George Clooney meldet sich zurück. In der Gaunerkomödie „Wolfs“ steht er wieder mit seinem Freund und Kollegen Brad Pitt vor der Kamera. Der oscarprämierte Hollywoodstar zeigt auch diesmal, dass er eine Klasse für sich ist. Eine Hommage an einen großartigen Schauspieler und Menschenfreund.
Ich freue mich, dass ich immer noch mit dabei bin“, scherzt George Clooney, als er seinen neuen Film „Wolfs“ bei den 81. Filmfestspielen in Venedig vorstellt. „Und ich bin auch etwas überrascht. Denn ich mache den Job ja schon ziemlich lange. Da ist es alles andere als selbstverständlich, dass man mir immer noch Rollen anbietet.“ Und mit einem Seitenblick auf Brad Pitt: „Besonders cool ist es, mit jemandem einen Film zu machen, der genauso viel Spaß daran hat wie ich selbst.“
16 Jahre ist es her, seit George Clooney und Brad Pitt in der Komödie „Burn After Reading“ unter der Regie der Coen-Brüder gemeinsam vor der Kamera standen. In diesem Film hatte Clooney– wie er selbst sagt – „das große Vergnügen Brad Pitt zu erschießen“. Ob das die heimliche Rache dafür war, dass Pitt ihm die Rolle des sexy Verführers in „Thelma & Luise“ vor der Nase weggeschnappt hatte? Clooney erinnert sich: „Das war 1990, wir haben damals beide bei Ridley Scott für diese Rolle vorgesprochen. Ich war in der Endauswahl – aber Brad hat sie bekommen. Damals war ich furchtbar enttäuscht. Ich konnte mir den Film jahrelang nicht ansehen, so sehr habe ich ihn dafür beneidet. Als ich es dann schließlich getan habe, musste ich zugeben: Er war für die Rolle per-fekt. So gut hätte ich das nie hingekriegt.“
Am Anfang war da Neid auf Brad Pitt
George Timothy Clooney wurde am 6. Mai 1961 in Lexington, Kentucky, geboren. Anfang 20 ging er nach Los Angeles, um dort sein Glück als Schauspieler zu versuchen. Mühsam hielt er sich zehn Jahre lang mit diversen TV-Auftritten und kleineren Filmrollen über Wasser. Seinen Durchbruch hatte er 1994 als Kinderarzt Doug Ross mit der TV-Serie „ER – Emergency Room“. Da war er bereits zehn Jahre im Geschäft. „Ich bin sehr froh darüber, dass es mich erst ‚erwischt‘ hat, als ich schon über 30 war. Zehn Jahre früher hätte mich diese Art von geballter Aufmerksamkeit total aus der Bahn geworfen. Damals, Mitte der 80er-Jahre, war ich ein Nobody. Oder können Sie sich noch an meinen ersten Kinofilm ‚Die Rückkehr der Killertomaten’ erinnern? Oder an meine Gastauftritte in der Sitcom ‚Roseanne‘? Gigantische Flops – zumindest für mich.“
Clooney war damals gut 15 Kilo schwerer, hatte eine schwarze Haarmatte, die man nicht einmal in Oberammergau toleriert hätte, war unglücklich verheiratet (die Ehe mit der Schauspielerin Talia Balsam wurde 1993 nach vier Jahren geschieden), lebte von der Hand in den Mund, mit Sorgerecht für ein 200 Pfund schweres Hängebauchschwein namens Max. „Als Schauspieler ohne Macht hast du in Hollywood nichts zu lachen. Da wirst du oft wie der letzte Dreck behandelt. Da nimmst du jede Chance wahr, von der du glaubst, sie würde dich endlich aus dem Sumpf herauskatapultieren. Als es bei mir mit der Schauspielerei allmählich ernst wurde, war mein Typ leider überhaupt nicht ge-fragt. Ich entsprach mit meinen kantigen Gesichtszügen eher den Leading Men der 50er-Jahre. Mit der Zeit begann dann mein Aussehen eher für mich zu arbeiten. In einem Film wie ‚Der Sturm‘ konnte ich doch glatt als Zottelbart-Spencer-Tracy durchgehen und in ‚O Brother Where Art Thou‘ sehe ich Clark Gable tatsächlich ziemlich ähnlich. Natürlich haben mich die Coen-Brüder – listig wie sie nun mal sind – mit Oberlippen-Bleistiftbärtchen und viel Pomade im Haar darauf hingetrimmt.“
Ein besonders geschickter Schachzug gelang Clooney, als er 2001 unter der Regie des US-Filmemachers Stephen Soderbergh ein Remake des Frank-Sinatra-Klassikers „Ocean’s Eleven“ drehte. Dieser Heist-Film mit grandioser Starbesetzung – neben Clooney unter anderem auch Matt Damon, Brad Pitt und Julia Roberts – war ein derart großer Erfolg, dass Soderbergh vier Jahre später auch noch „Ocean’s 12“ und 2007 „Ocean’s 13“ ins Kino brachte. Bei den Dreharbeiten zu diesen Filmen fand George Clooney in Matt Damon, Brad Pitt und Julia Roberts neue Freunde – echte Freundschaften, die bis heute andauern. An einem Drehbuch zu „Ocean’s 14“, beteuern Clooney und Pitt, wird zur Zeit fieberhaft gearbeitet.
Kein „Gefangener seines Ruhms“
Mit den „Ocean’s“-Filmen spielte sich Clooney endgültig in die A-Liste der Hollywoodstars. Und wurde zum Liebling der Medien. Doch auch nach seinem Durchbruch sah er sich – anders als viele seiner berühmten Kollegen – nie als „Gefangener des Ruhmes“. „In der Öffentlichkeit beachtet zu werden, das gehört doch zum Spiel dazu. Und ich vergesse nie, dass ich – gerade durch meine Bekanntheit – ein sehr privilegiertes Leben führen kann. Ich kenne Schauspieler, die tausendmal talentierter sind als ich und trotzdem seit Jahren am Hungertuch nagen. Das Leben ist nicht fair. Deshalb versuche ich auch, so intensiv wie möglich zu leben. Das Schrecklichste für mich wäre, wenn ich feststellen müsste, mein Leben vertan zu haben.“
Vor allem die Unerschrockenheit und Eleganz, mit der er sich auf dem spiegelglatten Hollywood-Parkett bewegt, sind sehr beeindruckend. Dort, wo unter der Maske aus Freundlichkeiten und Breitwandlächeln sehr oft Neid, Missgunst und Hass lodert, gibt es fast niemanden, der George Clooney nicht ins Herz geschlossen hat. Schauspieler, Regisseure, Beleuchter, Fahrer und auch die Bedienungen im Diner um die Ecke schwärmen von ihm. „Wenn man mit ihm zusammen ist, geht die Sonne auf“, strahlt Tilda Swinton. „Er ist ein echter Freund, der zu seinem Wort steht und auf den man sich hundertprozentig verlassen kann“, meint Mark Wahlberg. Julia Roberts nennt ihn „das Charme-Monster“, Cate Blanchett ist heilfroh, „dass ich glücklich verheiratet bin und Kinder habe“, und Sandra Bullock schwärmt von ihm als „Beschützer und guter Ratgeber in allen Lebenslagen“.
Clooney selbst ist weit davon entfernt, seine Beliebtheit zur Schau zu stellen oder sich gar bewundern zu lassen. Geschmeidiges Understatement ist eher seine Sache. Im Interview ist er eloquent, sprüht vor Witz und Selbstironie, wenn es um den Jahrmarkt der Eitelkeiten im Filmbusiness geht. Und ist ernst und konzentriert, wenn es darauf ankommt. Zum Beispiel wenn er als überzeugter Humanist, politischer Aktivist und Kriegsgegner Stellung bezieht. „Ich habe mich schon immer sehr für die Dinge interessiert, die in den USA und auch in der übrigen Welt passieren. In diesem Sinne war ich eigentlich schon von jeher politisch. Und ich habe aus meinen Überzeugungen auch nie einen Hehl gemacht. Mein Vater war Fernsehjournalist und da habe ich schon sehr früh mitbe-kommen, wie es hinter den Kulissen zugeht. So etwas schärft die Wahrnehmung ungemein, das können Sie mir glauben.“
Nur noch Herzensprojekte
Das Geheimnis von Clooneys Schauspielkunst ist, dass er attraktiv und unattraktiv zur selben Zeit sein kann. Wenn er zum Beispiel in „Ein (un)möglicher Härtefall“ die Dose Pfefferspray aus Versehen verkehrt herum hält und sich selbst ansprüht. Und dazu eine Grimasse schneidet, die – bizarr entstellt und derangiert – trotzdem noch sexy aussieht. Oder wenn er in „Up in the Air“ – als externer Fixer bei Firmen, die Stellen abbauen wollen, es sich aber nicht selbst trauen – Leute mit einer derart coolen Nonchalance entlässt, dass die ihm fast dankbar dafür sind. Clooney ist das seltene Exemplar eines Hollywood-Schauspielers, der sich ohne Verstellung und Manierismen – à la Pacino oder De Niro – der Kamera hingibt. Er regt die Fantasie des Zuschauers an, ohne sie je voll zu befriedigen. Auch deshalb sieht man ihm so gern bei der Arbeit zu. Von Fall zu Fall zeigt er die ganze Palette menschlicher Ausdrucksfähigkeit. Immer unterfüttert von der spielerischen Finesse eines Gentlemans. Und oft genug flackert dabei auch sein diabolischer Humor auf. Sei es als Auftragskiller in „The American“, als gehörnter Ehemann in „The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten“ oder sogar als Astronaut, losgelöst im Weltraum, wie im Space-Epos „Gravity“. Er nimmt die Filmkunst nie ganz ernst – und gibt ihr dadurch Schönheit und Bedeutung.
Integrität und Mut zeigt Clooney vor allem, wenn er als Produzent und Regisseur seine Projekte selbst zu verantworten hat. „Es macht mir sehr viel Spaß, genau die Filme zu machen, die mir wirklich am Herzen liegen. Deshalb versuche ich, bei meinen eigenen Projekten so viel Kontrolle wie möglich zu bekommen. Dafür halte ich dann aber auch gerne den Kopf hin.“ Das kann er getrost. Für seinen Film über die McCarthy-Ära „Good Night, and Good Luck“ bekam er 2006 den Oscar für die Beste Regie und das Beste Originaldrehbuch. Aber auch seine Auftritte in anderen Filmen können sich sehen lassen. So gewann er im selben Jahr für den Politthriller „Syriana“ den Oscar als Bester Nebendarsteller. Doch damit nicht genug. Für Filme wie „Michael Clayton“, „Up in the Air“ und „The Descendants“ wurde er jeweils für einen Oscar nominiert.
In den Medien war George Clooney lange Zeit omnipräsent. 1997 und 2006 kürte ihn das People-Magazin zum „Sexiest Man Alive“, und seine häufig wechselnden Liebesaffären waren viele Jahre das Lieblingsthema von Klatschblättern weltweit. Julia Roberts und Nicole Kidman haben damals sogar je 20.000 Dollar gewettet, dass er mit 40 Jahren wieder verheiratet ist und seinen ersten Säugling im Arm hält. Sie haben die Wette verloren: Clooney hatte einfach noch nicht die Richtige gefunden. Aber genau das passierte dem eingefleischten Junggesellen 2013, als er bei einem Abendessen, das seine Eltern ausrichteten, die britisch-libanesische Menschenrechtsanwältin Amal Alamuddin kennenlernte. Clooneys Vater war sich damals sicher: „Es war Liebe auf den ersten Blick!“ Ein Jahr später steckte George seiner Amal einen Sieben-Karat-Verlobungsring an den Finger, und im September 2014 heirateten sie in Venedig. 2017 wurde Clooney mit 56 Jahren stolzer Vater der Zwillinge Ella und Alexander. Seitdem widmet sich Clooney mit Hingabe seinem Familienleben. Er hat sich weitgehend aus dem Filmbusiness zurückgezogen und steht nur noch für Liebhaber-Projekte vor der Kamera. Wie zum Beispiel vor zwei Jahren mit Julia Roberts in der Komödie „Ticket ins Paradies“ und jetzt mit Brad Pitt in dem Buddy-Movie „Wolfs“ (ab sofort auf AppleTV+). Da spielen sie zwei „Ausputzer“, die sich zufällig an einem Tatort begegnen (siehe Filmtipp S. 78), wo eine Leiche entsorgt werden soll. Was die beiden allerdings vor ungeahnte Probleme stellt …
George Clooney hat auch mit 63 Jahren immer noch viel von einem Sonnyboy, der, wie er sagt, „unverschämt viel Glück im Leben hatte“. Mehr smarter Glamour gepaart mit Good-Looks und schlitzohriger Intelligenz gibt es nicht. Und dann diese Killergrübchen …