Mit seinem vierten WM-Titel, den Max Verstappen mit Platz fünf im Zocker-Mekka Las Vegas eroberte, hat sich der Red-Bull-Überflieger in außergewöhnliche Sphären und in einen exklusiven Kreis der Champions aufgeschwungen. Und schaut schon auf die Saison 2025.

Im drittletzten Rennen der Megasaison mit erstmals 24 WM-Läufen machte Max Verstappen den WM-Titel-Sack zu. In der bevölkerungsreichsten Stadt der Mojave-Wüste, in Las Vegas (umgangssprachlich: Vegas) im US-Bundesstaat Nevada, hat der Superbulle seinen einzigen Verfolger Lando Norris im „Papaya“-Renner, dem orangefarbenen McLaren, abgehängt.
Als erfolgreicher Vierfach-Champion ist der 27-jährige Niederländer für die zwei letzten Rennen des dritten „Triple Headers“ (drei aufeinander folgende Rennwochenenden ohne Pause) der Saison völlig entspannt zum zweitletzten WM-Lauf zunächst ins Emirat Katar weitergeflogen, ins klimatisch heißeste Rennen im vergangenen Jahr mit trockenem, subtropischem Wüstenklima bis 40 Grad und 75 Prozent Luftfeuchtigkeit.
Leider stand das Ergebnis dieses vorletzten Rennens 2024 bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Der Sieger im vergangenen Jahr 2023 auf dem Losail International Circuit in Doha war Verstappen, der dort nach der Hitzeschlacht zum dritten Mal Weltmeister wurde.
Das Finale des aktuellen „Triple-Headers“ ist am Sonntag (8. Dezember) in Abu Dhabi. Das Rennen auf dem Yas Marina Circuit startet 17 Uhr Ortszeit (MEZ 14 Uhr/Sky) noch teilweise bei Tageslicht und endet in der taghell erleuchteten Dunkelheit. Der Sieger der vergangenen vier Jahre (2020 – 2023) hieß Max Verstappen im Red Bull. Kommen wir zur aktuellen Lage des Superbullen und zum grandiosen und spektakulären Nachtspektakel in Sin City, der Stadt der Sünde.
Kontrolliertes Rennen
Das Rennen auf dem Las Vegas Strip Street Circuit wurde Samstagabend um 22 Uhr in der Glücksspiel-Hochburg gestartet, gegen Mitternacht sollte der Rennsieger und womöglich auch der Weltmeister Max Verstappen im Red Bull feststehen.
Als Fünfter neben Rivale Lando Norris gestartet, fuhr Verstappen das 50-Runden-Rennen über 305 Kilometer gegen den Uhrzeigersinn jederzeit kontrolliert, vorsichtig verhalten und ohne Risiko. Mit dieser Taktik kam der gewiefte Bulle auf Platz fünf ins Ziel.
Verstappen, der mit einem 62-Punkte-Vorsprung auf Norris in der Glitzer- und Glamour-Metropole Vegas anreiste, hatte die Mission und die simple Rechnung: einfach nur vor Rivale Lando Norris ins Ziel kommen. Und diese Rechnung ist aufgegangen. Verstappen kreuzte als Fünfter die Ziellinie vor Norris, der sich noch den Extrapunkt für die schnellste Rennrunde holte. Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko nach dem Rennen über seinen Ziehsohn: „Heute war das eine taktische Meisterleistung von Max. Er hat das Auto in wirklich großem Stil nach Hause gebracht.“ RTL-Reporter Kai Ebel ist im Interview mit Experte Günther Steiner, Ex-Teamchef des US-Rennstalls Haas, zu der Erkenntnis gekommen: „Max hat den Max gemacht, jetzt ist er der Super-Max.“

Den Vegas-Rennsieger wollen wir aber trotz der rauschenden Bullen-Party nicht vergessen geschweige denn unerwähnt lassen. Der Doppelsieg von Mercedes geriet bei dem „Tohuwabohu“ um den alten und neuen Weltmeister fast zur Nebensache. Seit Mitte Dezember stand kein Mercedes-Fahrer mehr auf dem Podium. In den letzten fünf Rennen gewannen vier Marken. Die Silberpfeile hatte man schon abgeschrieben. Und dann taucht der Ex-Branchenprimus in der Wüstenstadt plötzlich wie „Kai aus der Kiste“ aus der Versenkung auf. Die Sterne funkelten in der Lichtermetropole während des gesamten Rennwochenendes, dominierten mit dem schnellsten Auto jede Sitzung.
Russel und Norris machen Druck
Der WM-Vierte George Russell setzte seine vierte Poleposition (erster Startplatz) souverän in seinen dritten Formel-1-Karrieresieg um – nach Brasilien 2022 und Österreich 2024. Teamkollege Lewis Hamilton zeigte eine beeindruckende Aufholjagd von Startplatz zehn und kam als Zweiter ins Ziel. Damit ist Mercedes nach Ferrari die zweite Marke in der Geschichte der Formel 1, der 60 Doppelsiege gelangen. Zuletzt kam es dazu in Brasilien 2022. Mercedes-Teamchef Toto Wolff: „Wir sind sehr happy über dieses Ergebnis, eins und zwei, das hatten wir schon lange nicht mehr. Es war eine dominante Vorstellung von George und Lewis. Alle im Team haben einen tollen Job gemacht.“
Verstappen bezeichnete der Wiener als „einen verdienten und würdigen Weltmeister. Es war schon vorher klar, dass er einer der Größten war, und jetzt wird er noch größer. Im ersten Halbjahr war es die Dominanz eines Fahrers und eines Autos. Und in der zweiten Hälfte nur noch die Dominanz eines Fahrers. Absolut verdient er den Formel-1-Titel.“ Sieger Russell blickte schon nach vorn und betonte: „Niemand ist unschlagbar. Im nächsten Jahr sollte es mehrere Titelanwärter geben. Ich denke, wir sind bereit, diese Herausforderung jetzt anzunehmen.“ Für den Vegas-Sieger ist Verstappen „ein verdienter Champion, der das ganze Jahr über auf einem unglaublichen Niveau gefahren ist. Wenn er nicht das Auto hatte, hat er immer das bestmögliche Ergebnis rausgeholt. Und seine Konkurrenz nicht. So ist er zum vierten Mal Weltmeister geworden. Aber wir alle werden ihn in Saison 2025 jagen.“ Zur Vollständigkeit: Ferrari sicherte sich mit den Plätzen drei (Carlos Sainz) und vier (Charles Leclerc) wertvolle Punkte und machte damit in der Marken-WM weiterhin Druck auf Spitzenreiter McLaren. Doch zurück zum „Mann des Tages“, auf den alle Augen gerichtet waren. Kein Podium, „nur“ Platz fünf im Rennen, aber Max Verstappen fühlte sich im Spieler- und Sonnenparadies Vegas mit Titel Nummer vier in Folge wie auf Wolke sieben. „Ich bin unglaublich stolz auf alle, die mich unterstützt haben, und jetzt hier als vierfacher Weltmeister zu stehen, das ist unglaublich. Das hätte ich nie für möglich gehalten. Ich fühle mich einfach erleichtert, bin aber auch sehr stolz“, so Verstappen im Sieger-Interview bei Sky.

Für ihn war es „eine herausfordernde Saison als Mensch und Person. Man muss ruhig bleiben. Letzte Saison habe ich sehr genossen (19 Siege in 22 Rennen, Anm. d. Red.), in dieser Saison habe ich noch einmal sehr viele Lektionen gelernt. Ich bin sehr stolz, wie wir damit als Team umgegangen sind. Das ist eine besondere WM und eine sehr besondere Saison.“
Der Weg zur Titelverteidigung war in der Tat steinig. Die Saison 2024 stellte für Red Bull und seinen Starpiloten eine größere Herausforderung dar, vor allem durch die immer stärker werdende Konkurrenz. Bis zum Grand Prix Brasilien, dem Wendepunkt und Meilenstein zum WM-Titel, blieb Verstappen ganze zehn Grand Prix am Stück sieglos (sieben der ersten zehn Rennen hatte er noch gewonnen). Das Papaya-Team (McLaren) und sein Titel-Aspirant Lando Norris zeigten gute Leistungen und hielten den Titelkampf bis zuletzt spannend. Und dies unter erhöhtem Druck und auch mit einem zur zweiten Saisonhälfte schlechteren Auto. „Ich würde sagen, 70 Prozent für einen Großteil der Saison hatten wir nicht das schnellste Auto und dennoch konnten wir unseren Vorsprung ausbauen. Es gab ein paar Tiefpunkte, aber in gewisser Weise hat mich das auch eine Menge über mich selbst und das Team gelehrt, wie wir es geschafft haben, alles beisammen zu halten.“
Verstappen prägt eine neue Ära
Der 62-fache Grand Prix-Sieger sagte über den vierten Titelgewinn: „Offen gesagt war ich einfach erleichtert, als ich die Ziellinie überquert habe. Ich dachte mir: Es ist vorbei. Es war eine wirklich harte Serie an Rennen.“ Umso erleichterter funkte der alte und neue Champion nach seiner Zieldurchfahrt jubelnd an seine Box: „Oh mein Gott, was für eine Saison! Vierfacher Weltmeister, danke Jungs, danke. Es war etwas schwieriger als im Vorjahr, aber wir haben es geschafft!“
Trotz dieser Saison mit Hindernissen unterstreicht Verstappen seinen Ruf, als einer der besten Fahrer der modernen Formel-1-Ära zu gelten. Diesen Status vertritt auch sein Freund und Rivale der Rennbahn, Lando Norris. Bei Sky stellte der Brite klar: „Max ist vielleicht einer der besten Fahrer in der F1-Geschichte. Riesige Glückwünsche an ihn, er hat sich das ganze Jahr nichts falsch gemacht. Das ist seine Stärke. Er hat keine Schwächen. Wenn er das schnellste Auto hat, dann dominiert er Rennen. Wenn nicht, dann ist er immer noch direkt hinter uns und gewinnt trotzdem fast. Es gibt einfach nichts an ihm, das schlecht wäre. Er fährt, wie Max immer fährt: perfekt.“

Verstappen hat jetzt mit den Vierfach-Champions Sebastian Vettel und dem Franzosen Alain Prost gleichgezogen. Nur der legendäre Juan Manuel Fangio mit fünf WM-Titeln sowie die Rekordweltmeister Hamilton und Michael Schumacher als siebenfache Weltmeister haben mehr Titel in der Formel-1-Historie eingefahren. Vettel, der von 2010 bis 2013 ebenfalls für Red Bull eine Serie von vier Weltmeisterschaften in Folge hingelegt hatte, huldigt Verstappen in höchsten Tönen. Bei RTL gestand der Hesse und Wahlschweizer: „Ich freue mich für Max. Er macht es im Moment besser als alle anderen. Wir sind regelmäßig in Kontakt, kommen gut miteinander aus.“ Der F1-Rentner, der zurzeit eine Landwirtschaftsausbildung macht, kommt zu der Erkenntnis: „Max ist in den vergangenen Jahren extrem gereift. Seine Herangehensweise ist sehr gut, nicht mehr mit der Brechstange, sondern er hat den Überblick. Er schafft es, stets seinen Kopf kühl zu halten und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Er macht fast keine Fehler, ist gereift, schneller geworden und ist in den entscheidenden Momenten da. Das zeichnet ihn aus, und das unterscheidet einen Champion. Die anderen, die an seinem Thron rütteln, kommen ans Wanken noch nicht heran.“
Geht es nach Christian Horner, dann gerät der Bullen-Teamchef über seinen Ausnahmekönner ins Schwärmen. „Max wird weitere Erfolge einfahren. Man muss sich nur anschauen, wie sehr er sich selbst antreibt. Er hat in diesem Jahr unfassbare mentale Stärke und seine Reife bewiesen und eine unfassbare Leistung gezeigt. Max ist nie in Panik verfallen, wenn die Dinge nicht für ihn gelaufen sind. Er ist brillant gefahren wie ein vierfacher Champion und hat in den entscheidenden Momenten geliefert.“ Der Brite ganz stolz: „Niemand verdient diesen Titel mehr als Max.“ Ein nachdenklicher Horner ist überzeugt und sagt: „Ganz ehrlich, ich denke, da wird noch mehr kommen.“ Und rechnet wie sein Superstar im Innersten mit WM-Titel Nummer fünf. Sein Nimmersatt ist ja immer noch hungrig.