Windenergieanlagen decken einen immer größeren Teil am bundesdeutschen Strommix ab, und bleiben dennoch umstritten – weil Wind keine Konstante ist und sich Strom aus Windenergie noch nicht speichern lässt. Doch wie funktioniert solch ein Windrad eigentlich?
Ähnlich wie Sonnenenergie ist auch Windkraft ein kostenfreier Energieträger, der theoretisch unbegrenzt zur Verfügung steht. Das macht Windenergie natürlich sehr interessant, und entsprechend soll ihr Ausbau vorangetrieben werden. Derzeit (Stichtag 30. Juni 2024) gibt es in Deutschland 28.611 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von insgesamt 61.917 Megawatt. Die in Deutschland installierten Windenergieanlagen an Land erzeugten nach Angaben des Unternehmens Deutsche Windguard im Verlauf des ersten Halbjahres 2024 60 Terawattstunden Strom. Mit einem Anteil von 27 Prozent an der Gesamterzeugung bleibt die Windenergie an Land damit der wichtigste Energieträger bei der Stromerzeugung in Deutschland. Hinzu kommt der Strom aus sogenannten Offshore-Anlagen auf dem Meer. Ist das Wetter stürmisch, kann die Windenergie sogar bis zu 60 Prozent des deutschen Strommixes ausmachen.
Generatoren mit und ohne Getriebe
Schaut man sich eine Windenergieanlage einmal genauer an, so setzt sich diese aus mehreren Teilen zusammen. Sie besteht zunächst einmal aus einem großen Fundament, das die Statik der Anlage stabilisieren muss. Es hat in der Regel einen Durchmesser von 20 bis 30 Meter und reicht je nach Höhe des Windrades vier bis zwölf Meter tief in den Boden. Das Fundament besteht aus einem Stahlgittergerüst, das mit Beton ausgegossen wird. Je nach Größe einer Anlage können dabei bis zu 10.000 Tonnen Beton im Boden versenkt werden.
Aus dem Fundament ragt ein Turm, der je nach Größe der Anlage zwischen 40 bis 170 Meter hoch sein kann, vereinzelt noch höher. Im Inneren des Turms verläuft der Aufstieg, also eine Leiter, mit der man für Wartungszwecke nach oben steigen kann. Zudem wird der vom Windrad erzeugte Strom durch das Innere des Turms über die sogenannte Kabelstraße nach unten zu einem Transformator transportiert. Dieser wandelt die Spannung des erzeugten Stroms auf die erforderliche Frequenz von 50 Hertz um, damit dieser ins Netz eingespeist werden kann. Am oberen Ende des Turms sitzt die Maschinengondel oder das Maschinenhaus mit dem Generator und einer Generatorbremse sowie den Rotorblättern, die an der drehbaren Nabe am vorderen Ende des Maschinenhauses befestigt sind. Manche Generatoren haben zusätzlich ein Getriebe, andere nicht, doch dazu später mehr.
Aber wie funktioniert ein Windrad nun eigentlich? Vereinfacht gesagt, entnehmen Windräder dem Wind über die Rotoren die Energie und nutzen dafür das sogenannte Auftriebsprinzip. Die Rotorblätter eines Windrades sind dabei aerodynamisch ähnlich gewölbt wie die Tragflächen eines Flugzeuges und bestehen in der Regel aus glasfaserverstärktem Kunststoff, der besonders langlebig ist. Der Wind, der frontal auf die Rotorblätter trifft, muss durch die aerodynamische Wölbung auf der Oberseite einen längeren Weg zurücklegen als auf der Unterseite. Beim Flugzeug führt dies dazu, dass der Druck auf der Oberseite geringer ist als auf der Unterseite des Flügels, und dieser Druckunterschied erzeugt eine Kraft auf den Flügel, der diesen in die Luft hebt – das Flugzeug fliegt. Beim Windrad entsteht ebenfalls ein Unterdruck auf der Oberseite des Rotorflügels, der eine Kraft erzeugt. Diese wandelt die kinetische Energie des Windes in mechanische um und sorgt so dafür, dass sich die Nabe mit den Rotorblättern zu drehen beginnt.
Im Inneren dieser Maschinengondel sitzt ein Generator, der die mechanische Energie der sich drehenden Rotorblätter in Strom umwandelt. Im Inneren des Generators wiederum sitzt eine Spule, und je schneller sich diese dreht, desto mehr Strom wird letztlich erzeugt. Windradgeneratoren gibt es wie oben erwähnt mit und ohne Getriebe. Ein solches Getriebe besteht aus unterschiedlich großen Zahnrädern, die die niedrige Drehzahl des Rotors in eine hohe Drehzahl für den Generator übersetzt. Der Vorteil von Anlagen mit Getriebe ist, dass auf diese Weise deutlich kleinere Generatoren verbaut werden können als bei Windkraftanlagen ohne Getriebe. Der Nachteil ist, dass sie durch das zusätzliche Bauteil anfälliger für Schäden sind. Windräder ohne Getriebe funktionieren im Prinzip wie ein klassischer Dynamo beim Fahrrad. Der Generator ist direkt an den Rotor gekoppelt und dreht sich entsprechend genauso schnell oder langsam wie dieser. Entsprechend müssen die dafür verwendeten Generatoren deutlich größer sein.
Da sich die Richtung, aus der der Wind weht, permanent ändern kann, ist auch die Maschinengondel mit den Rotorblättern beweglich. Messinstrumente auf dem Dach des Maschinenhauses erfassen jederzeit die Windrichtung und -stärke. Entsprechend kann die Gondel moderner Anlagen per Steuerelektronik in den Wind gedreht und auch der Anstellwinkel der Rotorblätter stets optimal korrigiert werden, sodass die Anlage immer effizient läuft.
Andererseits weht der Wind selten konstant. Das führt dazu, dass ein Windrad im Schnitt nur drei Viertel der Zeit betrieben werden kann, denn auch wenn der Wind zu stark bläst, wird die Windenergieanlage abgeschaltet. Das ist in der Regel je nach Bauart und Höhe bei einer Windgeschwindigkeit von 90 bis 120 km/h der Fall.
Wahrer Windrad-Gigant entsteht in Brandenburg
In der Regel ist die Lebensdauer eines Windrades auf 20 bis maximal 30 Jahre begrenzt, dann muss es zurückgebaut werden. An gleicher Stelle entstehen dann meist neue Anlagen, die deutlich größer sind als die alten. Doch warum werden Windkraftlagen an Land eigentlich immer größer? Nicht selten erreichen die Anlagen inzwischen Höhen von bis zu 240 Meter – inklusive Rotorblätter. Die bislang größte Windkraftanlage in Deutschland hat eine Höhe von 246,5 Meter und wurde vor sieben Jahren bei Stuttgart errichtet. In China steht das derzeit größte Windrad mit einer Gesamthöhe von 280 Meter, doch bereits kommendes Jahr soll in Brandenburg eine Anlage mit einer Nabenhöhe von 300 Metern und einer Gesamthöhe von 365 bis 380 Meter entstehen. Aber warum dieser Gigantismus?
Die Antwort ist recht einfach: Sobald der Wind mit drei bis vier Meter pro Sekunde weht, schaltet sich eine Windkraftanlage ein. Nach Angaben des Energieunternehmens EnBW arbeitet ein Windrad bereits ab drei Umdrehungen pro Minute effizient. Da Wind im Binnenland deutlich weniger stark weht als in Küstenregionen, müssen die Anlagen größer sein. Zudem wird die Luft in bodennahen Schichten häufig sehr stark verwirbelt, weil der Wind häufig auf Hindernisse trifft – etwa Wälder oder Siedlungen. In größeren Höhen weht der Wind entsprechend gleichmäßiger und meist ist auch die Windgeschwindigkeit deutlich höher als in Bodennähe.
Je länger die Rotorblätter sind, desto höher ist ihr Wirkungsrad. Entsprechend sind diese im Laufe der Zeit immer größer geworden, denn im Schnitt steigt der Stromertrag mit jedem Meter, den ein Windrad höher gebaut wird, um etwa ein Prozent. Oder anders ausgedrückt: Bei einer Verdoppelung der Länge der Rotorblätter steigt der Stromertrag um das Vierfache: Entsprechend erzeugt die doppelte Windgeschwindigkeit somit bereits den achtfachen Ertrag. Rotordurchmesser von bis zu 120 Meter sind daher längst keine Seltenheit mehr.
Allerdings hat der Gigantismus auch Grenzen. Zum einen schon alleine aufgrund der Tatsache, dass es im dicht besiedelten Deutschland nur wenige Möglichkeiten gibt, solch gigantische Anlagen wie etwa die geplante in Brandenburg zu realisieren. Drehen sich die Rotorblätter, verursachen diese eine Schallemission, also permanente Geräusche, die von Anwohnern als störend empfunden werden. Diese sind nicht zu verwechseln mit dem tief-frequenten Infraschall, der unter der menschlichen Hörschwelle liegt und immer wieder Auslöser heftiger Kontroversen zwischen Befürwortern und Gegnern der Windkraftanlagen ist. Hier geht es um hörbare Geräusche, die zwar durch die Verwendung verbesserter Materialien verringert werden konnten, aber nie komplett verschwinden werden. Insofern gibt es klare Regelungen, wie nah Windenergieanlagen an Siedlungen gebaut werden dürfen. Gleiches gilt übrigens auch für den Schattenwurf von Windkraftanlagen. Scheint die Sonne, entsteht hinter einem Windrad natürlich ein Schatten. Drehen sich die Rotoren, entsteht ein bewegter Schatten. Je höher die Anlage, desto größer der Schatten, den diese wirft. Auch dies kann für Anwohner extrem störend sein.
Ein Problem ist auch, dass sich Windenergie bislang nicht speichern lässt, auch wenn an Möglichkeiten eifrig geforscht wird. Wenn also im Netz eine Überproduktion besteht, führt das dazu, dass die überschüssige Windkraft verfällt. Einer der Forschungsansätze liegt in der Umwandlung der Energie in Wasserstoff, der als Zwischenmedium Energie speichern kann, die bei Bedarf wieder in Strom umgewandelt werden kann. Dennoch haben Windräder eine hervorragende Energiebilanz. Zwar können sie – wie jede Art der Energieerzeugung – die Bewegungsenergie des Windes nicht zu 100 Prozent in Strom umsetzen, doch der Wirkungsgrad moderner Windenergieanlagen liegt bei etwa 50 Prozent. Und die Energie, die für ihre Produktion und Errichtung verbraucht wird, können sie im Betrieb mit ihrer Leistung in der Regel innerhalb eines halben Jahres amortisieren.