In Deutschland werden täglich rund 300 Menschen als vermisst gemeldet. Über die Polizeiarbeit in diesen Fällen und die Aufklärungsquote gibt auf Nachfrage eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes schriftlich Auskunft.
Wie viele Menschen werden im Schnitt in Deutschland als vermisst gemeldet?
Einleitend ist Folgendes anzumerken: Die Polizei leitet eine Vermissten-Fahndung ein, wenn eine Person ihren gewohnten Lebenskreis verlassen hat, ihr derzeitiger Aufenthalt unbekannt ist und eine Gefahr für Leib oder Leben, zum Beispiel Opfer einer Straftat, Unfall, Hilflosigkeit, Selbsttötungsabsicht, angenommen werden kann. Bei Minderjährigen, deren Aufenthalt dem Sorgeberechtigten unbekannt ist, wird grundsätzlich von einer Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit ausgegangen.
In Deutschland wurden im Jahresverlauf 2023 rund 125.000 Personen im polizeilichen Informationssystem INPOL als vermisst zur Fahndung ausgeschrieben. Im Jahr 2022 waren es rund 123.000 Personen. In den Jahren 2020 und 2021 lagen die Zahlen bei 110.000 bis 115.000 vermissten Personen.
Vermisstenzahlen sollten immer in Relation zu den Erledigungszahlen betrachtet werden.
Wie viele Menschen werden zurzeit vermisst?
Mit Stand vom 1. August sind im polizeilichen Informationssystem INPOL insgesamt 9.430 Personen in Deutschland als Vermisste zur Fahndung registriert.
Folgendes ist im Zusammenhang mit der Auswertung statistischer Zahlen zu vermissten Personen grundsätzlich zu beachten: Die Zahlen unterliegen Schwankungen. Sie können täglich variieren, da sich Fahndungen in der Zwischenzeit wieder erledigen beziehungsweise Fahndungsinhalte aktualisiert werden. Bei manchen Zahlenwerten handelt es sich daher um eine Momentaufnahme. Sie können sich in Abhängigkeit zum Abfragetag ändern.
Wie ist die genaue Vorgehensweise vonseiten der Polizei bei einer Vermisstenmeldung?
Die zuständige Polizei wird bei der Anzeigenerstattung möglichst umfangreiche Informationen zur betroffenen Person sowie alle für Fahndungsmaßnahmen erforderlichen Daten erheben.
Grundsätzlich gilt: Je mehr Angaben der Polizei zur Verfügung gestellt werden können, desto besser sind die Chancen für eine erfolgreiche Fahndung nach einer vermissten Person.
Bei der Vermisstenanzeige sollte der letzte Kontakt (wann?), der letzte bekannte Aufenthaltsort (wo?) sowie mögliche Kontaktpersonen und Anlaufadressen mitgeteilt werden. Auch ist es wichtig zu wissen, ob die betroffene Person auf Medikamente angewiesen ist und um welche es sich handelt.

Für eine erfolgreiche Identifizierung der vermissten Person benötigt die Polizei eine ausführliche Personenbeschreibung inklusive Hinweise auf Besonderheiten wie zum Beispiel Narben, Tätowierungen, Implantate und Prothesen. Permanent getragener Schmuck, zum Beispiel Ehering mit Gravur, Kette mit besonderem Anhänger oder Ähnliches kann mit einer guten Beschreibung ebenfalls hilfreich sein. Aktuelle Lichtbilder unterstützen ebenfalls die Fahndungsmaßnahmen.
Die Polizei wird sich immer vergewissern, dass die betroffene Person nicht aus freien Stücken verschwunden ist. Sollte dies nicht der Fall sein und beispielsweise einer der zuvor aufgeführten Umstände vorliegen, wird die Polizei umgehend Fahndungsmaßnahmen einleiten.
Die betroffene Person wird dann im polizeilichen Informationssystem INPOL als vermisst zur Fahndung ausgeschrieben. Es besteht nach einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung die Möglichkeit, die Öffentlichkeit in die Fahndung mit einzubeziehen, siehe Fahndungsseiten der Polizeien, Social-Media-Kanäle und so weiter.
Bei unmittelbarer Gefahr für Leib oder Leben der vermissten Person, zum Beispiel Selbstmorddrohung, oder bei vermissten Kindern werden groß angelegte Suchmaßnahmen eingeleitet.
Der Einsatz von Suchhunden, Hubschraubern mit Wärmebildkamera oder weiterem technischem Gerät ist bei schlecht zugänglichem Terrain oder während der Nacht denkbar.
Sollten sich Bezüge ins Ausland ergeben, können Mitfahndungsersuchen über das Bundeskriminalamt (BKA) an ausländische Polizeidienststellen gerichtet werden.
Sobald sich eine Vermisstensache erledigt hat, werden alle Fahndungsmaßnahmen zurückgenommen.
Wie ist die Aufklärungsquote bei Vermisstenfällen? Wie häufig werden Menschen wieder gefunden?
Täglich werden jeweils etwa 200 bis 300 Fahndungen neu erfasst, etwa die gleiche Anzahl wird wegen Erledigung gelöscht. Erfahrungsgemäß erledigen sich etwa 50 Prozent der Vermisstenfälle innerhalb der ersten Woche, binnen Monatsfrist können 80 Prozent der Fälle geklärt werden. Der Anteil der Personen, die länger als ein Jahr vermisst werden, beträgt etwa drei Prozent. Eine Aufschlüsselung über die Dauer der einzelnen Vermisstenfälle ist auf der dem BKA vorliegenden Datenbasis nicht möglich. Grundsätzlich kann jedoch festgestellt werden, dass nach drei Monaten bereits 96 Prozent der Fälle erledigt sind.
Dem BKA liegen keine Informationen zu Erledigungsgründen vor. Daher ist es nicht möglich, in Lebend- und Totauffindungen zu unterscheiden. Die jeweilige Fallbearbeitung liegt in der Zuständigkeit der Länderpolizeien.