Nicht nur Politiker machen sich Sorgen um ihren Job
Seit wir kürzlich in einem Traum ebenfalls diesen wachsenden beruflichen Druck verspürt haben, können wir uns viel besser in unseren Kanzler hineinversetzen. Wir träumten, dass aufgrund bestimmter, von uns nicht zu verantwortender Vorfälle zunehmend unsere Eignung als Kolumnenschreiber in Frage gestellt wurde. Und das sogar von Leuten, die früher angeblich von unserer zukunftsorientierten Arbeit begeistert waren. Ihr Bekenntnis, voll hinter uns zu stehen, hatte wohl nur damit zu tun, dass sie uns von dieser Position aus gut in den Rücken fallen können.
Da wir nicht an unserem Posten hängen, waren wir im Traum selbstlos zum Rückzug bereit, wollten aber anfangs die Terminwahl bestimmen. Deshalb hatten wir ursprünglich geplant, die Leser am 15. Januar 2025 zu befragen, ob sie unserer Kolumne weiter folgen wollen. Falls nicht, könnten in den danach folgenden zwei Monaten geeignete Nachfolger (wie der Kanzler sahen wir allerdings keine!) bereits ihre Griffel spitzen. Trotzdem hofften wir, uns durch ein paar ernsthafte Texte doch noch aus dem Schlamassel ziehen zu können.
Kaum war unser erträumter Rückzugsvorschlag publik geworden, warf man uns vor, dass wir unseren Platz aus Eigensinn nicht schneller räumen. Dabei wollten wir dem Verlag nur mehr Zeit verschaffen, die frei werdende Kolumnenseite anderweitig zu füllen oder die Seite ganz zu entfernen. So hätte nämlich mehr Papier zur Verfügung gestanden, um per Fax potenzielle Kandidaten über die frei werdende Stelle zu informieren.
Weil wir in unseren Träumen manchmal einsichtig sind, gaben wir unseren Wunschtermin auf und beschlossen, über unsere Demission schon Mitte Dezember abstimmen zu lassen, zumal uns so mehr Zeit für die Zukunftsplanung bliebe.
Kaum hatten wir uns einen Wunschtermin erträumt, ist sofort die „K-Frage“ (Kolumnistenfrage) entbrannt. Die Vielzahl der Interessenten für unseren Job – nur ein bajuwarischer Super-Kandidat möchte vorerst noch daheim auf der Lauer liegen bleiben – hat bei uns überraschend die Lust geweckt, doch noch ein wenig weiter zu machen, selbst wenn hinter unserem Rücken bereits die Messer gewetzt wurden. Ein allseits beliebter Redaktions-Kollege, der wegen seiner volksnahen Schreibe über deutsche Kampfkunst kurzzeitig mal als Nachfolge-Hoffnung im Gespräch war, hat jetzt doch unsere Vorzüge anerkannt und das Feld kampflos geräumt. Weder er noch andere Kollegen hatten wohl den Mumm, einen altgedienten Kolumnisten wie uns öffentlich abzusägen! Oder befürchteten sie im Februar ein negatives Leser-Votum?
Selbst im Traum konnten wir nicht ausblenden, dass auch einige redaktionsfremde Wortakrobaten ganz heiß auf unseren Job sind. Darunter sogar einer, der trotz seines hohen Alters noch nie eine einzige Zeile geschrieben hat. Er wollte uns sogar schon Mitte Januar ablösen, weil er seine bisher zurückgehaltenen Ideen endlich öffentlich niederschreiben möchte. Da ihm unser ursprünglicher Traum-Termin im März nicht gepasst hat, konnten wir uns mit ihm dann auf eine Leserentscheidung zur Kolumnenfrage am 23. Februar einigen. Der Konkurrent wollte nämlich aus namensstrategischen Erwägungen nicht erst vier Wochen später antreten, wenn jedem Leser klar gewesen wäre, dass es mit dem ungemütlichen März zu Ende geht.
Ob Februar oder Merz war uns aber ohnehin schnurzpiepegal! Denn selbst im Traum würde uns nicht einfallen, dass es einen besseren Kolumnenschreiber als uns geben könnte. Trotzdem wünschten wir abschließend unserem Nachfolger schon jetzt viel Glück! Vielleicht könnte er ja demnächst anderweitig für uns Verwendung finden!?
Als wir dann aus unserem Traum erwacht sind, waren wir erleichtert, nicht Kanzler, sondern Kolumnist zu sein und uns nicht mit der lästigen K-Frage herumschlagen zu müssen. Der 23. Februar wird also für uns und unsere geneigten Leserinnen und Leser hoffentlich keine negativen Folgen haben. Allerdings kommen wir am Ende dieser Kolumne nicht an der Erkenntnis vorbei: Es ist jetzt höchste Zeit für eine Seitenwende!