Die Turner der TG Saar haben ein großes Ziel: Sie wollen am Finaltag um die deutsche Meisterschaft dabei sein, der erstmals seit 43 Jahren wieder im Saarland ausgetragen wird. Zwei wichtige Akteure jedoch fallen lange aus.

So hatte man sich den Saisonstart bei Kunstturn-Bundesligist TG Saar nicht vorgestellt: Obwohl das Sportliche stimmt, mussten die Verantwortlichen noch vor dem ersten Heimkampf am vergangenen Samstag gegen den TuS Vinnhorst zwei Hiobsbotschaften verdauen. Beim Liga-Auftakt eine Woche zuvor in Schwäbisch Gmünd fehlte schon Top-Talent Maxim Kovalenko, der nach einem Fußbruch wohl die gesamte Saison fehlen wird. Hinzu kam bei der denkbar knappen 32:34-Auftaktniederlage (6:6 Gerätepunkte) bei Vizemeister TV Wetzgau die schwere Knieverletzung von Routinier Waldemar Eichorn. Er wird, wenn überhaupt, erst in der nächsten Saison wieder angreifen können.
Eichorn plant Comeback
„Ich bin zwar nicht mehr der Jüngste, aber so will ich nicht aufhören“, stellt der 38-jährige Eichorn klar. Offensichtlich hat er sich bei seinem Abgang am Reck, dem letzten Gerät in Schwäbisch Gmünd, einen Kreuzbandriss im rechten Knie zugezogen. Das Ergebnis der MRT-Untersuchung steht noch aus. Im zarten Alter von 14 Jahren feierte Waldemar Eichorn im Jahr 2000 sein Bundesliga-Debüt für die TG. Seither hat er nach eigenen Angaben „keine Saison verpasst“. Bleibt für die saarländischen Turn-Fans nur zu hoffen, dass dies auch für die Saison 2025 gilt. „Man muss jetzt erst einmal die Operation und die anschließende Reha abwarten“, sagt Eichorn und weiß: „Irgendwann muss ja auch Schluss sein, und ich habe mit meinen Jungs genug Arbeit. Jetzt werde ich mein Team weiter unterstützen und mithelfen, dass wir am 7. Dezember beim ‚Finale dehemm‘ dabei sein können.“
Mit „seinen Jungs“ meint er seine Schützlinge, die er als Landestrainer des Saarländischen Turnerbunds in vorbildlicher Manier betreut. Allen voran Daniel Mousichidis, Maxim Kovalenko und Moritz Steinmetz, die ebenfalls zum Bundesligakader der TG gehören und für deren Weiterentwicklung Eichorn 2023 zum Trainer des Jahres im Saarland geehrt wurde. Allerdings fällt auch Kovalenko nach einem Fußbruch länger aus. Der 19-Jährige war beim Joggen im Wald umgeknickt und brach sich dabei den linken Fuß. „Dumm gelaufen“, kommentiert Kovalenko mit Galgenhumor. Für ihn ist es bereits der zweite Fußbruch im Jahr 2024 – nur war der erste, damals am rechten Fuß, nicht aufgefallen und so turnte er, mit Schmerzen zwar, trotzdem weiter. Nach der Operation Ende September darf er den Fuß sechs Wochen nicht belasten. Es folgen Reha- und Physio-Anwendungen, aber auch schon wieder Trainingseinheiten: „Maxim könnte vielleicht am Ende der Saison an ein oder zwei Geräten zur Verfügung stehen“, ahnt Waldemar Eichorn und verrät: „Wir sind diese Woche wieder ins Krafttraining eingestiegen, vor allem für die Arme und den Oberkörper. Wir werden auch bald wieder ans Pauschenpferd gehen, aber ohne den Fuß zu belasten. Boden und Sprung folgen dann erst in drei Monaten.“
Am Kader von Trainer Eugen Spiridonov, der im Vorjahr im DTL-Finale Bronze holte, hat sich personell nichts geändert. „Der Ausfall von Maxim und Waldi wiegt schwer. Aber alle haben sich seit den letzten Liga-Wettkämpfen vor gut neun Monaten weiterentwickelt und sind heiß auf die Saison“, sagt der TG-Vorsitzende Thorsten Michels und meint damit auch die vier Top-Athleten auf den Ausländer-Positionen: Artur Avetisyan (26), Oleg Verniaiev (31), Joe Fraser (25) und Matteo Levantesi (27). Wer von ihnen an welchem Wettkampftag zur Verfügung steht, ist noch offen. Nicht wenige Sportler brauchen nach der anstrengenden Qualifikation oder nach einer Teilnahme den Spielen selbst eine längere Regenerationsphase als üblich. „Da geht es den anderen Teams aber genauso“, weiß Michels. Darüber hinaus gehören die Nationalturner Felix Remuta (26) und Alexander Maier (30) sowie Stefanos Tsolakidis (24), Florian Lindner (32), Luca Ehrmanntraut (28) und Gabriel Eichhorn (19) zum Team.
Endrunde findet in Saarbrücken statt
„Mit dem ersten Wettkampftag hat unser Weg zum ‚Finale dehemm‘ begonnen“, stellt Thorsten Michels das erklärte Saisonziel klar. Denn: Die TG Saar wird in diesem Jahr das Finale der Deutschen Turnliga (DTL) ausrichten. Das Event wird am 7. Dezember 2024 in der Saarbrücker Joachim-Deckarm-Halle ausgetragen und beinhaltet die Endrunden um die deutschen Mannschaftsmeisterschaften der Männer-, Frauen- und Nachwuchs-Bundesliga. „Selbstverständlich ist das eine sehr große Ehre für uns – vor allem in unserem Jubiläumsjahr“, freut sich der TG-Vorsitzende Thorsten Michels angesichts des 50-jähriges Bestehens des Vereins und hofft auf eine mit 1.800 Zuschauern ausverkaufte Halle. „Als Ausrichter wollen wir auf jeden Fall dazuzugehören. In welchem Finale, ist da erst mal egal“, stellt Michels klar. Bei den Männern und Frauen werden jeweils das „kleine Finale“ um Platz drei (Liga-Dritter gegen Vierter) und das „große Finale“ (Erster gegen Zweiter) um den Titel ausgetragen. „Wir wollen unbedingt dabei sein und die saarländischen Turn-Fans mit und in diesem Finale begeistern“, sagt Michels und weiß: „Dieser Druck lastet natürlich auf den Jungs, aber sie werden alles daransetzen, dieses große Ziel zu erreichen.“ Die Wörter „großes“ und „Finale“ bringt er dabei nicht in direkte Verbindung, sondern betont: „Uns geht es darum, uns für das DTL-Finale zu qualifizieren. Der Weg dorthin wird hart genug.“

Fast hätte die TG den ersten Schritt dieses Wegs schon am ersten Wettkampftag gemacht. „Wir hätten gewinnen müssen“, sagt Michels sogar über den Auftritt beim klar favorisierten Titelkandidat TV Wetzgau. Neben Wetzgau sieht er die „üblichen Verdächtigen“, Titelverteidiger KTV Straubenhardt, den TuS Vinnhorst und den SC Cottbus als Hauptkonkurrenten im Kampf um die ersten vier Plätze. Titelverteidiger KTV Straubenhardt ist zwar mit den Nationalturnern Nils Dunkel, Lukas Dauser, Nick Klessing und Pascal Brendel noch immer stark besetzt, hat aber mit dem früheren Nationalturner Karim Rida und Jugend-Nationalturner Nils Matache (beide zu Eintracht Frankfurt) auch zwei Abgänge zu verzeichnen. Außerdem hat Marcel Nguyen seine Karriere beendet. Thorsten Michels will aber auch den SC Cottbus „nicht aus den Augen verlieren.“ Der Rekordmeister hat einige talentierte, aber auch schon konkurrenzfähige Nachwuchsathleten in sein Team integriert. Auch Eintracht Frankfurt sei, insbesondere durch die Neuzugänge aus Straubenhardt, „ganz gut aufgestellt. Die können die Etablierten auf jeden Fall ärgern und an einem guten Tag auch schlagen“, weiß Michels und bezieht sich auf den 32:29-Auftaktsieg der Hessen beim TuS Vinnhorst.
Für den nächsten Gegner der TG Saar, den TSV Pfuhl, wird es nach einem erneuten personellen Aderlass, und nachdem der Abstieg schon im Vorjahr nur knapp verhindert werden konnte, denkbar schwer, den Klassenverbleib zu schaffen. Ein hoher Sieg ist also Pflicht, will die TG nicht den Anschluss im Kampf um den Einzug ins „Finale dehemm“ verlieren.