40 Verbände haben sich zu einem „Bündnis Gesundheit“ zusammengeschlossen. Ziel: Die Versorgung soll zukünftig fakultätsübergreifend gedacht und damit auch geplant werden – im Sinne von Patienten und Ressourcen.

Beinahe unbemerkt von der Öffentlichkeit hat sich in den letzten Jahren ein Sinneswandel im Bereich der Gesundheitsberufe eingestellt. Die Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogler, beklagte noch vor drei Jahren in ihrem Antrittsinterview als Präsidentin in FORUM, dass Pflegekräfte oftmals in ihrer Arbeit behindert werden, weil sie bestimmte Tätigkeiten nicht ohne ärztliche Zustimmung übernehmen dürfen. Doch diese Zeiten könnten bald vorbei sein.
Die Pflegekompetenzen sollen endlich im Sinne der zu Pflegenden und Patienten ausgeweitet werden. Die Pflegekräfte könnten so unkompliziert und damit wesentlich schneller ihre Arbeit verrichten: eine von der Pflege seit Jahren aufgestellte Forderung, die aber nie über diesen Status hinauskam. Nun ist ein Pflegekompetenzgesetz auf den Weg gebracht. Durch das Ende der Ampelregierung ist ungewiss, ob es vor den Neuwahlen noch verabschiedet werden kann. Aber es soll kommen.
„Dieses Umdenken ist auch ein Ergebnis davon, dass zukünftig weniger die Frage sein wird, wer wird dort sein und über Maßnahmen entscheiden, sondern: Wird zukünftig überhaupt noch jemand kommen? Damit das auch weiterhin gewährleistet werden kann, müssen wir auch auf der personellen Ebene alle Möglichkeiten ausnutzen.“ Wobei Pflegratspräsidentin Vogler hier ausdrücklich keinen „Standesdünkel“ ihrer Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Gesundheitsbereichen als Grund ausgemacht hat, warum es dieses Gesetz immer noch nicht gibt.
Es ging vor allem um die juristische Verantwortung, also etwa um Haftungsfragen, die viele Diskussionen zwischen den einzelnen Disziplinen der Gesundheitsversorgung im Keim erstickten. „Natürlich werden bestimmte Berufsgruppen immer bestimmte Interessen haben, darum gibt es sie ja auch. Aber alle müssen eingebunden werden, wenn wir dieses Gesundheitssystem umstrukturieren wollen“ – wobei es nicht nur für Christine Vogler weniger um das „Wollen“, sondern vielmehr um das „Müssen“ geht. Abgesehen von den Kosten im Gesundheitsbereich, ist es das absehbar fehlende Personal, das zum Umdenken in der Branche der Gesundheitsfachberufe geführt hat.
Umsetzung erst einmal fraglich
Doch den 40 Unterzeichnerverbänden des „Bündnis Gesundheit“ geht es nicht nur um die Versorgung, auch wenn die selbstverständlich immer im Vordergrund steht. In seinem Forderungskatalog wird auch die Notwendigkeit der Gesunderhaltung der Menschen ins Licht gerückt. „Dazu gehören zwingend vermehrte Gesundheitsförderung und Prävention, eine gezielte Steuerung der Inanspruchnahme von Gesundheitsvorbeugung und eine effiziente Nutzung von Ressourcen, um eine vernetzte und patientenorientierte Versorgung der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.“

Auf der politischen Ebene sind diese Notwendigkeiten, die nun vom „Bündnis Gesundheit“ noch mal komprimiert formuliert wurden, bekannt. Doch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird eine Änderung in der ihm noch verbleibenden Amtszeit nicht mehr weiter anschieben können. Den Ansatz, Kompetenzen bei der Versorgung der Patienten oder zu Pflegenden in den einzelnen Gesundheitsberufen auszuweiten, hat auch er schon bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren gegenüber FORUM formuliert. Doch die Notwenigkeit des „neuen Denkens bei der Gesundheitsversorgung“ zu erkennen, ist das eine.
So eine Reform dann auch politisch umzusetzen, bedarf weit mehr als einer Legislaturperiode als Gesundheitsminister. Sie wird vermutlich dann doch nur in einzelnen Schritten umzusetzen sein und auch nur bestimmte Gesundheitsfachberufe betreffen. Dafür werden die diversen übergeordneten Verbände, Krankenkassen und sonstige Bedenkenträger im Bereich des Gesundheitswesens sorgen.