Der Absatz von Elektroautos ist eingebrochen. Gegenüber dem Sommer des Vorjahres sind die Käufe 2024 um fast 70 Prozent zurückgegangen. Hersteller und Ministerpräsidenten schlagen Alarm und fordern sofortige Hilfen.
Die Stimmung bei den deutschen Autobauern ist seit Längerem nicht nur gedämpft, sondern kann getrost als im Keller bezeichnet werden. Beinahe wöchentlich vermeldet ein deutscher Hersteller der ehemaligen Vorzeigebranche neue Horrormeldungen oder sieht sich genötigt, solche, die von Fachportalen oder Wirtschaftsinstituten verbreitet werden, zu dementieren. Jüngstes Beispiel war VW: Dort hieß es plötzlich, bis zu 30.000 Arbeitsplätze könnten gestrichen werden. Die Wolfsburger stritten umgehend ab, die Zahl stimme nicht. Doch laut „Manager Magazin“ sprach man intern schon länger von einer derart hohen Zahl an gefährdeten Arbeitsplätzen. Der Auftrags- und Verkaufstrend bei den Autobauern und ihren Zulieferern ist derzeit eher überschaubar, aber – das gehört zur Wahrheit – dies liegt auch daran, dass die deutschen Beharrungskräfte den Verbrenner weiter hochhalten.
In diesen Augenblicken ertönt wie so oft der Ruf nach der Politik. In Deutschland hängen fast 800.000 Jobs am Automobil. Nun soll der Staat mit finanziellen Mitteln den Absatz fördern, wie schon einmal. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) reagierte in der Ampelregierung als Erster und lud zu einem Autogipfel in sein Ministerium ein. Der Begriff „Gipfel“ hat in den letzten Jahren, nicht zu Unrecht, politisch etwas gelitten. Und so war die Resonanz, sprich Teilnehmerzahl, aus der Automobilbranche auch nicht ganz so, wie man sich das im Wirtschaftsministerium vorgestellt hatte. Die Stoßrichtung der Autobauer lag bereits in der Luft – es brauche unter anderem eine Kaufprämie für E-Autos, vergleichbar mit dem Umweltbonus, der bis Ende letzten Jahres galt (siehe Kasten). Unterstützung dafür kommt federführend von Anke Rehlinger (SPD), der Ministerpräsidentin des Zuliefererlandes Saarland, die eine entsprechende Bundesratsinitiative eingebracht hat. Immerhin hängen im im äußersten Südwesten der Republik 17 Prozent der Arbeitsplätze von der Automobilindustrie ab. Unterstützt wird Rehlinger von ihrem Amtskollegen aus Niedersachsen, Stephan Weil. Ihr sozialdemokratischer Parteifreund ist nicht nur politischer Landesvater, Niedersachsen hält obendrein 20 Prozent der Anteile am kriselnden VW-Konzern.
Kaum finanzielle Spielräume
Während man sich im Bundesrat mit Zahlen zur Höhe der Kaufprämie noch zurückhält, ist die SPD-Bundestagsfraktion schon einen Schritt weiter. In einem Positionspapier wird eine Kaufprämie von 6.000 Euro für Neu- und 3.000 für Gebrauchtwagen gefordert, die FDP jedoch ist dagegen. Allerdings wird in dem Papier auch nicht verraten, wie die Prämie finanziert werden soll – im Zweifelsfall eben durch den Bund. Bislang gibt es zu den Kosten nur Überschlagsrechnungen, aber sollten nach Einführung einer Kaufprämie in dieser Höhe im ersten Jahr tatsächlich 500.000 Fahrzeuge mit Elektroantrieb verkauft werden, würde dies mit gut drei Milliarden Euro zu Buche schlagen. In Anbetracht der noch unklaren Haushaltsplanung für das kommende Jahr, die gerade im Bundestag diskutiert wird, eine völlig illusorische Summe. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellte darum direkt nach seinem Autogipfel klar: Eine Kaufprämie werde es mit der amtierenden Bundesregierung nicht geben. Dabei beruft er sich auch auf die Argumentation der Vertreter der Autobranche. „Alle haben gesagt, Planbarkeit ist das Wichtigste, und zwar langfristige Planbarkeit, keine Strohfeuer, weil sie nur den Effekt haben, dass kurzfristig der Markt noch einmal hochgepumpt wird und danach möglicherweise wieder zusammensackt.“
Ein lehrreiches Beispiel eines solchen Kurzzeiteffekts auf dem Automarkt lieferte die Abwrackprämie im Jahr 2009. Der Automarkt war im Zuge der weltweiten Finanzmarktkrise zusammengebrochen. Mit einer Umweltprämie von 2.500 Euro sollten mindestens neun Jahre alte Autos verschrottet und neue gekauft werden. Bereits nach einem Dreivierteljahr war der Fördertopf des Bundes leer und damit auch die Verkaufsräume der Autohändler. Die Folge: steigende Autopreise. Solche Vorzieheffekte befürchtet nicht nur Bundeswirtschaftsminister Habeck bei einer Kaufprämie, sondern auch der Verband der Automobilindustrie (VDA), dessen Mitglieder sich über eine Kaufprämie freuen würden, doch das ist nicht alles. Dem VDA gehe es auch darum, dass „keine kurzfristigen, marktverzerrenden Regelungen getroffen werden. Wir brauchen nachhaltige Lösungen statt einzelner Strohfeuer“. Für den Verband der Automobilindustrie soll die Elektromobilität in der Gesamtbilanz einen klaren Kostenvorteil bieten. Dazu gehören ein preiswerterer Ladestrompreis sowie eine Senkung von Steuern und Abgaben für E-Mobilität. Dabei sind E-Autos ohnehin schon bis Ende 2030 von der Kfz-Steuer befreit.
Eine nachhaltige Variante der Förderung muss also vom Bund kommen. Weder die Länder noch die Automobilbranche sehen finanzielle Spielräume, sich aktiv an einem neuen Förderprogramm für die E-Mobilität zu beteiligen. Spätestens an diesem Punkt beißt sich die berühmte Katze wieder in den Schwanz. Der Wille ist auf allen Seiten vorhanden, doch bei der Finanzierung von Sofortmaßnahmen, die innerhalb der kommenden Monate ihre Wirkung zeigen und trotzdem langfristig wirken, wird es eng. Darüberhinaus fehlt ein noch elementarer Teil der Elektromobilität, ein beschleunigter Ausbau der Ladestationen. Auch hier stockt es aufgrund des stockenden Verkaufs von E-Autos. Und auch hier müssen nachhaltigere Finanzierungen den weiteren Ausbau in Privathaushalten und Kommunen begleiten. Denn auch dort ist das Geld bekanntermaßen knapp.