Wo die Probleme in Sachen Naturschutz liegen, steht spätestens seit dem Biodiversitätsgipfel vor zwei Jahren in Montreal fest. Das Fazit vom jüngsten COP16 in Cali in Kolumbien, der vergangene Woche endete, ist ernüchternd – denn wer für die Lösungen zahlen muss, ist weiterhin ungewiss.

Man stelle sich einmal einen Sketch in einer Satire-Show vor. Wir haben eine große Zahl von Delegierten aus allen erdenklichen Bereichen, die lange über die Wichtigkeit eines bestimmten Themas, sagen wir mal nichts Geringeres als Klima- und Naturschutz, debattieren. Alle sind sich einig, dass viele Probleme auf dem Tisch liegen, die gelöst werden müssen. Und dann, am Ende der Verhandlungen, legen sich alle ins Bett und schlafen. Das Licht geht aus. Das wars. Gar nicht mal so witzig, was? Schon gar nicht, weil dieser fiktive Sketch grob zusammenfasst, was sich bei der diesjährigen UN-Weltnaturkonferenz COP16 ereignet hat. Der Weltnaturgipfel hatte sich vorab ehrgeizige Ziele gesetzt, um die Zerstörung der Natur aufzuhalten und eine Balance zwischen Menschen und Umwelt zu fördern. Soweit die Theorie. Im Mittelpunkt standen insbesondere Strategien zur Aufforstung, da Wälder nicht nur wichtige Kohlenstoffspeicher sind, sondern auch ein vielfältiger Lebensraum– für zahlreiche bedrohte Arten. Ziel des Gipfels war es, Lösungen zu finden, um bis 2030 etwa ein Drittel der Landflächen und Ozeane weltweit unter Schutz zu stellen und stark geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen. Kolumbien, als eines der artenreichsten Länder, spielte dabei eine zentrale Rolle, um durch multilaterale Zusammenarbeit und Engagement für den Naturschutz voranzugehen.
Bei dem Weltnaturgipfel kamen also führende Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Sektoren und Regionen zusammen, darunter politische Entscheidungsträger, Umweltorganisationen, Wissenschaftler, indigene Gruppen und Delegierte aus rund 190 Ländern. Die teilnehmenden Nationen setzten sich vor allem aus Ländern zusammen, die von Biodiversitätsverlust und Umweltzerstörung stark betroffen sind, darunter viele aus dem Globalen Süden, aber auch Länder wie Deutschland, die sich verstärkt für den internationalen Naturschutz einsetzen. Die kolumbianische Umweltministerin Susana Muhamad fungierte als Präsidentin der Konferenz.
Die Beschlüsse sind nicht bindend

Vertreter von Organisationen wie den Vereinten Nationen, dem WWF, Greenpeace sowie Experten für Biodiversität und Klimawandel waren ebenfalls in Cali dabei, um gemeinsam Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt zu entwickeln und Finanzierungspläne für den Schutz gefährdeter Ökosysteme zu diskutieren. Es wurde diskutiert und diskutiert und diskutiert. Das Ergebnis? Sehr ernüchternd. Denn es ist nach wie vor ungewiss, wer finanziell für all das, was nötig wäre, aufkommen soll. In der Theorie wurde das zwar schon vor zwei Jahren beschlossen, doch gerade Kanada, die EU, die Schweiz und Japan bremsten die Umsetzung am stärksten. Immerhin fand sich kurz vor Schluss noch eine Einigung zur Gewinnaufteilung von Unternehmen, die mit den Gen-Daten von Pflanzen und Tieren aus Entwicklungsländern Profite machen. Da prallen unterschiedliche Interessen aufeinander – wo man doch glauben sollte, dass für alle der Kern des Ganzen im Artenschutz liegt.

Eine große Herausforderung bleibt die Überwindung wirtschaftlicher Interessen, die oft im Widerspruch zu den Zielen des Naturschutzes stehen. Länder des Globalen Südens, die oft stark von Umweltzerstörung betroffen sind, benötigen finanzielle und politische Unterstützung, um Schutzgebiete zu erweitern und nachhaltige Methoden in Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei zu fördern. Deutschland trat auf dem Gipfel als Vorreiter im Biodiversitätsschutz auf und stellte Pläne zur Wiederaufforstung und Stärkung von Ökosystemen vor.
Zusammenfassend wurde der Gipfel als wichtige Plattform zur Förderung internationaler Maßnahmen gegen die Umweltzerstörung betrachtet, auch wenn viele Initiativen freiwillig und nicht rechtlich bindend sind. Die Hoffnung ist, dass der Gipfel als Vorbild dient, um stärkeren globalen Druck auf alle Staaten auszuüben und die Umsetzung ehrgeiziger Naturschutzpläne voranzutreiben. Ein positiver Punkt war, dass ein Gremium gegründet wurde, das die Interessen der indigenen Völker vertritt. Die Vertreterinnen und Vertreter der Indigenen jubelten lautstark bei der Verkündung der Einigung. Außerdem sollen Unternehmen ab einer bestimmten Größe, die genetische Daten von Pflanzen und Tieren aus Entwicklungsländern zum Beispiel bei der Herstellung von Medikamenten oder Kosmetika nutzen, künftig 0,1 Prozent ihres Umsatzes oder ein Prozent ihres Gewinns in einen Fonds einzahlen. Das Geld, das dabei zusammenkommt, soll dann denjenigen Ländern zugutekommen, die diese Pflanzen- und Tierarten über Jahrhunderte erhalten haben. Einen kleinen grotesken Beigeschmack hat aber auch dieser Beschluss, denn er ist für die in dem Dokument genannten Branchen nicht bindend.

Das Problem nicht verpflichtender Beiträge für Lobbyisten oder Industrieländer, die deutlich mehr haben als die artenreichen Entwicklungsländer, waren ja in den letzten zwei Jahren schon ausschlaggebend, weshalb die Regionen, die es zu schützen gilt, nicht ausreichend unterstützt werden. Besagte Länder trauen den reicheren Nationen nicht und bitten um neue Verträge und Abkommen. Eine letzte verbindliche Abstimmung kam zu spät beziehungsweise in der Verlängerung des Gipfels, zu einem Zeitpunkt als zahlreiche Delegierte bereits abgereist waren. Die Teilnehmer einigten sich schließlich darauf, noch einmal zusammen zu kommen, und neu zu verhandeln.
Neben der Finanzierung bleibt die Frage, wie lange der Artenschutz überhaupt noch warten kann, bis alle Seiten sich intensiv um ihn bemühen.