Im Norden Bayerns gibt es spannende Umweltschutzinitiativen. Geschädigte Waldflächen werden durch gezielte Aufforstungsprojekte revitalisiert, bei denen Baumarten wie Buche, Eiche und Douglasie gepflanzt werden. Das hilft nicht nur der Natur, sondern bietet vielen Tieren ein neues Zuhause.

Wer die Vielfalt des Waldes im Fichtelgebirge hautnah erleben möchte, sollte unbedingt die beiden höchsten Berge, den Schneeberg und den Ochsenkopf, besuchen. Moderne Zehnergondeln, 40 an der Zahl, bringen Gäste das ganze Jahr über in luftige Höhen. Ab der kommenden Wintersaison wird zudem eine neue Seilbahn von der Südseite des Ochsenkopfs auf den Gipfel führen, bei deren Bau auf erneuerbare Energien aus Wind und Sonne gesetzt wurde. Von oben ist die Aussicht überwältigend.
Ursprünglich ein bunter Mischwald
Da stehen riesige Bäume und solche, die es noch werden wollen, in allen Schattierungen von Grün, Gelb und Braun. Mittendrin erstrahlen Hagebutten, Kastanien und Herbstastern in leuchtenden Farben. Sie ranken sich entlang uralter, moosbedeckter Granitfelsen, die geheimnisvolle Höhlen und Schluchten formen. Bevor die Natur in ihren Winterschlaf fällt, feiert der Herbst ein farbenfrohes Fest. Man kann sich gut vorstellen, wie Johann Wolfgang von Goethe, der zwischen 1785 und 1822 dreimal ins Fichtelgebirge reiste, hier stand und die Felsen, Gesteine und Wälder bewunderte.
Ursprünglich war der Wald im Fichtelgebirge ein bunter Mischwald. Doch im 15. und 18. Jahrhundert verändert sich das erheblich. Holz wurde für Hammerwerke, Bergbau, Schmelzöfen und Köhlerei benötigt. In dieser Zeit mussten die Tanne und die Buche stark zurückstecken. Heute steht die Forstwirtschaft im Fichtelgebirge im Mittelpunkt, mit dem Ziel eines sanften Waldumbaus. Die empfindlichen Nadelwälder werden seit einigen Jahren durch das Anpflanzen von Buchen und anderen Baumarten wieder in robustere Mischwälder verwandelt. Und das zahlt sich aus. Denn jetzt streift der Luchs mit seinen Pinselohren wieder durch den Wald. Naturpark-Ranger Ronnie Ledermüller kann es kaum fassen und zeigt stolz auf seine Wildkamera, die eine Luchsin mit ihren drei kleinen Jungen gefilmt hat. „Keine Sorge“, beruhigt er, „dem Luchs werden Sie im Wald nicht über den Weg laufen. Der ist viel zu schüchtern!“ Wer dennoch einen Blick auf die Großkatzen werfen möchte, kann dies im Wildpark Waldhaus Mehrmeisel tun, wo sie von einer Beobachtungsplattform aus bei der Jagd nach Beute beobachtet werden können.

Doch es gibt auch einen Wermutstropfen: der Borkenkäfer. Diese kleinen Insekten haben in den letzten Jahren ordentlich Zuwachs bekommen und machen vor allem den Fichten zu schaffen, die etwa 80 Prozent des Waldes ausmachen. Laut Förster Florian Manske sind die Temperaturen in den letzten 20 Jahren um 1 bis 1,5 Grad gestiegen. Das klingt vielleicht nicht viel. Doch die Bäume, die stark erscheinen, werden anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Auch der Boden leidet, denn die Wurzeln der Bäume spielen eine entscheidende Rolle bei der Speicherung von Nährstoffen. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, auf nachhaltige Forstwirtschaft zu setzen. Das bedeutet, dass der Wald so bewirtschaftet wird, dass er sich regenerieren kann und gleichzeitig all seine wichtigen Funktionen erfüllt. Die Förster der Bayerischen Staatsforsten sind täglich im Einsatz, um den Wald zu inspizieren und nach Anzeichen von Borkenkäferbefall Ausschau zu halten. Wenn sie Bohrmehl finden, das aus befallenen Fichten rieselt, oder abfallende Rinde entdecken, wissen sie, dass sie handeln müssen. Die betroffenen Fichten werden schnellstmöglich aus dem Wald entfernt. Es wurde eine Borkenkäfer-App für Smartphones entwickelt. Damit können befallene Bäume in Echtzeit erfasst und auf digitalen Karten markiert werden. So sind alle Beteiligten, vom Förster über den Waldarbeiter bis hin zum Forstbetrieb, gut vernetzt und immer auf dem neuesten Stand.
Leben im Einklang mit der Natur
Aber welche Baumarten sollen jetzt anstelle der Fichten gepflanzt werden? Es gibt viele Optionen! „Wichtig ist, dass wir Mischwälder schaffen, die resistenter sind und besser mit den neuen klimatischen Bedingungen klarkommen“, erklärt der Förster. „Buchen aus Rumänien oder Irland sowie Esskastanien und Douglasien aus Amerika sind vielversprechende Kandidaten für eine zukunftsfähige Aufforstung.“ Jährlich werden etwa 300.000 junge Bäume gesetzt, und der Umbau des Waldes erfolgt Schritt für Schritt. Altbäume bieten Lebensräume für Vögel, Säugetiere und Pilze und liefern Humus für die nächste Generation. „Unser Ziel ist es, in allen Gebieten vier bis fünf Baumarten zu integrieren“, sagt er. Der Waldumbau bis 2035 klingt nach einem großen Plan, aber der Förster bleibt gelassen: „Keine Sorge, die Fichte bleibt uns noch lange erhalten.“ Und es gibt auch naturnahe, intakte Wälder.

Der Heilwald im kleinen Ort Weißenstadt wurde vor zwei Jahren als zertifizierter Kurwald ausgezeichnet. Ein sanfter Lichtstrahl fällt durch Buchen und Fichten, deren Baumstämme mit Moos bedeckt sind, darunter sprießen junge Gräser. Für die Gesundheit ist dieser Wald ein Segen. In ihm kann man zur Ruhe kommen, denn die Luft ist sauberer, feuchter und kühler, während der Gehalt an Terpenen in der Luft rasch ansteigt. Diese Duftstoffe schützen nicht nur den Wald, sondern tun auch dem Immunsystem gut. Es wurden Wald-Gesundheitstrainer und -Therapeuten ausgebildet. „Ich bin von Kindesbeinen an mit der Natur verbunden. Es ist mir wichtig, dass wir während der dreistündigen Geh-Meditation im Einklang mit der Natur leben“, stellt sich die Wald-Gesundheitstrainerin Diana Zäza vor. Die Füße rollen vorsichtig über den moosigen Waldboden, sodass man die Baumwurzeln spüren kann. Das Rascheln der Blätter im Wind wird von einem leisen Knacken eines Astes begleitet. Der Weg führt vorbei an Fichten, Tannen, Buchen, Eichen und Vogelbeeren immer tiefer in den Wald hinein. Die Atemwege öffnen sich und die Lunge saugt den erdigen Geruch des feuchten Waldbodens auf. Fichtenzapfen hört man plump zu Boden fallen, während hoch oben ein Buchfink sein Lied anstimmt.