Die UN-Kinderrechtskonvention ist erst 35 Jahre jung – und bei Weitem nicht jedem bekannt. Zum 70. Weltkindertag wollen die handelnden Akteure Kinder und ihre Rechte in die Mitte der Gesellschaft bringen.
Vor 400 Jahren galten Kinder als kleine Erwachsene – mit allen Rechten und Pflichten. Erst mit der Aufklärung änderte sich dieses Bild von Kindheit und die Wichtigkeit dieses Lebensabschnitts wurde erkannt. Erkannt – aber noch lange nicht berücksichtigt. 1834 war Großbritannien eine Art Vorreiter, als es mit dem ersten Kinderschutzgesetz der Welt Kindern unter neun Jahren die Fabrikarbeit verbot.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts und mit der Einführung der Schulpflicht nahm die Diskussion langsam Fahrt auf. Im Jahr 1900 rief die schwedische Reformpädagogin Ellen Key das Jahrhundert des Kindes aus. Sie war überzeugt: Kinder brauchen bestimmte Rechte, um sich richtig und geschützt entwickeln zu können. Die Folge des daraus resultierenden internationalen Interesses waren erste Verträge zum Schutz von Kindern, wie das Haager Abkommen zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige vom 12. Juni 1902 oder das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung des Mädchenhandels vom 4. Mai 1910. Die erste wirkliche Charta an Kinderrechten stammt aus dem Jahr 1924. Der Völkerbund mit Sitz in Genf hatte diese am 24. September verabschiedet. Eine rechtliche Verbindlichkeit besaß die Charta aber nie, und mit der Auflösung des Völkerbundes 1946 verlor sie zudem ihre Grundlage.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kamen zwar immer mehr Einzelabkommen zum Schutz von Kindern dazu, eine wirklich einheitliche Charta sollte aber noch bis 1979 auf sich warten lassen. Das Jahr galt weltweit als das „Jahr des Kindes“. Das nahm damals Polen zum Anlass, in den Vereinten Nationen (UN) eine erste gemeinsame Kinderrechtskonvention zu entwickeln. Einig darüber, dass Kinder spezielle Grundrechte erhalten sollen, war man sich zwar schnell, wie diese aber aussehen sollten, bot Anlass zur Diskussion. Während einige Staaten schärfere oder mehr Rechte verlangten, waren gerade auch ärmere Staaten dagegen. Zehn Jahre dauerten die Verhandlungen, bis der Vertrag am 20. November 1989 in seiner fertigen Form vorlag. Dieser wurde im Jahr 2000 zweimal und 2011 einmal ergänzt.
Deutschland unterschrieb 1992
Mit ihren knapp 35 Jahren sind die UN-Kinderrechte demnach noch erschreckend jung. Noch jünger ist die Unterschrift Deutschlands unter der 54 Artikel umfassenden Kinderrechtskonvention. Diese wurde nämlich erst 1992 getätigt, also drei Jahre später. Aber auch nur unter Vorbehalt des Fortbestehens vorhandener Einschränkungen der Kinderrechte durch das deutsche Familien- und Ausländerrecht. Konkret bedeutete dies beispielsweise, dass das weitgehende Verbot staatlicher Eingriffe in die elterliche Erziehung bestehen und Kindern von Asylbewerbern das Recht auf Bildung versagt blieb. Erst am 15. Juni 2010 nahm Deutschland diese Vorbehalte zurück. Die USA haben bis heute als einziger UN-Mitgliedstaat die Konvention nicht ratifiziert.
Mittlerweile haben sich 195 Staaten weltweit zu den Kinderrechten der UN bekannt. Die Konvention ist somit die am häufigsten unterzeichnete der Welt. Dennoch, so sehen es UN und Kinderhilfswerk, sind sie zu wenigen bekannt. Deshalb macht sich der bereits 1954 ins Leben gerufene Weltkindertag genau das zum Kernauftrag: die Kinderrechte bekannter machen!
Dafür kämpfen aber nicht nur Kinderhilfswerk und UN, sondern viele Akteure: Der Kinderschutzbund beispielsweise zählt mit stolzen 71 Jahren zu den ältesten Kinderrechtsorganisationen in Deutschland. Wie der Name schon verrät, setzt er sich insbesondere für den Schutz von Kindern und Jugendlichen ein – eine der drei Säulen, auf denen die UN-Kinderrechtskonvention ruht.
Doch auch viele kleinere Verbände und Vereine helfen, wo sie können. Kinderhäuser, Nachhilfe, Jugendzentren, Mittagstische – die Instrumente sind vielfältig, die Teilhabe und Mitbestimmung von Kindern gewährleisten sollen. Ohne starke ehrenamtlich Aktive wäre vieles davon undenkbar.
Dennoch ist es für die Kinderrechte weiterhin ein steiniger Weg – auch in Deutschland. Denn bis heute sind sie nicht im Grundgesetz verankert, auch wenn viele Organisationen dafür kämpfen. Die Kindergrundsicherung spaltet seit Monaten den Bundestag. Auch zum 70. Jubiläum des Weltkindertags am 20. September ist sein Auftrag noch lange nicht abgeschlossen – und vielleicht sogar auf eine gewisse Weise nötiger denn je geworden.