Drei Fragen
„Gesundheit entwickelt sich im Alltag“
Zu einem gesunden Alltag gehört eine gesunde Ernährung ab dem Kindesalter. Eltern, Kitas und Schulen sind gefordert, so Kirsten Klappert-Gonther von der Bundesvereinigung Prävention & Gesundheitsförderung (BVPG).
Frau Klappert-Gonther, ab welchem Alter wird denn gute Ernährung zum Kern für die spätere Gesundheit der Menschen?
Das fängt bei der Schwangerschaft an. Was die Mutter zu sich nimmt, landet beim Kind. Das geht als Säugling weiter, und kommen die ersten Zähnchen, sind die Eltern richtig gefordert. Wenig Zucker, Verzicht auf Fertiggerichte, dafür viele Nährstoffe und diese nach Möglichkeit frisch zubereitet. So sollte es bis zum Kinder und Jugendalltag weitergehen. Gesundheit entwickelt sich eben im Alltag. Zugegeben eine Herausforderung, wo die Eltern nur noch wenig direkten Einfluss haben, ist die Versorgung der Kinder in Kitas und Schulen, dort verbringen sie dann spätestens ab dem 6./7. Lebensjahr einen Großteil ihres Tages und darum ist es gerade so wichtig, dass dort gutes und gesundes Essen gereicht wird.
Das heißt, da ist auch der Staat, oder besser, sind die Schulbehörden der Länder gefordert, was ja auch immer eine Kostenfrage ist?
Natürlich ist da auch immer die Politik gefragt. Aber allen Beteiligten ist klar, dass hochverarbeitete Lebensmittel, die also nicht frisch verarbeitet sind, die automatisch eher vitamin- und vor allem nährstoffarm sind, dass diese Kost dann später im Erwachsenenalter zu Fehlernährung und damit dann auch zu Krankheiten führen kann. Das genaue Gegenteil von Gesundheitsprävention. Da schließt sich der Kreis. bereits in der Kindheit und Jugend wird der Grundstein eines späteren, gesunden Lebens gelegt.
Bei allen guten Ernährungsvorsätzen von Eltern, Kitas und Schulen – spätestens beim Übergang vom Kind zum Jugendlichen, lockt dann doch das Fastfood?
Das ist richtig und ab und zu mal ist das auch in Ordnung, das werden wir nicht verhindern können. Doch Forschungen zeigen, sind die Alltagsgewohnheiten aus der Kindheit auf eine nahrhafte, frische Ernährung konditioniert, bleibt den Erfahrungen nach dann tatsächlich der Abstecher in die Welt der hochverarbeiteten Lebensmittel eher eine Ausnahme. Dazu gehört auch, dass in den Schulen nicht nur gesund gekocht wird, sondern die Schüler im Unterricht erfahren, was gesunde Kost ist. Interview: Sven Bargel
Schweiz zieht Notbremse
Im Gegensatz zu Deutschland, kann man in puncto Pünktlichkeit in der Schweiz noch die Uhr nach der Bahn stellen – klar, das Streckennetz ist deutlich kleiner. Doch die Unpünktlichkeit der ICE aus Deutschland zwingt die Schweizer Bundesbahn (SBB) seit einem Jahr zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Sind die Züge aus Deutschland zu unpünktlich, dann müssen sie ihre Fahrt bereits am Grenzbahnhof Basel direkt hinter der Rheinbrücke beenden, um nicht auch noch den Fahrplan unserer Nachbarn durcheinanderzubringen. In diesem Sommer musste die SBB so oft wie nie zuvor zu dieser Maßnahme greifen. „Das Land hat ein sehr komplexes System, das nicht in einem guten Zustand ist“, so der Schweizer Bahnchef Vincent Ducrot. „Ich leide mit den engagierten Eisenbahnern und den Kunden mit.“ Grund für die Verspätungen ist laut Ducrot die versäumte Digitalisierung des deutschen Bahnnetzes. Der SBB-Chef entschuldigt die fortgesetzte Maßnahme auf Schweizer Seite, aber „da ist nur nachvollziehbar, dass man zuerst für sich selber schaut“, um das eigene System zu schützen.
Umstrittene Krankenbesuche
Europas größter E-Autobauer Tesla in Grünheide bei Berlin beklagt einen zu hohen Krankenstand in seinem Unternehmen. Daher greift das Unternehmen auf eine Methode zurück, die es in Deutschland bis in die 60er-Jahre gab: unangekündigte Krankenbesuche vom Arbeitgeber. Für die IG-Metall im Unternehmen ein mehr als abwegiges Verhalten, dass nicht hinnehmbar ist. Der Leiter des Tesla-Werks verteidigt dagegen die Praxis der Krankenbesuche bei Mitarbeitern, die wegen häufiger Krankschreibungen der Personalabteilung aufgefallen sind. Manager André Thierig schließt auch künftig ein solches Vorgehen nicht aus. Für ihn sind solche Hausbesuche nichts Ungewöhnliches. Er behauptet: „Das machen viele Unternehmen so.“ Seine Begründung: Dies sei nicht nur unternehmensorientiert, sondern soll Mitarbeiter in den Hallen am Band motivieren. „Wir wollen an die Arbeitsmoral der Belegschaft appellieren.“ Die IG Metall kritisiert dagegen eine sehr hohe Arbeitsbelastung bei Tesla, die zu den Krankschreibungen führt.
Höhen und Tiefen
Seit vor 22 Jahren zwei CDU-Politiker miteinander um die Macht rangen, war ihr Verhältnis beschädigt. Damals servierte die damals frisch gekürte CDU-Chefin Angela Merkel ihren „Parteifreund“ Friedrich Merz als Fraktionschef im Bundestag ab und übernahm seinen Posten. Merz quittierte vorerst den Dienst innerhalb der Partei. Nun ist er ihr Nachfolger, als CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat. Seine Partei organisierte Ende September für die Altkanzlerin eine Geburtstags-Nachfeier zu ihrem 70. Ausgerechnet Friedrich Merz hielt die Laudatio für die Jubilarin. Er absolvierte die Aufgabe mit dem gebotenen Respekt und wurde von der Altkanzlerin belohnt. Ungewohnte Worte Merkels: „Lieber Friedrich, jeder weiß, dass wir beide in unserem politischen Leben Höhen und Tiefen hatten“. Schmunzeln bei den Zuhörern, dann die Versöhnung: „Ich wünsche Dir für die nächsten Monate alles Gute und viel Erfolg für unsere Christlich-Demokratische Union“.
Grüne
Ungewisse Zukunft
Zeitlich wird es eng für die Grünen, sich auf die Bundestagwahl in genau einem Jahr vernünftig vorzubereiten, nach dem nicht nur die beiden Co-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour, sondern gleich auch der gesamte Parteivorstand der Grünen Jugend zurückgetreten ist. Der als links geltende, zehnköpfige Vorstand trat jedoch nicht nur geschlossen zurück, sondern will aus der Partei austreten und eine eigene linke und grüne Jugendorganisation gründen. Vorstände aus mehreren Landesverbänden der Grünen Jugend folgten dem Beispiel und legten ihre Ämter ebenfalls nieder. Bis zur Bundesdelegiertenkonferenz Mitte November in Wiesbaden ist der zurückgetretene Parteivorstand nur noch geschäftsführend im Amt. Die Parteimitglieder selber werden sich in den kommenden Wochen bis zum Konvent in Wiesbaden wohl weniger mit Real-, als vielmehr mit Parteipolitik und Personalien beschäftigten: Wie soll der neue Vorstand der Bundespartei aussehen, wer die Partei inhaltlich in der Spitze in die Zukunft führen? Zwei Kandidaten haben nun ihre Kandidatur als Tandem in den sozialen Medien verkündet. Die prominenteste: Franziska Brantner. Als ehemalige Europaabgeordnete hat sie mehrere Parteifunktionen hinter sich, derzeit ist sie parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium und damit eine enge Vertraute ihres Amtschefs Robert Habeck. Nach Medienbrichte sollte sie auch den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr führen. Außerdem hat Felix Banaszak zusammen mit Brantner den Hut in den Ring geworfen. Der 34-Jährige gilt als Vertreter des linken Fundi-Flügels und sitzt seit 2021 im Bundestag. Banaszak schrieb auf Instagram, die Grünen stünden nicht dort, „wo sie stehen wollen und sollten“. Doch das Land brauche „eine politische Kraft, die an Solidarität und Gerechtigkeit glaubt, die sich mit dem Vorgefundenen nicht abfindet, die die Zukunft unserer Kinder und Enkel erkämpft“. Erstmals seit der Bundestagswahl stehen die Grünen in Umfragen unter zehn Prozent.
CO2-Speicher
Umweltverbände dagegen
In einem offenen Brief wenden sich Umweltverbände gegen die geplanten Speicher von CO2 im Erdboden. Über ein entsprechendes Gesetz berät nun der Bundestag. Mit dem neuen Gesetz würde ein breiter Einsatz der CO2-Speichertechnik „auch für vermeidbare Emissionen“ der Industrie oder bei der Stromerzeugung möglich, heißt es. Damit verringerten sich die Anreize, auf fossile Energieträger Öl, Kohle und Gas zu verzichten. Der offene Brief wurde von Vertretern sieben großer Umweltverbände unterzeichnet, darunter Greenpeace, der Bund für Umwelt- und Naturschutz und die Deutsche Umwelthilfe. Die Bundesregierung hält den Einsatz der Technik für notwendig, damit Klimaziele erreicht werden. Dabei soll es um schwer vermeidbare Emissionen gehen, vor allem in der Zementproduktion sowie der Abfallverbrennung. Bedenklich seien laut der Verbände etwa Gaskraftwerke mit CO2-Abscheidung, denn sie seien nicht treibhausgasneutral, unter anderem wegen der Förderung und des Transports von Erdgas.
Höhere Löhne in der Gastronomie
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten und der Dehoga im Saarland melden einen erfolgreichen Tarifabschluss: In zwei Runden steigen die Löhne für Angestellte in der Gastronomie zum 1. Oktober 2024 durchschnittliche über alle Lohngruppen um 5,7 Prozent. Im zweiten Schritt steigt der Lohn im Mittel am 1. September 2025 um 6,8 Prozent. Auch die Ausbildungsvergütung steigt ab dem 1. August 2024 rückwirkend um je 50 Euro und zum 1. August 2025 auf dann 1.100 Euro im ersten Lehrjahr. Tobias Wolfanger, Verhandlungsführer und NGG-Geschäftsführer Saarland, ist „froh, dass wir mit diesem Abschluss unsere zentralen Grundforderungen umsetzen konnten, nämlich die deutliche Anhebung der Fachkräftelöhne sowie einen tariflich festgelegten Abstand zum Mindestlohn für die unterste Lohngruppe“. Dehoga-Verhandlungsführer Jan Willem Fluit betonte: „Uns war bewusst, dass wir an die Grenze der ökonomischen Belastbarkeit unserer Betriebe gehen mussten. Doch im Vergleich mit Tarifabschlüssen in anderen Bundesländern fällt der saarländische sehr moderat aus.“
Modellregion für kombinierten ÖPNV
Alle reden von der nachhaltigen Mobilität, doch so richtig kommt das Ganze gerade in den ländlichen Räumen nicht in Gang. Denn was hilft ein 49-Euro-Ticket, wenn kein ÖPNV-Angebot besteht und die Menschen nicht zum nächsten Bahnhof kommen, so die saarländische Umwelt- und Mobilitätsministerin Petra Berg (SPD). Nun wird das Saarland in einem Modellversuch Vorreiter für integrierte Alltagsmobilität. Klingt etwas sperrig, ist aber ganz einfach, so Berg im FORUM-Gespräch: Es soll ein Vierklang sein, eigenes Auto oder Carsharing, Bus, E-Bike oder Elektroroller und die Regionalbahn in Kombination. „Von der Haustür mit dem E-Bike zum nächsten Bahnhof, von dort mit der Regionalbahn in die Stadt und dort geht es dann mit dem Bus zum Arbeitsplatz“, so Petra Berg. Wie in dem Beispiel sollen verschiedene Fortbewegungsmittel miteinander verknüpft werden. Das Modellprojekt wird von der DB-Regio logistisch und technisch unterstützt, bereits in einem Jahr sollen erste Ergebnisse vorliegen und die kombinierte Alltagsmobilität den Bedürfnissen der Kunden angepasst werden.
Frankreich
Harter Migrationskurs
Der neue französische Innenminister Bruno Retailleau schlägt in der französischen Debatte um Migration ernste Töne an. Er werde die illegale Einwanderung beenden, so Retailleau bei Amtsantritt. Der Politiker der Les Républicains gilt als eine treibende Kraft hinter dem Rechtsruck der Partei, die zu Verwerfungen innerhalb der Republikaner geführt hatte. Retailleaus politische Wurzeln liegen in einer 2018 aufgelösten Kleinpartei, die als zutiefst katholisch und erzkonservativ galt. Er lehnt gleichgeschlechtliche Ehen ab, will das Alter für Strafmündigkeit herabsetzen und die Kapazitäten der Gefängnisse erweitern. Als Mitglied des Kabinetts von Regierungschef Michel Barnier ist Retailleau Teil einer französischen Regierung, die als eine der nationalkonservativsten der vergangenen Jahrzehnte gilt. Die Zeitung „Le Monde“ kritisierte Retailleaus Aussagen als „beunruhigend“: „Während zwei Drittel der Franzosen im zweiten Wahlgang das Rassemblement National und seine schädliche Instrumentalisierung der Fremdenfeindlichkeit abgewählt haben, finden sie sich mit einem Innenminister wieder, der, kaum dass er ernannt ist, dieselben Töne anschlägt“, so die Zeitung.
Wiegand will's wissen
Blickpunkt Europa
Europa muss mehr für Verteidigung tun. Darin sind sich alle 27 EU-Mitgliedstaaten einig. Ein Dreierteam soll dies nun in Brüssel entwickeln.
Das „Trio militare“ sind zwei liberale Frauen und ein konservativer Mann: Estlands Ex-Regierungschefin Kaja Kallas, die deutsche Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und der frühere litauische Premier Andrius Kubilius.
Die drei sollen eine EU-Verteidigungspolitik schaffen. Eine Aufgabe mit schicksalhafter Bedeutung. Künftig soll Europa bei Abwehr mit einer Stimme sprechen. Dazu müssen nationale Armeen und Rüstungsprojekte koordiniert werden. Ziel: Abhängigkeit von den USA reduzieren. Man weiß ja nie, wer künftig im Weißen Haus regiert.
Kallas, künftig Hohe Vertreterin für Außenpolitik und Sicherheit, ist als Vizepräsidentin der EU-Kommission für politische Aspekte zuständig. Als Estin und somit aus einer von Russland bedrohten Region kommend dürfte sie nicht zimperlich sein.
Strack-Zimmermann (FDP), frischgebackene EU-Abgeordnete, hat den Vorsitz im neuen Ausschuss für Verteidigung im Europäischen Parlament inne. Ihre Herausforderung: Mehrheiten gegen Euroskeptiker und Putin-Sympathisanten schaffen. Erste Bewährungsprobe: Zuständigkeiten anderer Ausschüsse kappen und bei sich bündeln.
Kubilius kümmert sich um praktische Aspekte. Der Litauer muss Produktionskapazitäten für europäische Waffen ausbauen. Dafür soll er ein EU-weites Konzept entwickeln. Als erster Verteidigungskommissar der EU muss auch er sich erst Kompetenzen holen. Das bedeutet Streitpotenzial. Und am Ende, so die Hoffnung, ein Ende des EU-Verteidigungs-Flickenteppichs.
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung.