Defensiv stark, kämpferisch überragend, spielerisch ausbaufähig. Mit dieser Bilanz kehrt der 1. FC Saarbrücken vom Südwestderby aus Mannheim zurück.
Rüdiger Ziehl ist nicht der Mann der großen Emotionen. Und so wollte er den 1:0-Erfolg im prestigeträchtigen Südwestderby bei Waldhof Mannheim auch nicht an die große Glocke hängen. „Es war nicht alles gut, so wie gegen Ingolstadt nicht alles schlecht war“, sagt der Trainer des 1. FC Saarbrücken, sprach aber dann doch noch von „einem verdienten Sieg.“ Das wollte Mannheim-Coach Marco Antwerpen gar nicht in Abrede stellen. Der FCS habe den Sieg mit aller Vehemenz gewollt, sagte der ehemalige Lauterer und sprach von einer „starken Saarbrücker Mannschaft“. Das sehen in der Heimat, wo der oft introvertiert wirkende Ziehl im Brennglas einer chronisch unzufriedenen Nörgler-Schar steht, nicht alle so.
Niemand, der die Masse sucht
Der 46-Jährige ist kein Dirk Lottner, der sich leutselig mit den Fans auf dem Altstadt-Fest an die Theke stellte. Er ist aber auch kein Uwe Koschinat, der sich mal vor dem Derby gegen Kaiserslautern beim Warmmachen von der Kurve feiern ließ, nach dem desaströsen Auftritt dann aber in der Kabine verschwand und die Mannschaft der Wut der Anhänger überließ, was das Innenverhältnis zum Überkochen brachte. Und er ist erst Recht keine Rampensau wie Lukas Kwasniok, der nach Siegen seiner Mannschaft Liebeserklärungen zukommen ließ, nach Niederlagen aber auch die Kabine zerlegen konnte.
Ziehl ist Ziehl. Im privaten Gespräch ein durchaus charmanter, interessanter Gesprächspartner mit feinem Witz. Aber er ist niemand, der die Masse sucht. Intern ist er höflich, aber bestimmt. Teilweise etwas unterkühlt. Es gibt Menschen, die sagen, Ziehl passe daher nicht zum FCS. Aber ist gibt auch jene, die sagen, der gebürtige Zweibrücker tue dem FCS vor allem aufgrund seiner Gelassenheit gut.
Zur Wahrheit gehört auch, dass der Trainer und Manager in Personalunion einige einflussreiche Fürsprecher innerhalb des Vereins hat. Und so ist es kein Wunder, dass die Diskussion über den angeblichen wackelnden Trainer-Stuhl intern keine wirkliche war. Ziehl hatte nach der Heimniederlage gegen den FC Ingolstadt die Lage mit dem Vereinspräsidenten Hartmut Ostermann besprochen und danach erklärt, er verspüre kein Ultimatum. Schon in der vergangenen Saison war der 46-Jährige immer mal wieder ins Fadenkreuz der Kritiker geraten, schaffte aber immer wieder den Turnaround. In Mannheim setzte der FCS keine Glanzlichter, siegte aber durch den Treffer von Sebastian Vasiliadis in der 41. Minute mit 1:0. Der Kopfball des 26-Jährigen aus 17 Metern war der spektakuläre Höhepunkt einer umkämpften Partie bei Temperaturen von rund 35 Grad. „Wir mussten alle sehr leiden, aber wir wollten den Sieg unbedingt. Wir haben defensiv wenig zugelassen, vorne können wir noch effektiver werden“, sagte der Neuzugang, der in Mannheim seine Wichtigkeit unter Beweis stellte.
„Ihm fehlt Spielpraxis“
Dass die Blau-Schwarzen leiden mussten, lag wieder einmal an der Chancenverwertung. Amine Naifi setzte nach 67 Minuten einen selbst rausgeholten Foulelfmeter am Tor vorbei. Zehn Minuten später scheiterte Julian Günther-Schmidt nach einer tollen Kombination freistehend am Mannheimer Torwart. „Wir machen uns das Leben selbst schwer. Das wissen wir, wir machen es ja nicht mit Absicht. Wir sollten uns jetzt auch keinen Elfmeter-Komplex einreden lassen. Irgendwann wird schon einer reingehen“, sagte Angreifer Kai Brünker, der erstmals gemeinsam mit Patrick Schmidt auflief. „Wir wollten mehr Wucht entfalten, aber wissen auch, dass Paddy noch ein bisschen Zeiz braucht“, sagte Ziehl. Führungsspieler Schmidt musste kurz nach der Pause abermals mit Krämpfen raus. „Es ist jetzt erneut passiert, dass ein Muskel zumacht. Das ist nicht schlimm, aber wir werden es beobachten. Patrick hatte die Messlatte mit dem Saisonstart sehr hochgelegt. Ihm fehlt Spielpraxis und die bekommt er nur über Einsätze“, sagte Ziehl, der verwundert auf Aussagen reagierte, der FCS müsse noch einen Angreifer verpflichten. „Kai Brünker hat ein super Spiel gemacht. Wir konnten Naifi und Günther-Schmidt von der Bank bringen und haben sogar die Entscheidung treffen können, Simon Stehle zu Hause zu lassen, weil er etwas angeschlagen war. Und welches Signal setze ich gegenüber Patrick Schmidt, wenn ich jetzt einen Stürmer hole“, fragte der Trainer absolut nachvollziehbar. Die Stimmung im äußerst prominenten Kader ist bereits jetzt nicht überall prickelnd. Kasim Rabihic, der in Mannheim 90 Minuten auf der Bank saß, verließ die Kabine beispielsweise mit versteinertem Gesicht.
Grund zur Freude hatte dagegen Mittelfeldspieler Tim Civeja, in Mannheim abermals bester FCS-Akteur. Er hat sich im Mittelfeld festgespielt und fuhr mit einem guten Gefühl zur albanischen Auswahl. „Die letzten Spiele waren gut, daran will ich nach der Länderspielpause anknüpfen“, sagte der 22-Jährige. Das muss auch der Anspruch der gesamten Mannschaft sein. Denn das kleine bisschen Ruhe, was nach dem Sieg gegen Mannheim eingekehrt ist, kann nur mit einer Aufbesserung der äußerst dürftigen Heimbilanz ausgeweitet werden.