. Derzeit liegt der Satz, den sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, bei 14,6 Prozent des Bruttolohns. Dazu kommt noch der Zusatzbeitrag, der im Durchschnitt der 96 deutschen gesetzlichen Krankenversicherungen bei 1,7 Prozent liegt und von den Arbeitnehmern allein getragen wird. Beim GKV-Spitzenverband geht man aber eher von einer Steigerung von 0,7 Prozent oder höher aus, da in den derzeitigen Berechnungen noch nicht die anstehende Klinikreform berücksichtigt ist. Die soll mit 25 Milliarden Euro von der GKV mitfinanziert werden. Eine endgültige Entscheidung über die Klinik-Reform fällt aber erst im Herbst im Bundestag.
Nationalhymne an den Schulen
Mit nationalen Symbolen seien die Deutschen zu verkrampft, moniert der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff. Neben der Nationalhymne wünscht er sich, dass auch sonst mehr Liedgut in der Schule Platz findet, Singen könne einen „Beitrag bei der Erziehung zur Vielfalt leisten“. Dass sich das ehemalige Staatsoberhaupt neuerdings weniger um politische, als vielmehr musikalische Belange kümmert, hat einen einfachen Grund: Christian Wulf ist aktuell der Präsident des Deutschen Chorverbands. In dieser Funktion liegt ihm die Nationalhymne besonders am Herzen. „Gerade unsere Nationalhymne ist ein Symbol für unsere demokratischen Werte und unseren Zusammenhalt. Wir sind da in Deutschland oft verkrampft, weil wir den Missbrauch von nationalen Symbolen erlebt haben“, so Wulf.
100 Millionen mehr für Bundespolizei
Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen fordert der Städte- und Gemeindebund mehr Geld für die Bundespolizei. „Wir brauchen jährlich mindestens 100 Millionen Euro zusätzlich zum geplanten Haushaltsentwurf, um der Bundespolizei mehr Flexibilität und schnellere Reaktionen zu ermöglichen“, so der Hauptgeschäftsführer André Berghegger. „Der Bundestag steht vor wichtigen Haushaltsberatungen. Die Abgeordneten müssen, gerade nach Solingen, ihrer Verantwortung für die Sicherheit gerecht werden.“ Des Weiteren fordert Berghegger eine wirksame Durchsetzung der von der Ampel beschlossenen Messerverbote. „Messer haben bei öffentlichen Veranstaltungen nichts zu suchen. Ich bin sehr dafür, die Regelungen nachzuschärfen. Aber sie nützen nichts, wenn sie nicht wirksam kontrolliert werden können“, so der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. Auch verschiedene Vertreter der Polizeigewerkschaften wiesen darauf hin, dass Messerverbote nur mit entsprechendem Personal durchgesetzt werden könnten.
Europa
Hansen für EU-Kommission
Der luxemburgische Regierungschef Luc Frieden (CSV) hat den Europaabgeordneten Christophe Hansen als luxemburgisches Mitglied in der künftigen EU vorgeschlagen. Hansen (42), ebenfalls Mitglied der konservativen CSV, ist seit 2019 Mitglied im Europaparlament, wurde bei der letzten Europawahl Anfang Juni erneut gewählt. Die Nominierung von Hansen hat bei den luxemburgischen Sozialisten (LSAP) erheblichen Ärger ausgelöst. Bislang war Luxemburg durch Nicolas Schmit in der Kommission vertreten. Schmit ist seit 2019 EU-Kommissar für Beschäftigung und Soziales und war bei der Europawahl Spitzenkandidat der Europäischen Sozialisten. Nach Ansicht seiner Partei hätte er als Spitzenkandidat nominiert werden müssen. Das sei guter Brauch auf europäischer Ebene, auch wenn seine Partei die Wahl nicht gewonnen hat. In Luxemburg hat die konservative CSV sowohl die letzten Parlaments- als auch Europawahlen gewonnen. Jedes EU-Mitgliedsland kann ein Mitglied der EU-Kommission benennen, die Vorschläge müssen aber vom Europaparlament bestätigt werden, was nicht zwingend ein Selbstläufer ist.
Hype um Wagenknecht
Der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und SPD-Chef Kurt Beck (SPD) ist sauer auf die Medien und ihre Berichterstattung über das neu gegründete BSW und ihrer Namensgeberin. „Manchmal gibt es kaum eine Fernseh-Talk-Sendung, in der sie nicht sitzt. Das grenzt an Werbung“, beschwert sich der 75-Jährige. In seiner Kritik geht Beck hart mit der BSW-Vorsitzenden ins Gericht: „Egozentrik, Destruktion und eine teils linksradikale, teils rechtsradikale Haltung zeichnen sie aus. Ich kenne keinen Menschen, der sich so allein um sich selbst dreht wie Frau Wagenknecht“, so der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. „Alle Organisationen, in denen Frau Wagenknecht mitgemischt hat, haben am Ende durch sie Schaden genommen. Wagenknecht hat eine enorm zerstörerische Kraft“, so das vernichtende Urteil des ehemaligen SPD-Chefs über Wagenknecht“.
Reaktivierung geht voran
Seit über 30 Jahren liegt die Bahnstrecke Homburg-Zweibrücken brach. Und fast ebenso lang wurde um eine Reaktivierung gekämpft – und verhandelt. Jetzt sind Verträge zwischen dem Saarland, Rheinland-Pfalz und der Bahn unterzeichnet, Grundlage, um das Projekt Reaktivierung anzugehen. Auf sieben Kilometern müssen Gleise und Schotter erneuert werden, auf elf Kilometer Oberleitungen und Weichen, das Ganze für knapp 80 Millionen Euro. Den Großteil der Kosten übernimmt der Bund, den Rest teilen sich die beiden Länder, wie auch die Betriebskosten. Wenn alles nach Plan läuft, soll der Betrieb ab 2028 wieder laufen. Die Fahrzeit zwischen Homburg und Zweibrücken, derzeit nur per Bus, wird sich dann etwa halbieren, und Zweibrücken hat dann direkten Anschluss an überregionale Verbindungen (über Homburg, Kaiserslautern-Mannheim). Die Westpfalz erhofft sich durch die Verbindung Impulse für Wirtschaft und Tourismus.
Abschiebung
Umstrittenes Handgeld
Nach der überraschenden Abschiebung von 28 Afghanischen Straftätern, nach Kabul wurde bekannt, jeder von ihnen bekam 1.000 Euro Handgeld. Umgehend gab es an dieser Praxis Kritik aus beinahe allen politischen Lagern. Es handele sich um ein übliches Verfahren, um nicht zu riskieren, dass Gerichte die Entscheidung wieder aufheben, weil eine Verelendung der Abgeschobenen drohe, stellte das Bundesinnenministerium bereits wenige Stunden nach Bekanntwerden dieses Verfahrens klar, soll also verhindern, dass Abschiebungen gestoppt werden oder Abgeschobene wieder zurückgeholt werden müssen. Bei den 28 Afghanen handelt es sich ausschließlich um Männer, die wegen teilweise schwersten Gewalttaten ihre Haftstrafen in Deutschland verbüßt hatten.
Bildung
Hymne an Schulen
Mit nationalen Symbolen seien die Deutschen zu verkrampft, moniert der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff. Neben der Nationalhymne wünscht er sich, dass auch sonst mehr Liedgut in der Schule Platz findet. Singen könne einen „Beitrag bei der Erziehung zur Vielfalt leisten.“ Dass sich das ehemalige Staatsoberhaupt neuerdings weniger um politische, als vielmehr musikalische Belange kümmert, hat einen einfachen Grund: Christian Wulf ist Präsident des Deutschen Chorverbands. In dieser Funktion liegt ihm die Nationalhymne besonders am Herzen. „Gerade unsere Nationalhymne ist ein Symbol für unsere demokratischen Werte und unseren Zusammenhalt. Wir sind da in Deutschland oft verkrampft, weil wir den Missbrauch von nationalen Symbolen erlebt haben.“
Podologen-Ausbildung jetzt schulgeldfrei
Das Saarland macht ernst mit der Förderung von Gesundheitsberufen: Ab sofort ist die Ausbildung zur Podologin oder zum Podologen schulgeldfrei. Diese Maßnahme der Landesregierung stellt einen bedeutenden Schritt zur Sicherung der Gesundheitsversorgung dar, insbesondere für Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes. „Mit der Schulgeldfreiheit investieren wir gezielt in die Zukunft dieses unverzichtbaren Berufs und die Qualität der Versorgung“, erklärte Gesundheitsminister Magnus Jung bei der symbolischen Scheck-Übergabe an der Europäischen Fachschule für Podologie (EFP).
Dank einer Investition von rund 70.000 Euro werden angehende Podologinnen und Podologen ab sofort finanziell entlastet. Der Wegfall des Schulgelds, das bisher 200 Euro monatlich betrug, soll mehr junge Menschen für diesen wichtigen Beruf gewinnen und den steigenden Bedarf an hochqualifizierter podologischer Versorgung decken. Rückwirkend zum 1. Januar 2024 übernimmt das Land die Ausbildungskosten vollständig, die Auszubildenden erhalten ihre Beiträge durch die Schule zurückerstattet.
„Die staatliche Förderung wird die Podologie nachhaltig stärken und mehr junge Menschen für diesen Beruf begeistern“, betonte Rüdiger Linsler, Geschäftsführer der Trägergesellschaft der EFP. Damit ist das Saarland Vorreiter: Kein Auszubildender in einem Gesundheitsfachberuf muss hier künftig Schulgeld zahlen.
Wiegand will's wissen
Blickpunkt Europa
„Die nächsten fünf Jahre werden ein Minenfeld sein,“ sagte ein hochrangiger EU-Beamter dem Nachrichtenportal Politico. Er meinte die erneute Amtszeit von Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin. Sie stellt derzeit ihr Kabinett zusammen. Es steht vor den größten Herausforderungen seit Jahrzehnten.
Das Projekt Europa ist kein Glückseligkeits-Start-up mehr. Und es sind nicht nur äußere Krisen die Probleme bergen. Sorgen machen absehbare interne Konflikte. Ein zentrales Thema: Was wird aus dem Green Deal? Ein Lager will den EU-Pakt zur Erreichung verpflichtender Klimaziele durch noch mehr grüne Investitionen absichern. Andere wollen lieber wirtschaftliche Interessen gewichten.
Zudem steht die EU-Industriepolitik unter Druck. Einige setzen auf Abschottung, um global wettbewerbsfähige Firmen und Konzerne zu schaffen und zu schützen. Die Gegenspieler verlangen kostspielige Subventionen nach US-Vorbild, damit Europa am Ball bleibt.
Auch in der Rüstungsindustrie gibt es Spannungen. Während einige zur Abwehr russischen Machtstrebens mehr Diplomatie bevorzugen, drängen die meisten auf engere Militärkooperation und unbedingte Treue zur bedrängten Ukraine.
Diese und andere Sprengsätze (Migration!) müssen entschärft werden. Und das auf kompliziertem Feld. Soll die EU doch zugleich von 27 auf bis zu 36 Mitglieder erweitert werden.
Der oben zitierte EU-Beamte warnte, diese umwälzenden internen Reformen könnten europäische Politiker „zerbrechen“. Ein anderer Diplomat ergänzte: „Es wird chaotisch und unangenehm werden.“ Gut für Kolumnisten: Wir werden allzeit etwas zu schreiben haben …
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung