Die letzten großen Lorbeeren für Chuck Prophet gab es in dieser Rubrik für sein fantastisches 2021er-Werk „The Land That Time Forgot“. Noch immer liegt es regelmäßig im Player – genauso wie die meisten seiner weiteren 14 Solo-Alben seit den legendären Band-Alben mit Green On Red: „Gas Food Lodging“ (1985) und „Here Come The Snakes“ (1988) sind Inselplatten, wenn man (nur) ein paar Dutzend mitnehmen darf … Green On Red waren damals Teil des sogenannten Paisley Underground in und um San Francisco. Und sie waren die Besten.
Was macht nun „Wake The Dead“ selbst innerhalb dieses herausragenden Repertoires so bemerkenswert? Es ist nicht weniger als ein Lebensretter-Album für Chuck Prophet – und potenziell auch für uns. Der Singer-Songwriter, Gitarrist und Produzent hatte eine Krebserkrankung mit Chemo und Co. zu überstehen. Und während dieses Kampfes half ihm die Musik – seine eigene und auch das Erlauschen neuer musikalischer Sphären.
Dazu zählten die ungemein vielschichtigen, unwiderstehlich tanzbaren, extrem launemachenden Cumbia-Rhythmen, die ursprünglich an der kolumbianischen Karibik-Küste entstanden – und seither auch anderorts spannende Varianten erfahren. Bläser, Flöte, Orgel, Akkordeon, Waschbrett und mittlerweile oft auch Elektronik inklusive. Man kann sagen: Eine irre Mixtur.
Prophet tat sich für „Wake The Dead“ mit seiner liebsten Genre-Band ¿Qiensave? zusammen. Und was dieser Fünfer im Verbund mit seiner Stammband The Mission Express im Studio an Energie, Leidenschaft und Lebensfreude zauberte, es ist wirklich fantastisch.
Nun, es wird nicht durchweg Cumbia-Feuer entfacht, zu Beginn aber gleich dreimal: Der unfassbare Puls des Title-Tracks lässt einen augenblicklich durch den Raum tanzen. Die große Nähe des Cumbia zum Reggae wird mit „Betty’s Song“ deutlich. Surf, Rock’n’Roll, Folk, Country und Soul werden im weiteren Verlauf köstlich integriert.
Der letzte Song heißt „A Good Day To Be Alive“ – ein extrem bewegendes Glücks-Statement eines weltumarmenden Überlebenden. LP des Jahres, Stand jetzt.